Wenn Sanjoy Dutta träumt, stellt er sich Neu Delhi als
saubere und effiziente Stadt vor. Damit der Traum nicht
Utopie bleibt, betreut der indische Städteplaner den Aufbau
des U-Bahn-Netzes in der 11-Millionen-Metropole. Das
Rüstzeug dazu bekam Dutta am Stuttgarter Zentrum für
Infrastrukturplanung, wo er 1989 seinen „Master of
Infra-structure Planning“ absolvierte.
„Als der englischsprachige Studiengang 1983 ins Leben
gerufen wurde, war er ein Novum in Deutschland“, betonte
Prof. Jürgen Giesecke, der langjährige Leiter des Zentrums,
in seinem Rückblick. Die zweijährige Ausbildung vermittelt
technische und planerische Schlüsselqualifikationen an
Fachkräfte aus den Entwicklungs-ländern. Nach der Rückkehr
in die Heimat planen die Absolventen Verkehrsnetze und
Wohnviertel, Trinkwasser-systeme oder Schulen und verbessern
so die Lebensverhältnisse der Menschen.
Das Konzept war ein Erfolg. Jedes Jahr drängen rund
300 Bewerber auf die 30 Studienplätze. Über 230 Absol-venten
aus über 60 Ländern haben den Abschluss erworben. Sie
bekleiden inzwischen Führungspositionen in Asien, Afrika
oder Südamerika, einige haben den Sprung in hohe politische
Ämter geschafft.
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Internationale Studierende des Masterkurses. (Foto: Murat) |
Bundesweite Vorbildfunktion
Aber auch in Deutschland machte der Studiengang Schule,
betonte Prorektor Prof. Horst Thomé: „Er legte in Stuttgart
den Grundstein für fünf weitere englischsprachige
Studiengänge und hatte bundes-weit Vorbildfunktion.“
Durchaus kritisch setzte sich Prof. Peter Treuner als
einer der Gründerväter mit den sich wandelnden Konzepten in
der Infra-strukturpolitik auseinander. Ging es ursprünglich
darum, Wirtsch-aftsförderung zu betreiben und Verkehrswege
zu schaffen, so erstreckte sich Infrastrukturplanung später
auf die Verbesserung der physik-alischen, personellen und
strukturellen Rahmenbedingungen. Immer wichtiger werde dabei
der Faktor Bildung: „Kein technisch noch so perfekt
ausgestattetes Krankenhaus kann ohne qualifiziertes Personal
funktionieren.“ Aber auch in der Umsetzung lägen noch
Effizienzreserven. „Selbst gut geplante Projekte schlagen
fehl, wenn das Verständnis in den Ländern fehlt.“ Diese
Erfahrungen seien in Lehr-programme umzusetzen, unterstrich
Treuner. „Die Infrastrukturplanung kann, muss und sie wird
verbessert werden.“
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Gastreferentin Than Than Thwe im Gespräch mit einem
Kollegen.
( Foto Murat) |
Von den Lösungen anderer lernen
Was die Graduierten seit ihrem Weggang von Stuttgart
geleistet haben, stellten sie in Vorträgen und
Präsen-tationen vor. Ob Stadtteilarbeit in Brasilien oder U-Bahn-Bau
in Neu Delhi, Umweltmanagement auf den Philippinen oder
nach-haltige Landnutzung in Bangladesh: Alle Projekte trugen
in sich den Geist des Zentrums, Wissen-schaft und Praxis,
akademische Strenge und handwerk-lichen Pragmatismus
zusammenzubringen.
Dass dies nicht immer einfach ist, hat auch Than Than Thwe
erfahren. Die Absolventin plant heute Satellitenstädte und
Industriegebiete in Myanmar, dem einstigen Burma. „In Europa
wird viel über die Verkehrsinfrastruktur diskutiert“, nennt
die junge Frau ein Beispiel, „in Asien dagegen brauchen die
Menschen sauberes Wasser und Sanitär-anlagen.“ Trotzdem kam
Than Than Thwe gerne zum Erfahrungsaustausch mit den
früheren Kollegen. „Unsere Länder und Projekte sind
verschieden, aber viele Probleme sind ähnlich. Deshalb
können wir von den Lösungen der anderen lernen.“
Andrea Mayer-Grenu/uk
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Zentrum für Infrastrukturplanung
Tel. 0711/685-6558
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