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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Internationales Symposium:
Von der Magie in Zeiten der Wissenschaft
 

Technik und Wissenschaft bestimmen unsere Lebenswelt durchgängig. Zugleich landen Tolkiens Roman-trilogie „Lord of the Rings“ oder Rowlings „Harry Potter“ auf den internationalen Bestsellerlisten. Warum sich in der modernen, entzauberten Welt magische Motive in künstlerischen Produktionen so hartnäckig behaupten, diskutierten beim internationalen Symposium „Magie, Wissenschaft, Technik und Literatur“ vom 27. bis 29. Januar an der Universität Stuttgart Anthropologen, Ethnologen, Historiker, Literaturwissenschaftler und Philosophen.

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Faustus beschwört den Teufel - diese Darstellung zierte die sechste Auflage (1620) des „Doctor Faustus“ von Christopher Marlowe.  

Die Wiederkehr der Magie in unserer Kultur ist unübersehbar. Manche Zeitgenossen richten ihre Lebensplanung an astrologi-schen „Erkenntnissen“ aus. Leser entdecken weltweit ihre Fasz-ination für Romane, in denen es von magischen Motiven nur so wimmelt - von Telepathie über magische Lebewesen bis zu mag-ischen Ringen. Allem Anschein nach verdankt sich die Popularität solcher Erzählungen einer durch die Wissenschaft und Technolo-gie geschaffenen paradoxen Situation. Je mehr der in der frühen Neuzeit einsetzende Entzauberungsprozess die alte magische Weltordnung des sympathetischen Zusammenhangs der Dinge auflöst, je mehr die Sinnfälligkeit der personifizierenden magisch-en Denkweise von abstrakten Theoremen, Systemen und Tech-nologien abgelöst wird, die der Normalbürger nicht versteht, umso mehr entsteht ein Hunger nach Sinn, Anschaulichkeit und Über-schaubarkeit. Die Bilder, Handlungen und Wertungen der fantast-ischen Romane kommen diesen Bedürfnissen entgegen. Dabei
richtet sich die Frage nicht auf die mögliche Existenz magischer Erscheinungen. Diese sind vielmehr das Medium, in dem Grund-elemente menschlichen Lebens, etwa der Gewinn und der Verlust von Macht, durchgespielt werden.

 

JAlchemie und Geometrie - ein Gegensatz wie Magie und Wissenschaft? (entnommen aus Michael Maier „Atalanta fugiens“, Oppenheim 1617)

Entwicklung seit der Renaissance

Das von der Abteilung Neuere Englische Literatur der Universität Stuttgart (Jarmila Mildorf, Hans Ulrich Seeber, Martin Windisch) in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung (IZKT) organisierte Symposium, das von der Freundesvereinigung der Universität Stuttgart unterstützt wurde, betrachtete die oben skizzierte Situation als Ergebnis einer seit der Renaissance einsetzenden Entwicklung. Diese wird von den gegenläufigen Prozessen der Entzauberung und der Wiederkehr von magischen Bildformeln unter anderem in der Kunst bestimmt. Die spektakuläre Veränderung des physikal-ischen Weltbildes im 20. Jahrhundert erinnert manche Beobach-ter ebenfalls an magische Vorstellungen. Der Rekonstruktion dieser Prozesse galt die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern aus den Disziplinen Anthropologie, Ethnologie, Geschichte, Literaturwissenschaft und Philosophie. Historische Schwer-punkte bildeten die Renaissance, die Zeit um 1900 und das 20. Jahrhundert. Auch das 18. Jahrhundert war mit einem Beitrag vertreten. Der Eröffnungsvortrag von Andreas Höfele und die Analysen von Tobias Döring verdeutlichten am Beispiel der Magier-Wissenschaftler Prospero und Faust, wie in der frühen Neuzeit Okkultismus und Technologie sich in der Erzeugung wirksamer Bühnenspektakel vereinigen. Mit der Verbindung von Magie, Sprache und Ästhetik und dem spannungsreichen Verhältnis von Magie und Wissenschaft, das nicht zuletzt in der postkolonialen Werken eine wichtige Rolle spielt, waren Leitmotive eingeführt, die bis in die Gegenwart wirksam geblieben sind. - Die Resonanz auf die Konferenz war erfreulich. Der Bayerische Rundfunk berichtete, an den öffentli-chen Sitzungen beteiligten sich zahlreiche Zuhörer. Eröffnet wurde die Tagung von Wolfram Pyta, dem Dekan der Histor-isch-Philosophischen Fakultät, und Georg Maag, dem Geschäftsführenden Direktor des IZKT, die beide die Bedeutung der Erforschung der Magie innerhalb der Wissenschaftsgeschichte hervorhoben. Eine Buchpublikation mit den Beiträgen des Symposiums ist in der vom IZKT im LIT-Verlag herausgegebenen Reihe vorgesehen und soll bereits Ende des Jahr-es dort erscheinen.

Jarmila Mildorf, Hans Ulrich Seeber und Martin Windisch
 

 

KONTAKT

Dr. Martin Windisch
und Dr. Jarmila Mildorf
Institut für Literaturwissenschaft
Tel. 0711/121- 3092, -3097
Fax 0711/121-3094
e-mail: nel@ilw.uni-stuttgart.de

 


 

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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