Wie Kinder sprechen lernen, wie sie das Lautinventar ihrer
Muttersprache erwerben, ist bereits gründlich erforscht
worden. Doch wie sie lernen, die Betonungsmuster ihrer
Muttersprache zu verstehen und selbst anzuwenden, darüber
ist bisher wenig bekannt. Forscher des Instituts für
Maschinelle Sprachverarbeitung der Uni untersuchen in einem
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt,
wie Kinder in den Altersstufen von sechs Monaten bis sechs
Jahren lernen, Wort- und Silbenbetonungen in der Lautsprache
wahrzunehmen und zu produzieren.
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Feldforschung im Kinderzimmer: Projektmitarbeiterin Katrin
Schneider mit ihrem dreijährigen Sohn Tjark.
(Foto: Institut) |
Differenzierte Hervorhebungen
Im Deutschen gibt es etliche Wortpaare, die sich nur
durch die Silbenbetonung in ihrer Bedeutung unterscheiden:
AUgust (der Vorname) und AuGUST (der Monat), ÜBER-setzen (mit
der Fähre) und überSETzen (von einer Sprache in die andere),
eine Tasse VOLLmilch und eine Tasse voll MILCH; oder eben
umFAHREN und UMfahren. Die betonte Silbe kann vom Sprecher
auf verschiedene Weise hervor-gehoben werden, etwa durch
Anheben der Stimme, größ-ere Lautstärke, längere Dauer oder
auch durch subtile Veränderungen der Stimmqualität.
Typischerweise erfolgt die Betonung durch eine Kombination
mehrerer dieser Mittel, wobei es durchaus Unterschiede von
Sprache zu Sprache gibt. Kinder müssen die richtige
Kombination in ihrer Muttersprache lernen.
In das Projekt einbezogen sind bislang zehn
Familien aus Stuttgart und der Region. Dabei beobachten die
Wissenschaftler die Kinder zu Hause beim Spiel mit
Tierfigur-Paaren wie Eisbär Bimo und Braunbär BiMO. So lässt
sich nachvollziehen, in welchen Schritten die Kinder die
Ausspracheunterschiede erlernen und ob sie dabei die gleiche
Strategie anwenden wie ihre Eltern. Alle Sprach-äußerungen
werden mit drahtlosen Mikrofonen digital aufgenommen später
akustisch analysiert. „Die hoch sensible Aufnahmetechnik
ermöglicht die Qualität von Laboraufnahmen im Feldversuch“,
betont Projektleiter Dr. Bernd Möbius. Die Aufnahmen finden
über einen Zeitraum von mehreren Jahren in regelmäßigen
Abständen statt, so dass sich der Fortschritt beim Erwerb
der Betonung genau dokumentieren lässt.
uk
KONTAKT
Dr. Bernd Möbius
Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung
Tel. 0711/121-1381
Fax 0711/121-1366
e-mail:
bernd.moebius@ims.uni-stuttgart.de
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