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In China werden zahllose neue Siedlungen und Städte aus dem Boden gestampft, niemand weiß jedoch, wie „nachhaltig“ das hektische Bauen und Planen ist. Investoren-Architektur muss kurzfristig rentabel sein, deshalb steht meist das „schöne Design“ im Vordergrund und weniger eine klimagerechte, energiesparende und umweltschonende Gebäude- und Stadtplanung. Auch die Bauqualität lässt vielfach zu wünschen übrig, wie Bauschäden oft schon an neuen Gebäuden zeigen. Dies ist der Hintergrund für ein Fortbildungsseminar für 20 chinesische Architekten und Stadtplaner, das vom 19. bis 27. September unter Leitung von Prof. Eckhart Ribbeck am Städtebau-Institut stattfand. |
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Die große Zahl chinesischer Studenten (etwa 120) an der Fakultät Architektur und Stadtplanung sowie die Partnerschaft mit der Tongji-Universität in Shanghai und anderen chinesischen Universitäten und Städten haben in den vergangenen Jahren zu vielfältigen Kontakten mit China geführt. Während der Architektur-Biennale in Peking (2004) entstand die Idee zu diesem Fortbildungsprogramm für chinesische Stadtplaner und Architekten zum Thema „Energie und Umwelt in Architektur und Städtebau“.
Auch wenn der chinesische Staat schon mehrfach anspruchsvollere Baunormen verordnet hat - etwa für die Wärmedämmung und Heizungstechnik -, so zeigt dies noch keine flächendeckende Wirkung. Der Energiepreis wird vom Staat subventioniert, deshalb spielen die Heizungs- und Klimatisierungskosten bei der Gebäudeplanung bislang keine wichtige Rolle. Dies wird sich aber spätestens dann ändern, wenn der Energiepreis auch in China drastisch steigt. Das Land steht also vor einer brisanten Frage: Wird die gigantische Gebäudekapazität, die in den vergangenen zwanzig Jahren errichtet wurde, schon in Kürze eine gewaltige Altlast sein, weil Betriebs- und Unterhaltskosten nicht mehr zu kontrollieren sind? Dies gilt natürlich noch mehr für die Altbauten der 1950-er bis 1970-er Jahre, die praktisch alle dringend sanierungsbedürftig sind. Ähnliche Fragen stellen sich aber nicht nur im Hinblick auf die Energie, sondern auch auf die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit des Bauens, die im aktuellen Boom vielfach vernachlässigt werden.
Umso wichtiger ist es, das energieoptimierte Bauen und einen umweltverträglichen Städtebau stärker ins Bewusstsein der chinesischen Architekten und Planer zu rücken und für den Know-how-Transfer zu sorgen. Das vom Umweltministerium und der Landesstiftung Baden-Württemberg geförderte und in Kooperation mit der Architektenkammer durchgeführte Seminar mit Referenten aus Wissenschaft, Umweltverwaltung und Praxis vermittelte die theoretischen und praktischen Grundlagen. Im praktischen Teil des Seminars konnten die chinesischen Fachleute exemplarische Gebäude und Städtebauprojekte vor Ort kennenlernen, darunter unter anderem die neuen Stadtquartiere Vauban und Rieselfeld in Freiburg, die neue Messe Stuttgart, das Projekt „Stuttgart 21“, der Scharnhauser Park und die Solarstadt Neckarsulm. Touristische Besuche der Weissenhofsiedlung und der Altstädte von Freiburg und Heidelberg rundeten das Programm ab.
Die Fakultät für Architektur und Stadtplanung spielt schon jetzt eine wichtige Rolle bei der Ausbildung chinesischer Architekten und Stadtplaner. Der Erfolg des Seminars zeigte, dass die Fakultät auch ein beträchtliches Potential bei der Fortbildung von Architekten und Stadtplanern besitzt. Das Städtebau-Institut wird auch im kommenden Jahr ein Fortbildungs-Seminar anbieten; Themenvorschläge von chinesischer Seite liegen bereits vor.
zi
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