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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Internationale Tagung:
Technisches Handeln - philosophisch betrachtet
 

„Handeln und Technik“ lautete das Thema einer international besetzten philosophischen Tagung im Oktober 2004 im Internationalen Begegnungszentrum. Zusammen mit zwölf Fachkollegen, unter anderem aus Groß-britannien, Dänemark und der Schweiz, versuchten Prof. Christoph Hubig, Dr. Nadia Mazouz und Dr. Andreas Luckner vom hiesigen Institut für Philosophie, das technische Handeln auf den Begriff zu bringen.

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Dies ist schwieriger, als vermutet. Denn wenn man in Bezug auf das technische Handeln das gängige Verständnis einer Handlung als zielgerichteten Mitteleinsatz, oder auch als ein Bewirken eines Zwecks zu Grunde legt, dann könnte man es eventuell schon mit einer technizistischen Verkürzung des Handlungsverständnisses zu tun haben.

 Christoph Hubig (Stuttgart) und Heidrun Hesse (Tübingen) stellten, ausgehend vom teleologischen Handlungskonzept des Aristoteles, übereinstimmend fest, dass nicht die Zweck-Mittel-Struktur als solche, sondern deren instrumentalisti-sche Reduktion „technizistisch“ sei. Nach Hubig sei das Alleinstellungsmerkmal technischen Handelns darin zu sehen, dass es in der Realisierung bestimmter Zwecke immer zugleich die Bedingungen zu sichern beziehungsweise zu stabil-isieren versucht, unter denen das betreffende technische Handeln gelingt - weshalb technisches Handeln immer auf Wiederholbarkeit angelegt ist.

 Eine andere Richtung schlugen Anselm Müller (Trier), Sebastian Rödl (Pittsburgh), Nadia Mazouz (Stuttgart) und Peter Baumann (Aberdeen) ein; ihnen ging es nicht um weitere Differenzierung des Zweck-Mittel-Schemas, sondern um mög-liche Alternativen zu diesem Paradigma der Handlungsbeschreibung. So wies Müller darauf hin, dass schon Aristoteles sein Handlungsmodell am Paradigma technischen Handelns entwickelt hat und es daher gewisse Schwierigkeiten so-wohl bei der Anwendung auf nicht-technische Zusammenhänge - sein Beispiel waren soziale Praxen wie etwa solche der Pflege und Erziehung - aber eben auch bei einer nicht-trivialen oder nicht-zirkulären Erklärung und Beschreibung technischen Handelns bereitet.

 Richard Raatzsch (Heidelberg) fragte in radikaler Weise, was es überhaupt heiße, dass man wisse, was man tue. Baumann versuchte Neuinterpretationen von Handlungsweisen, die sich nicht oder nur schlecht mit dem Zweck-Mittel-Intentionsschema beschreiben lassen - so etwa Affekt- und Routinehandlungen. Tilo Wesche (Basel) bestritt den die derzeitigen handlungstheoretischen Diskussionen beherrschenden Gegensatz von internen und externen Gründen von Handlungen.

 

Technikphilosophie mit und ohne Heidegger

Während die Vorträge des ersten Teils der Tagung sich als Beiträge zur Theorie des Handelns im allgemeinen verstehen ließen, hatten die Beiträge für den zweiten Teil - unter dem Titel „Technikphilosophie mit und ohne Heidegger“ - ein stärker technikphilosophisches Profil. Niels Gottschalk-Mazouz (Stuttgart) stellte den Zusammenhang von Wissen, Können und Technik heraus, Antje Gimmler (Ålborg) stellte Ansätze zu einer pragmatischen Theorie der Technologie vor. Georg Mildenberger (Tübingen) untersuchte die enge Verbindung von Wissen, Erfahrung, Gewohnheit und Norm im technischen Handeln.

 Die abschließenden Vorträge waren der Technikphilosophie Martin Heideggers gewidmet, der wie kein anderer das te-chnizistische Handlungsverständnis kritisiert hat. Pirmin Stekeler-Weithofer (Leipzig) interpretierte den berühmten Satz Heideggers „Das Wesen der Technik ist nichts Technisches“ als einen Hinweis auf die Kooperativität der Individuen als Hintergrund auch und gerade des technischen Handelns, Robert Mößgen (Leipzig) stellte den engen Zusammenhang von neuzeitlicher Wissenschaft und Technik im Denken Heideggers heraus, Ralf Elm (Weingarten) versuchte, die Gren-zen der Technikphilosophie Heideggers aufzuzeigen, indem er auf Widersprüche zwischen Früh- und Spätwerk hinwies, wohingegen Andreas Luckner (Stuttgart) in seinem Beitrag „Technik und Kunst“ gerade die Kontinuität im Denken der Technik bei Heidegger betonte.

 Die Frage nach den Grenzen technizistischen Handlungsverständnisses ist von großer Relevanz für die Technikphilo-sophie: Wenn man davon ausgeht, worin die Tagungsteilnehmer übereinstimmten, dass technisches Handeln immer in einem Kontext nicht-technischen Handelns stattfindet, wenn zudem einer Philosophie der Technik an der Bestimmung der Spezifik technischen Handelns gelegen ist, dann ist es eine zentrale Frage, wie dieser Kontext modelliert werden kann, ohne selbst wiederum als technikförmig zu erscheinen. Erst dann könnte man wissen, was technisches Handeln eigentlich ist.

Andreas Luckner
 

KONTAKT

Dr. phil. Andreas Luckner
Institut für Philosophie
Tel. 0711/121-3658
Fax 0711/121-2492
e-mail: luckner@philo.uni-stuttgart.de


 

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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