Eine „Fabrik nach Maß“, ein Stammwerk samt zugehörigen
Arbeiter- und Angestelltenwohnungen, hat das Stuttgarter
Industriebaubüro von Philipp Jakob Manz in der Zeit von 1898
bis in die 1940-er Jahre für die heutige Aesculap AG & Co.
KG geplant. Eine Ausstellung in der Universitätsbibliothek
Stuttgart, auf Initiative des Tuttlinger
Medizingeräteherstellers entstanden und von Dr. Kerstin Renz
konzipiert, gab vom 14. Januar bis 26. Februar anhand
zahlreicher Fotografien und Baupläne Einblick in einige
prominente Bauprojekte des Büro Manz sowie in dessen
Geschichte und Arbeitsweise. |
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Einblick in die Geschichte und die prominentesten
Bau-projekte des Büros Manz gab die Ausstellung in
der Uni-Bibliothek. (Foto:
Eppler) |
Wäre da nicht der Besuch im ZKM, dem Zentrum für Kunst- und
Medientechnologie in Karlsruhe, gewesen, Kerstin Renz hätte
sich wohl nie so intensiv mit Philipp Jakob Manz beschäftigt.
So aber war die Germanistin und Kunsthistorikerin „begeistert
von der qualitativ hochwertigen Ingenieurarchitektur in
diesen Dimensionen“ und machte sich auf die Suche nach dem
Büro, das während des Ersten Weltkrieges hinter einem
Stahlbetonskelett mit neoklassizistischer Fassade ein derart
modernes Innenleben geschaffen hatte. Fündig wurde Kerstin
Renz in Stuttgart. Dort widmet sich das Büro Manz in der
dritten Gene-ration der Industriearchitektur.
Impulse für den Industriebau
Planer und Unternehmer war der Bürogründer Philipp Jakob
Manz (1861-1936), souveräner Grenzgänger zwischen
Architektur und Ingenieurbau. Der Arbeitersohn machte eine
außergewöhnliche Karriere in der Kaiserzeit. Er gab dem
deutschen Industriebau im 19. und frühen 20. Jahrhundert
entscheidende Impulse und realisierte
Industrie-architekturen in ganz Mitteleuropa. Technisch und
stilistisch immer an den neuesten Entwicklungen orientiert,
betrieb Manz als Privatarchitekt Serienbau, lieferte
Qualität so zu sagen vom Fließband und zählte in der Zeit um
1910 zu den erfolgreichsten Industrieplanern. Mit seinen 100
Angestellten realisierte er in Spitzenzeiten 100 Projekte
pro Jahr - trotzdem wurde er vergessen. „Zwischen dem
traditionellen Bauen vor dem Ersten Weltkrieg und der
Avantgarde der 1920er-Jahre klafft eine große Wissenslücke“,
erklärt Kerstin Renz. Das alltägliche, das „anonyme Bauen“
ist erst in den letzten Jahren als Forschungsgebiet in
Angriff genommen worden.
Viele gute Gespräche hat Kerstin Renz gedanklich mit
Manz, Jahrgang 1861, geführt. Die Tatsache, dass an der
Universität Stuttgart eine Dissertation über ihn entstanden
ist, hätte Manz sicherlich mit Genugtuung vernommen, weiß
die Kunsthistorikerin zu berichten, entstanden doch seine
Konstruktionen aus Eisen und Beton in enger Zusammenarbeit
mit der damaligen Technischen Hochschule und der Stuttgarter
Materialprüfungsanstalt. Die Beschäftigung mit dem „Blitzarchitekten“
Manz, dessen Motto „Billig, rasch, schön“ lautete, hat
Folgen: „Industriearchitektur im frühen 20. Jahrhundert -
Das Büro von Philipp Jakob Manz“ heißt das Buch von Kerstin
Renz, das bei der DVA erschienen ist. Schon die
Magisterarbeit der journalistisch versierten Autorin, die
die Wissenschaft unter die Leute bringen will, liegt
gebunden vor.
Blick geschärft
„Die Leistung von Manz hat meinen Blick für die Vernetzung
von Wirtschaft und Architektur geschärft. Das eine geht
nicht ohne das andere. Auch hinter der Weißenhofsiedlung
stehen finanzielle Interessen“, resümiert Kerstin Renz,
deren Arbeit von der „Vereinigung von Freunden der
Universität Stuttgart“ gewürdigt wurde. 2004 erhielt sie den
„Preis der Freunde“ für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Aktuell wird sich Kerstin Renz nun neuen Gesprä-chspartnern
zuwenden - am Institut für Architekturgeschichte arbeitet
sie an ihrer Habilitation.
Julia Alber
KONTAKT
Dr.-Ing. Kerstin Renz
Institut für Architekturgeschichte
Tel. 0711/121-3287
Fax 0711/121-3586
kerstin.renz@iag.architektur.uni-stuttgart.de
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