Die scharfkantige Konstruktion der Messingplastik vor der
Unibibliothek im Stadtgarten, die im Laufe der Zeit grau
gewordene Farbe des Materials, das zunächst dunkel patiniert
war, und vereinzelte Schmier-ereien lassen die Arbeit heute
weniger präzis erscheinen als vor 40 Jahren. Die Kommission
für Kunst am Bau in Stuttgart beauftragte 1960 den Bildhauer
Hans Uhlmann, den Eingangsbereich der 1961 eröffneten
Bibliothek zu gestalten. Uhlmann griff dafür auf Entwürfe
zurück, die schon um 1959 entstanden waren. Zur Aufstellung
kam die Plastik mit dem Titel „Aggression“ im Januar 1962. |
Ohne Zweifel ist es die auffälligste und mit ihren
viereinhalb mal vier Metern monumentalste Plastik im
Stadtgarten. Durch das Umschreiten und vielleicht auch
Hindurchgehen bringt der Betrachter die Figur zum Leben.
Zwei lange Standbeine tragen einen architektonisch
anmutenden Kern, aus dem drei weitere Messingträger nach
außen stoßen. Der Vergleich mit ausschweifenden Armen und
Beinen, die sich zu bewegen scheinen, stellt sich ein. Von
der Seite gesehen stemmen sich die Stützen fest in den Boden;
ob Bewegung oder Stillstand vorherrscht, hängt vom
Betrachterstand-punkt ab. Eine sich rücklings hinaufstoßende
Gerade schiebt sich an der Fassade vorbei gen Himmel. Und
was hat es mit dem nach vorne ausfahrenden Teil auf sich?
Handelt es sich um eine zufällige Armbewegung oder um eine
Waffe, gar um ein Geschützrohr? Man weiß nicht, ob eine
Aggression abgewehrt werden soll oder diese von der Figur
selbst ausgeht.
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„Ich habe noch viele Fragen“ hat die Künstlerin Sigita
Laubengaier eine Ausstellung überschrieben, die seit Mitte
März im Gebäude der Zentralen Verwaltung der Universität am
Stadtgarten zu sehen ist. Ein Teil des Erlöses aus dem
Bilderverkauf kommt einer geplanten Skulptur der 1967 in
Kaunas (Litauen) geborenen Künstlerin für den
Kinderspielplatz am Hölderlinplatz zugute. Die vom
KunstKreisRektoramt im Studium Generale der Uni
organisierte Aus-stellung ist bis zum 15. Juli montags bis
freitags von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Unser Bild zeigt
Peter Götz vom KunstKreisRektoramt mit einer Figuren-gruppe
der Künstlerin, bei der ein von dunklen Mächten
beherrschter Machthaber über andere Menschen bestimmt.
zi/
(Foto: Eppler) |
Stilbildende Stahlplastiken
Uhlmanns künstlerische Laufbahn war nicht vorgezeichnet. Der
studierte Elektromaschinenbauer lehrte von 1926 bis 1933 als
Assistent von Max Kloß an der Technischen Hochschule in
Berlin. Als Künstler war er Autodidakt, seine
Sammler-leidenschaft für afrikanische Skulpturen und Tonköpfe
brachte ihn auf die künstlerische Bahn. Er entwickelte sich
vom Bildhauer geschlossener, plastischer Formen zum
Stahl-konstruktivisten. Er reiste durch Europa, kam nach
Russland und Paris und lernte die wichtigsten
zeitgenössischen Strömungen kennen. Die Idee von „masselosen,
durch-sichtigen und offenen Formen-Erfindungen“ brachte ihn
bereits in den 30-er Jahren - fast gleichzeitig mit
Alexander Calder und Naum Gabo - zu den Materialien Draht
und Metall. Er entwickelte raumoffene Spannungsgefüge aus
linearen Formen, die zunächst die Form von Köpfen nachahmten,
später zu assoziativen spielerischen Elementen im Raum
wurden. Ein Einschnitt kam, als Uhlmann 26. Oktober 1933
wegen einer Flugblattaktion, mit der er für seine
sozialistische Überzeugung kämpfte, von der Gestapo zu
anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Nach dem Krieg
präsentierte er Werke von Künstlern, die von den Nazis
geächtet worden waren und übernahm als Kunstamtsleiter in
Steglitz 1945 die Galerie Gert Rosen. Im Jahr 1950 wurde
Uhlmann auf eine Professur an die Hochschule für bildende
Künste in Berlin berufen. Ab den 50-er Jahren entstanden die
ersten Stahl-plastiken - womit Uhlmann in Deutschland
stilbildend wirkte. Er stieß mit seinen Werken in
städtebauliche und architekto-nische Situationen vor.
Zwischen 1950 und 1960 entstehen zahlreiche Großplastiken
aus Stahl und Messing in deutschen Großstädten, unter ihnen
die 20 Meter hohe Chrom-Nickel-Stahl-Plastik vor der
Deutschen Oper in Berlin und das Mahnmal zum Gedächtnis des
Widerstandes im Dritten Reich in Leverkusen-Altkenrath von
1960.
Anja Schmitt
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