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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Unternehmensgeschichte als Architekturgeschichte:
Der „Blitzarchitekt“ Philipp Jakob Manz
 

Eine „Fabrik nach Maß“, ein Stammwerk samt zugehörigen Arbeiter- und Angestelltenwohnungen, hat das Stuttgarter Industriebaubüro von Philipp Jakob Manz in der Zeit von 1898 bis in die 1940-er Jahre für die heutige Aesculap AG & Co. KG geplant. Eine Ausstellung in der Universitätsbibliothek Stuttgart, auf Initiative des Tuttlinger Medizingeräteherstellers entstanden und von Dr. Kerstin Renz konzipiert, gab vom 14. Januar bis 26. Februar anhand zahlreicher Fotografien und Baupläne Einblick in einige prominente Bauprojekte des Büro Manz sowie in dessen Geschichte und Arbeitsweise.

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Einblick in die Geschichte und die prominentesten Bau-projekte des Büros Manz gab die Ausstellung in der Uni-Bibliothek.      (Foto: Eppler)
Wäre da nicht der Besuch im ZKM, dem Zentrum für Kunst- und Medientechnologie in Karlsruhe, gewesen, Kerstin Renz hätte sich wohl nie so intensiv mit Philipp Jakob Manz beschäftigt. So aber war die Germanistin und Kunsthistorikerin „begeistert von der qualitativ hochwertigen Ingenieurarchitektur in diesen Dimensionen“ und machte sich auf die Suche nach dem Büro, das während des Ersten Weltkrieges hinter einem Stahlbetonskelett mit neoklassizistischer Fassade ein derart modernes Innenleben geschaffen hatte. Fündig wurde Kerstin Renz in Stuttgart. Dort widmet sich das Büro Manz in der dritten Gene-ration der Industriearchitektur.

 


Impulse für den Industriebau

Planer und Unternehmer war der Bürogründer Philipp Jakob Manz (1861-1936), souveräner Grenzgänger zwischen Architektur und Ingenieurbau. Der Arbeitersohn machte eine außergewöhnliche Karriere in der Kaiserzeit. Er gab dem deutschen Industriebau im 19. und frühen 20. Jahrhundert entscheidende Impulse und realisierte Industrie-architekturen in ganz Mitteleuropa. Technisch und stilistisch immer an den neuesten Entwicklungen orientiert, betrieb Manz als Privatarchitekt Serienbau, lieferte Qualität so zu sagen vom Fließband und zählte in der Zeit um 1910 zu den erfolgreichsten Industrieplanern. Mit seinen 100 Angestellten realisierte er in Spitzenzeiten 100 Projekte pro Jahr - trotzdem wurde er vergessen. „Zwischen dem traditionellen Bauen vor dem Ersten Weltkrieg und der Avantgarde der 1920er-Jahre klafft eine große Wissenslücke“, erklärt Kerstin Renz. Das alltägliche, das „anonyme Bauen“ ist erst in den letzten Jahren als Forschungsgebiet in Angriff genommen worden.

 Viele gute Gespräche hat Kerstin Renz gedanklich mit Manz, Jahrgang 1861, geführt. Die Tatsache, dass an der Universität Stuttgart eine Dissertation über ihn entstanden ist, hätte Manz sicherlich mit Genugtuung vernommen, weiß die Kunsthistorikerin zu berichten, entstanden doch seine Konstruktionen aus Eisen und Beton in enger Zusammenarbeit mit der damaligen Technischen Hochschule und der Stuttgarter Materialprüfungsanstalt. Die Beschäftigung mit dem „Blitzarchitekten“ Manz, dessen Motto „Billig, rasch, schön“ lautete, hat Folgen: „Industriearchitektur im frühen 20. Jahrhundert - Das Büro von Philipp Jakob Manz“ heißt das Buch von Kerstin Renz, das bei der DVA erschienen ist. Schon die Magisterarbeit der journalistisch versierten Autorin, die die Wissenschaft unter die Leute bringen will, liegt gebunden vor.

 

Blick geschärft

„Die Leistung von Manz hat meinen Blick für die Vernetzung von Wirtschaft und Architektur geschärft. Das eine geht nicht ohne das andere. Auch hinter der Weißenhofsiedlung stehen finanzielle Interessen“, resümiert Kerstin Renz, deren Arbeit von der „Vereinigung von Freunden der Universität Stuttgart“ gewürdigt wurde. 2004 erhielt sie den „Preis der Freunde“ für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Aktuell wird sich Kerstin Renz nun neuen Gesprä-chspartnern zuwenden - am Institut für Architekturgeschichte arbeitet sie an ihrer Habilitation.

Julia Alber

 


KONTAKT

Dr.-Ing. Kerstin Renz
Institut für Architekturgeschichte
Tel. 0711/121-3287
Fax 0711/121-3586
kerstin.renz@iag.architektur.uni-stuttgart.de

 


 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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