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Bauen als verantwortliches Handeln > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
 
Peter C. von Seidlein 80

Professor Dr. E.h. Peter C. von Seidlein, der 1974 als Nachfolger von Günter Wilhelm zum Ordinarius für Baukonstruktion und Entwerfen an die Fakultät für Architektur und Stadtplanung berufen wurde und der nahezu ein viertel Jahrhundert hier wirkte, feierte am 24. Juni 2005 seinen 80. Geburtstag.

   Geboren und aufgewachsen im München der Zwischenkriegszeit wurde er vom Gymnasium weg eingezogen und während der Kämpfe in der Normandie verwundet. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft in Amerika studierte und diplomierte er an der TH München und er dürfte unter den ersten deutschen Stipendiaten nach dem Krieg gewesen sein, als er zu einem Studienaufenthalt nach Chicago ging. Anschließ end arbeitete er im Büro von Egon Eiermann und machte sich nach einer Assistententätigkeit an der TH München selbstständig.

   Sein Büro war trotz der heftigen Wiederaufbauwelle nicht mit Aufträgen überhäuft, jedoch blieb keines seiner Häuser unbemerkt. Er meldete sich auch in der Architekturdiskussion zu Wort und artikulierte stets deutlich den Widerstand des Bürgers gegen obrigkeitliche und bürokratische Bevormundung. In diesem Zusammenhang ist auch sein starkes Engagement in berufsbezogenen Organisationen wie dem BDA oder der Architektenkammer zu sehen.

   Die Hochschule war für ihn kein Elfenbeinturm. Und das Modewort Selbstverwirklichung stand nicht oben auf der Agenda. Bauen ist immer eingebunden in verantwortliches Handeln des Architekten innerhalb der Gesellschaft: „Die Verzahnung divergierender Anforderungen, von Funktion und Konstruktion (und sicher auch noch andere Sachverhalte) – und ihre Integration in einem Ganzen, nämlich in einem Bauwerk, ist eine der Chancen aus der Architekturlehre – die Ausbildung zum Architekten, zu einem Vehikel allgemeiner Bildung zu machen. Divergierende Sachverhalte zu integrieren, zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzuführen, ist eine Fähigkeit, die nicht nur beim Erstellen von Architektur gefragt ist. Insoweit kann eine wohlverstandene Architekturlehre, weit über das pragmatische Ziel einer Ausbildung zum Architekten hinaus, ein Einüben von Fähigkeiten und Verhaltensweisen sein, die dem, der sie gelernt hat, noch zu ganz anderen Tätigkeiten befähigen könnte als zum Planen und Bauen von Häusern und Städten.“

  Peter C. von Seidlein  

Peter C. von Seidlein

   Seine Lehre und sein Wirken als bauender Architekt waren deckungsgleich. Er wollte nicht vordergründig interessante, sondern nachhaltig wirkende, gute Bauwerke schaffen.

   So zieht sich ein Hang zu Klarheit, zu Unbestechlichkeit des Denkens und zur Logik des Konstruierens durch sein ganzes Werk. Am auß ergewöhnlich reifen Frühwerk, dem Institut für physiologische Chemie der Universität Tübingen, wurde sichtbar, dass hier nicht Mies epigonal nachempfunden, sondern aus verwandtem Denken heraus gebaut wurde. Die Bauten für ein Pharmaziewerk in Wasserburg oder der Druckereibau in Paderborn sind weitere Marken auf dem konsequenten Weg, der zeitweise bei starkem ideologischem Gegenwind zurückgelegt wurde. Dagegen wurde später sein „opus maximus“, die Zeitungsdruckerei für den Süddeutschen Verlag in seiner Heimatstadt, auch von der Öffentlichkeit einhellig als vorbildliche Leistung der modernen Architektur akklamiert, was durch die Verleihung des angesehenen Deutschen Architekturpreises noch unterstrichen wurde. Auch die Aufnahme Peter C. von Seidleins in die Berliner Akademie der Künste 1987 und die Verleihung des Architekturpreises der Stadt München 1997 (für das Lebenswerk) zeigen, dass die Gesellschaft den streitbaren und kompromissscheuen Architekten inzwischen integrieren kann. Das Lebenswerk war 1997 nicht abgeschlossen. Die Hauptverwaltung der Allianz AG, das Büro- und Geschäftshaus am Löwenturm und beispielhafte Wohnbauten in München sind Zeugnis dafür, dass „PCvS“ nach wie vor nicht bereit ist, sich aufs Altenteil zurückzuziehen.

   Mit seiner Lehre und seinem Vorbild hat er uns beflügelt, in seinem Sinne zu lehren, zu schreiben und zu bauen. Dafür danken ihm von dieser Stelle aus seine Schülerinnen und Schüler, jetzige Kollegen, Freunde und Bewunderer und wünschen ihm von Herzen auch für die Zukunft alles Gute.                      
                                                                                                                                                            Friedrich Wagner, Jürgen Braun, Peter Seger

 

 
 

 

last change: 08.01.06 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart