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Faustus beschwört den Teufel - diese Darstellung zierte die
sechste Auflage (1620) des „Doctor Faustus“ von Christopher
Marlowe. |
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Die Wiederkehr der Magie in unserer Kultur ist
unübersehbar. Manche Zeitgenossen richten ihre Lebensplanung
an astrologi-schen „Erkenntnissen“
aus. Leser entdecken weltweit ihre Fasz-ination
für Romane, in denen es von magischen Motiven nur so wimmelt
- von Telepathie über magische Lebewesen bis zu mag-ischen
Ringen. Allem Anschein nach verdankt sich die Popularität
solcher Erzählungen einer durch die Wissenschaft und
Technolo-gie geschaffenen paradoxen
Situation. Je mehr der in der frühen Neuzeit einsetzende
Entzauberungsprozess die alte magische Weltordnung des
sympathetischen Zusammenhangs der Dinge auflöst, je mehr die
Sinnfälligkeit der personifizierenden magisch-en
Denkweise von abstrakten Theoremen, Systemen und Tech-nologien
abgelöst wird, die der Normalbürger nicht versteht, umso
mehr entsteht ein Hunger nach Sinn, Anschaulichkeit und Über-schaubarkeit.
Die Bilder, Handlungen und Wertungen der fantast-ischen
Romane kommen diesen Bedürfnissen entgegen. Dabei
richtet sich die Frage nicht auf die
mögliche Existenz magischer Erscheinungen. Diese sind
vielmehr das Medium, in dem Grund-elemente
menschlichen Lebens, etwa der Gewinn und der Verlust von
Macht, durchgespielt werden.
Entwicklung seit der Renaissance
Das von der Abteilung Neuere Englische Literatur der
Universität Stuttgart (Jarmila Mildorf, Hans Ulrich Seeber,
Martin Windisch) in Zusammenarbeit mit dem Internationalen
Zentrum für Kultur- und Technikforschung (IZKT) organisierte
Symposium, das von der Freundesvereinigung der Universität
Stuttgart unterstützt wurde, betrachtete die oben skizzierte
Situation als Ergebnis einer seit der Renaissance
einsetzenden Entwicklung. Diese wird von den gegenläufigen
Prozessen der Entzauberung und der Wiederkehr von magischen
Bildformeln unter anderem in der Kunst bestimmt. Die
spektakuläre Veränderung des physikal-ischen
Weltbildes im 20. Jahrhundert erinnert manche Beobach-ter
ebenfalls an magische Vorstellungen. Der Rekonstruktion
dieser Prozesse galt die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern
aus den Disziplinen Anthropologie, Ethnologie, Geschichte,
Literaturwissenschaft und Philosophie. Historische Schwer-punkte
bildeten die Renaissance, die Zeit um 1900 und das 20.
Jahrhundert. Auch das 18. Jahrhundert war mit einem Beitrag
vertreten. Der Eröffnungsvortrag von Andreas Höfele und die
Analysen von Tobias Döring verdeutlichten am Beispiel der
Magier-Wissenschaftler Prospero und Faust, wie in der frühen
Neuzeit Okkultismus und Technologie sich in der Erzeugung
wirksamer Bühnenspektakel vereinigen. Mit der Verbindung von
Magie, Sprache und Ästhetik und dem spannungsreichen
Verhältnis von Magie und Wissenschaft, das nicht zuletzt in
der postkolonialen Werken eine wichtige Rolle spielt, waren
Leitmotive eingeführt, die bis in die Gegenwart wirksam
geblieben sind. - Die Resonanz auf die Konferenz war
erfreulich. Der Bayerische Rundfunk berichtete, an den
öffentli-chen Sitzungen beteiligten
sich zahlreiche Zuhörer. Eröffnet wurde die Tagung von
Wolfram Pyta, dem Dekan der Histor-isch-Philosophischen
Fakultät, und Georg Maag, dem Geschäftsführenden Direktor
des IZKT, die beide die Bedeutung der Erforschung der Magie
innerhalb der Wissenschaftsgeschichte hervorhoben. Eine
Buchpublikation mit den Beiträgen des Symposiums ist in der
vom IZKT im LIT-Verlag herausgegebenen Reihe vorgesehen und
soll bereits Ende des Jahr-es dort
erscheinen.
Jarmila Mildorf, Hans Ulrich Seeber und Martin
Windisch
KONTAKT
Dr. Martin Windisch
und Dr. Jarmila Mildorf
Institut für Literaturwissenschaft
Tel. 0711/121- 3092, -3097
Fax 0711/121-3094
e-mail:
nel@ilw.uni-stuttgart.de