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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Nexus lud zum Industriekolloquium:
Virtuelle Welten bringen „Durchblick“ im Realen

Das erste Industriekolloquium, zu dem am 4. März der Sonderforschungsbereich Nexus an die Universität Stuttgart geladen hatte, stieß auf großes Interesse. Im Informatikgebäude auf dem Vaihinger Campus muss-te kurzfristig ein größerer Hörsaal bezogen werden - weit mehr als 100 Teilnehmer wollten sich über die „Umgebungsmodelle für mobile kontextbezogene Systeme“ informieren.
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Im Januar 2003 wurde der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte und interdisziplinär angelegte SFB 627 Nexus „Umgebungsmodelle für mobile kontextbezogene Systeme“ eingerichtet. Mit seinen über 30 wissenschaft-lichen Mitarbeitern, unter anderem aus der Informatik, der Photogrammetrie, Technikphilosophie, Elektrotechnik und Fertigungs ist er für „universitäre Maßstäbe groß“, so dessen Sprecher, Prof. Dr. Kurt Rothermel vom Institut für Para-llele und Verteilte Systeme der Universität Stuttgart.

 

Zukunftsvision

Die Besucherin des Industriekolloquiums, „Frau Scholl“, die mithilfe dynamischer Informationen automatisch zu einem freien Parkplatz geleitet wird und dank 3D-Modellen von Campus und Informatikgebäude den Hörsaal findet, entsprang ebenso der Fiktion von Kurt Rothermel wie „Herr Maier“. Dieser erfährt aufgrund kontextbezogener Informationen an der Haltestelle von der Verspätung seines Busses oder - falls er mit dem Auto unterwegs ist - meldet ihm sein intelligen-ter Reifen, dass das Profil zu wünschen übrig lässt und liefert zugleich die Information, wo man in der Nähe Abhilfe findet.

 

Die Stuttgarter Forscher können mit ihrem Kow-how auch Gebäudetexturen automatisch erzeugen, wie hier bei einem virtuellen Modell des Stuttgarter Großen Hauses.                  (Darstellung: Institut)  

Zauberwort: Kontextbezogene Informationen

Damit solche Zukunftsszenarien Wirklichkeit werden können, benötigt man Umgebungsmodelle. Dazu müssen die Zustands-verhältnisse der realen Welt erfasst und in die virtuelle Welt übertragen werden, erläuterte Kurt Rothermel. Dieser hohe Auf-wand sei jedoch nur finanzierbar, wenn viele Anwender zur Ver-fügung stehen und die verschiedensten Umgebungsmodelle zusammengebracht werden. Ziel der aktuellen Forschung daher: Wie kann man globale, skalierbare, hochdynamische Umgeb-ungsmodelle integrieren und einheitlich zur Verfügung stellen? „In kontextbezogenen Systemen steckt ein großes Potenzial und eine große Herausforderung“, betonte Rothermel - „genau das Richtige für uns …“
 

 

Immer online für spezifische Dienste?

Für Dr. Heinrich Stüttgen von NEC Research Labs Europe Heidelberg zählt die Praxis. Gerade beim Handy müssen sich die Informationsdienste mit wenigen Handgriffen finden lassen - oder noch besser, so Stüttgen: „Man kann vor-hersehen, was der Nutzer will ...“ Sucht dieser ein Restaurant, dann wohl eines in seiner Nähe, kommt er zu einer Bushaltestelle, will er vielleicht den Fahrplan wissen und steigt er ein - nun, wo überall könnte er ankommen und was gibt es dort? „Um spezifische Dienste anbieten zu können, muss man über die Geschichte und die Gewohnheiten des Benutzers etwas wissen“, verriet Heinrich Stüttgen. Je besser die personalisierten Dienste sind, desto eher werden sie genutzt - nur so könne man den Kunden langfristig binden, nicht über den Preis, ist sich der Fachmann sicher.

 Aber will wirklich jeder jederzeit mit seinem Handy lokalisierbar sein, sein Bewegungsprofil erfasst wissen, um dann entsprechend informiert zu werden? Dr. Stephan Rupp (Alcatel), der sich für das interessiert, was in drei Jahren auf den Markt kommt, weiß nur sicher: „Beim Einsatz kontextbezogener Systeme in der Praxis müssen sich die persön-lichen Assistenten selbst verwalten, deren Nutzung darf kein Ingenieurstudium voraussetzen.“

 

Besuch in der „Smart Factory“

Prof. Dr. Engelbert Westkämper vom Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) entführte seine Zuhörer in die „Smart Factory“. „In der Echtzeitfabrik benötigen wir Strukturen, die sich ständig anpassen“, erklärte Westkämper. Neben den Interaktionen von Mensch zu Maschine oder Objekt, interessieren auch besonders die Objekt-zu-Objekt-Interaktionen: „Ein Behälter sollte wissen, was in ihm drin ist, ein Fahrzeug, was es geladen hat“. Bei der Echtzeit-lokalisation mobiler Objekte sind die Wissenschaftler schon auf einen Meter genau. Und damit Big Brother keine Chance hat, standen das Duo Datenschutz und -sicherheit bei der Erfassung personenbezogener Daten schon von Anfang an ganz oben auf der Agenda von Nexus.

 Von Fässern, die sich „beschweren“, wenn abweichend von den Lagervorschriften zu viele von ihnen auf einer best-immten Fläche stehen oder Chemikalien enthalten, die nicht zusammen gelagert werden dürfen, berichtete Dr. Uwe Kubach (SAP) in seinem Beitrag aus der aktuellen Forschung. Möglich wird dies, weil die Fässer mit Sensorchips ausgestattet sind und miteinander „kommunizieren“. Uwe Kubachs wichtigste Erfahrung jedoch aus der Praxis: „Die Kunden wollen nicht an einen Anbieter gebunden sein und verlangen daher Systeme mit offenen Standards und eine serviceorientierte Architektur, die in jede IT-Landschaft schnell integriert werden kann.“

 

Anregungen aus der Industrie

Bevor am späten Nachmittag der Nexus Demonstrator zur Vorführung kam, berichtete Dr. Axel Hildebrand (Daimler-Chrysler) über den Einsatz von Augmented Reality im Automobilumfeld, und die am SFB beteiligten Wissenschaftler Prof. Dr. Bernhard Mischang und Dr. Daniel Weiskopf gingen auf die Herausforderungen und Ansätze für Kontext-modelle ein und gaben einen Einblick in die Visualisierung und 3D Computergrafik auf mobilen Geräten. Aufgrund der hohen Praxisrelevanz soll das Industriekolloquium in Zukunft alle zwei Jahre durchgeführt werden: „Wir erhoffen uns durchaus auch Anregungen aus der Industrie“, sagte Kurt Rothermel.

Julia Alber

 

KONTAKT

Prof. Dr. Kurt Rothermel, Christian Becker
Institut für Parallele und Verteilte Systeme
Tel. 0711/7816-434, -357
Fax 0711/7816-424
e-mail: kurt.rothermel@Informatik.uni-stuttgart.de, christian.becker@informatik,uni-stuttgart.de
www.nexus.uni-stuttgart.de

 


 

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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