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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Wissenschaftsmarkt an bunten Ständen:
Forscherinnen im Fokus

Prof. Dieter Fritsch sprach ein Grußwort. Ansonsten aber hatten die Frauen das Sagen beim 1. Wissen-schaftsmarkt der Uni, der im Oktober im Haus der Wirtschaft stattfand. Die Veranstaltung unter dem Motto „Forscherinnen im Fokus“ setzte einen wichtigen Akzent im Veranstaltungsreigen zum 175-jährigen Jubi-läum. „Obwohl an der Uni Stuttgart knapp 450 Wissenschaftlerinnen arbeiten, werden Frauen als Repräs-entantinnen unserer Uni kaum wahrgenommen“, skizzierte die Frauenbeauftragte Dr. Karin Thöne die Ausgangslage. „Deshalb wollen wir sichtbar machen, welches Potential in in unseren Wissenschaftler-innen steckt.“
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Die Diplom-Ingenieurinnen Anuscheh Nawaz (links) und Hannah Böhrk erläutern an einem Schnittmodell einen am Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) in Zusammenarbeit mit der NASA entwickelten Lichtbogenantrieb, der für Transport-fahrzeuge im Weltall, etwa zum Mond oder zum Mars, für große Nutzlasten eingesetzt werden kann. Dies ist mit 100 Kilowatt elektrischer Leistung das größte stationär betrie-bene thermische Triebwerk. Die beiden Fachfrauen promo-vieren am IRS bei Prof. Monika Auweter-Kurtz - auch dabei geht es um neue Antriebssysteme auf dem Weg zum Mond und zum Mars.

Um ein möglichst breites Forschungsspektrum abzu-bilden, wählte das Team um Karin Thöne mit den Professorinnen Anna-Margarete Sändig, Silke Wiep-recht, Franziska Ullmann, Francoise Joly sowie Frauen-referentin Dr. Barbara Unteutsch die Form eines Mark-tes. 30 Wissenschaftlerinnen präsentierten ihre Arbeit an den bunten Ständen, wo die Besucher ungezwungen vorbeischnuppern konnten.

 

Vorträge, Präsentationen, Modelle

Rückgrat des Marktgeschehens waren 30-minütige Plenarvorträge. Zum Auftakt beleuchtete die Historikerin Dr. Renate Tobies die ersten Naturwissenschaftlerinnen in Baden-Württemberg, die entgegen landläufiger Erwar-tung oft bessere Chancen hatten als ihre Schwestern in den Geisteswissenschaften. Der Weg vom Professorinn-entitel zum eigenen Gehalt war allerdings steinig. So schrieb Margarete von Wrangell, die 1923 an der Univer-sität Hohenheim als erste Frau auf eine ordentliche Pro-fessur berufen wurde, in Briefen an ihre Mutter immer wieder von ihren Kämpfen.

 Einen Ausflug in die moderne Skulpturenwelt der Landeshauptstadt unternahm die Kunsthistorikerin Dr. Bärbel Küster in ihrer Präsentation „Stadt-Räume und Kunst-Objekte.“ Dr. Kerstin Renz vom Institut für Architekturgeschichte befasste sich mit Industriearchitektur von Philipp Jakob Manz. Mit einem Vortrag über Verbundbrücken rundete Prof. Ulrike Kuhlmann, Direktorin des Instituts für Konstruktion und Entwurf, die Reihe ab.

 

Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, sich beim Wissenschaftsmarkt Forschung aus erster Hand erläutern zu lassen. Hier erklärt Dr. Gabriele Hardtmann vom Institut für Textil- und Faserchemie die Funktion einer Hohlfaser-Kapillarniere. Solche „künstlichen Nieren" werden bei Patienten eingesetzt, deren Nieren Stoffwechselschlacken nicht mehr auf normalem Weg über den Harn ausscheiden können. Das Blut fließt während des Dialyseprozesses durch das Innere der aus Cellulose hergestellten Hohlfaser; die „Waschflüssigkeit“ strömt außen vorbei und nimmt die durch die Membran diffundierten Schadstoffe mit. (Fotos: Eppler)

Vom Tabakmosaikvirus bis zur Erderkundung

In den Nachbarräumen gaben Impulsreferate Einblick in so unterschiedliche Themen wie den Architektenstreit um die Bebauung der Stuttgarter Hanglagen (Inken Gaukel) oder die Zweisprachigkeit im deutschen Bildungssystem (Prof. Artemis Alexiadou und Seda Tunc). Dr. Christina Wege und Anan Kadri berichteten über Experimente am Tabakmosaikvirus, die es ermöglichen sollen, die Virusstäbchen als Nanoröhren in Mikrochips einzusetzen. Und Dr. Maria von Schönermark vom Institut für Raumfahrtsysteme berichtete über die Erkennung der Erdoberfläche mit dem Stuttgarter Kleinsatelliten.

 Die Raumfahrt in Stuttgart scheint ohnehin ein spezieller Nährboden für Forscherinnen zu sein - an der Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik und Geodäsie sind übrigens mit etwa 25 auch die meisten Doktorandinnen zu finden. Gleich fünf Institutsfrauen zeigten ihre Arbeit an Modellen und Computer-präsentationen und informierten beispielsweise über neue Antriebssysteme zum Mars (Hannah Böhrk) oder einen Rover zur Erkundung von Planeten (Sabine Klinkner). Derweil schaufelte im Foyer Beate Kohler vom Institut für Wasserbau unermüdlich Sand in ein Dammbruchmodell und demonstrierte, was die Stabilität von Hochwasserdämmen verbessert.

 

 

 
Ein Mentor im eigenen Unternehmen und der Ehe-mann, der sich um die Kinder kümmert, haben Ilona Lange den beruflichen Weg geebnet. (Foto: Eppler)

 

 

 

 

Viel Engagement bei der Vorbereitung
Zwischen Idee und Markt lagen viele Monate engagierter Vorbereitung. Die Mühe hat sich gelohnt, meinte Dr. Heike Zinsmeister vom Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung, die Computerprogramme zum Übersetzen ungebräuchlicher Wortkombinationen vorstellte. „Hier kann ich meine Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit zeigen und vielleicht Kontakte zu Arbeitgebern aufbauen.“ Aber auch für den Austausch zwischen den Fachbereichen sei der Markt wichtig: „Viele Ansätze lassen sich interdisziplinär verwerten.“

 Highlight am Abend war der Festvortrag der Managerin des Jahres 2003, Dr. Ilona Lange. Die promovierte Chemikerin, die eine Forschungsplattform bei Henkel leitete und jetzt der IHK Arnsberg vorsteht, entwickelte aus ihrer persönlichen Biographie heraus, was Frauen in Führungspositionen bringt. Zwei Faktoren ebneten der hochqualifizierten Mutter zweier Kinder den Weg: „Ein Mentor im eigenen Unternehmen und mein Mann, der die Kinderbetreuung übernommen und seine eigene Karriere in den Hintergrund gestellt hat.“

Andrea Mayer-Grenu

 

 

 

 

 


last change: 28.05.05 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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