„Studiengebühren sind gerechter“
Der Volkswirtschaftler Prof. Frank C. Englmann betrachtet
Studiengebühren aus der Sicht seiner Disziplin. Der
geschäftsführende Direktor des Instituts für
Volkswirtschaftslehre und Recht hält - entsprechend
ausgestaltete Systeme vorausgesetzt - Gebühren für eine
Hochschulausbildung aus Effizienz- und
Verteilungsgesichtspunkten für wünschenswert.
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Öffentliche Güter lassen sich durch zwei Eigenschaften
kennzeichnen: Rivalität und Ausschließbarkeit.
Rivalität bedeutet, dass die Nutzung eines Gutes durch eine
Person die Nutzung durch andere Personen verringert;
Ausschließbarkeit, dass Personen an der Nutzung eines Gutes
gehindert werden können. Diese Ausschließbarkeit ist bei
universitären Ausbildungs-leistungen gegeben. Universitäre
Ausbildungsleistungen sind also im ökonomischen Sinne
private Güter, sofern aufgrund voll ausgelasteter
Ausbildungskapazitäten Rivalität besteht, oder Club-Güter,
sofern unausgelastete Kapazitäten vorliegen. In beiden
Fällen spricht unter Effizienzgesichtspunkten alles für eine
zumindest partielle Kostendeckung der Ausbildungsleistungen
durch die Studierenden.
Investitionen
in Humankapital führen im Allgemeinen zu positiven externen
Effekten. Dies rechtfertigt eine Subventionierung der
Ausbildung im Ausmaß dieser externen Effekte. Allerdings
schlagen sich Humankapital-investitionen meist auch in
höheren Lebenseinkommen nieder, so dass die derzeitige
annähernd hundert-prozentige Subventionierung der
Humankapitalinvestitionen nicht gerechtfertigt erscheint.
Aufgrund der davon ausgehenden Leistungsanreize sollte die
Subventionierung in jedem Fall über Stipendien erfolgen,
nicht über den generellen Verzicht auf Kostendeckung.
Bei Humankapitalinvestitionen ergibt sich, wie bei
Investitionen üblich, ein Finanzierungsproblem, da die
unsicheren Einzahlungen später als die sicheren Auszahlungen
anfallen. Hier besteht das Problem eines Marktversagens
aufgrund von Kreditrationierung, sofern keine ausreichenden
Sicherheiten gestellt werden können. Dem kann jedoch durch
staatliche Ausfallbürgschaften begegnet werden. Auf diese
Weise beteiligt sich der Staat außer am Erfolg (über höhere
Steuern) auch an den Risiken von Humankapitalinvestitionen.
Dennoch kann die Aussicht auf Schulden am Ende des
Studiums junge Leute vom Studium abschrecken, auch wenn die
Erfahrungen in Großbritannien und Australien solche
Befürchtungen nicht bestätigen. Eine eventuell abschreckende
Wirkung kann verringert werden, indem die
Rückzahlungsverpflichtung an die tatsächliche
Einkommens-erzielung geknüpft wird.
Oft wird verteilungspolitisch argumentiert,
Studiengebühren würden Kinder aus einkommens-schwächeren
Familien benachteiligen. Untersuchungen (vgl. etwa
Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaft-lichen Entwicklung: Jahresgutachten
1998/99, S. 251f.) haben allerdings ergeben, dass sich bei
Betrachtung der Verteilung von Steuerzahlungen und Nutzungen
staatlich finanzierter Hochschulausbildungen auf
verschiedene Haushaltsgruppen eine Umverteilung von
Nicht-Akademikern zu Akademikern ergibt. Da die
durchschnittlichen Lebenseinkommen von Akademikerhaushalten
höher sind als jene von Nicht-Akademikerhaushalten, führt
der Verzicht auf Studiengebühren zu einer Umverteilung von
unten nach oben.
Zusammenfassend gilt, dass entsprechend ausgestaltete Systeme von
Studiengebühren oder Bildungsbeiträgen sowohl unter
Effizienz- als auch unter Verteilungsgesichtspunkten
wünschenswert sind. Frank C. Englmann
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