Dies ist schwieriger, als vermutet. Denn wenn man in Bezug
auf das technische Handeln das gängige Verständnis einer
Handlung als zielgerichteten Mitteleinsatz, oder auch als
ein Bewirken eines Zwecks zu Grunde legt, dann könnte man es
eventuell schon mit einer technizistischen Verkürzung des
Handlungsverständnisses zu tun haben.
Christoph Hubig (Stuttgart) und Heidrun Hesse (Tübingen)
stellten, ausgehend vom teleologischen Handlungskonzept des
Aristoteles, übereinstimmend fest, dass nicht die
Zweck-Mittel-Struktur als solche, sondern deren
instrumentalisti-sche Reduktion „technizistisch“ sei. Nach
Hubig sei das Alleinstellungsmerkmal technischen Handelns
darin zu sehen, dass es in der Realisierung bestimmter
Zwecke immer zugleich die Bedingungen zu sichern
beziehungsweise zu stabil-isieren versucht, unter denen das
betreffende technische Handeln gelingt - weshalb technisches
Handeln immer auf Wiederholbarkeit angelegt ist.
Eine andere Richtung schlugen Anselm Müller (Trier),
Sebastian Rödl (Pittsburgh), Nadia Mazouz (Stuttgart) und
Peter Baumann (Aberdeen) ein; ihnen ging es nicht um weitere
Differenzierung des Zweck-Mittel-Schemas, sondern um
mög-liche Alternativen zu diesem Paradigma der
Handlungsbeschreibung. So wies Müller darauf hin, dass schon
Aristoteles sein Handlungsmodell am Paradigma technischen
Handelns entwickelt hat und es daher gewisse Schwierigkeiten
so-wohl bei der Anwendung auf nicht-technische Zusammenhänge
- sein Beispiel waren soziale Praxen wie etwa solche der
Pflege und Erziehung - aber eben auch bei einer
nicht-trivialen oder nicht-zirkulären Erklärung und
Beschreibung technischen Handelns bereitet.
Richard Raatzsch (Heidelberg) fragte in radikaler
Weise, was es überhaupt heiße, dass man wisse, was man tue.
Baumann versuchte Neuinterpretationen von Handlungsweisen,
die sich nicht oder nur schlecht mit dem
Zweck-Mittel-Intentionsschema beschreiben lassen - so etwa
Affekt- und Routinehandlungen. Tilo Wesche (Basel) bestritt
den die derzeitigen handlungstheoretischen Diskussionen
beherrschenden Gegensatz von internen und externen Gründen
von Handlungen.
Technikphilosophie mit und ohne Heidegger
Während die Vorträge des ersten Teils der Tagung sich als
Beiträge zur Theorie des Handelns im allgemeinen verstehen
ließen, hatten die Beiträge für den zweiten Teil - unter dem
Titel „Technikphilosophie mit und ohne Heidegger“ - ein
stärker technikphilosophisches Profil. Niels Gottschalk-Mazouz
(Stuttgart) stellte den Zusammenhang von Wissen, Können und
Technik heraus, Antje Gimmler (Ålborg) stellte Ansätze zu
einer pragmatischen Theorie der Technologie vor. Georg
Mildenberger (Tübingen) untersuchte die enge Verbindung von
Wissen, Erfahrung, Gewohnheit und Norm im technischen
Handeln.
Die abschließenden Vorträge waren der
Technikphilosophie Martin Heideggers gewidmet, der wie kein
anderer das te-chnizistische Handlungsverständnis kritisiert
hat. Pirmin Stekeler-Weithofer (Leipzig) interpretierte den
berühmten Satz Heideggers „Das Wesen der Technik ist nichts
Technisches“ als einen Hinweis auf die Kooperativität der
Individuen als Hintergrund auch und gerade des technischen
Handelns, Robert Mößgen (Leipzig) stellte den engen
Zusammenhang von neuzeitlicher Wissenschaft und Technik im
Denken Heideggers heraus, Ralf Elm (Weingarten) versuchte,
die Gren-zen der Technikphilosophie Heideggers aufzuzeigen,
indem er auf Widersprüche zwischen Früh- und Spätwerk
hinwies, wohingegen Andreas Luckner (Stuttgart) in seinem
Beitrag „Technik und Kunst“ gerade die Kontinuität im Denken
der Technik bei Heidegger betonte.
Die Frage nach den Grenzen technizistischen
Handlungsverständnisses ist von großer Relevanz für die
Technikphilo-sophie: Wenn man davon ausgeht, worin die
Tagungsteilnehmer übereinstimmten, dass technisches Handeln
immer in einem Kontext nicht-technischen Handelns
stattfindet, wenn zudem einer Philosophie der Technik an der
Bestimmung der Spezifik technischen Handelns gelegen ist,
dann ist es eine zentrale Frage, wie dieser Kontext
modelliert werden kann, ohne selbst wiederum als
technikförmig zu erscheinen. Erst dann könnte man wissen,
was technisches Handeln eigentlich ist.
Andreas Luckner
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Dr. phil. Andreas Luckner
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