|
Die Begeisterung für Farben und Farbstoffe, die Prof. Franz Effenberger in Lehre und Forschung stets erkennen ließ, nahm das Institut für Organische Chemie zum Anlass, dieses Thema bei einem Festkolloquium für seinen früheren Chef am 20. Mai einmal aus nicht-chemischer Sicht zu betrachten: Prof. Otto Krätz vom Deutschen Museum in München und Prof. Dietrich Haarer von der Universität Bayreuth sprachen über „Goethes Farbenlehre – Idee und Wirklichkeit“. Anlass war der 75. Geburtstag, den Franz Effenberger – Rektor der Universität von 1986 bis 1990 – am 7. April hatte feiern können. |
|
Beide Wissenschaftler waren sich einig: Goethe hat mit seiner Farbenlehre einiges geleistet. So war er beispielsweise der Erste, der sich um die Physiologie des Sehens verdient gemacht hat. Er stellte fest, dass eine Farbe im Auge des Betrachters ihre Komplementärfarbe erzeugt, dass also auf das Auge in der Farbwahrnehmung nicht immer Verlass ist. Der Weimarer Klassiker war ein mit phänomenalen Visionen ausgestatteter Naturforscher, der jedoch leider Fakten der Physik, wenn sie nicht in sein Weltbild passten, ignorierte. Einig waren sich Otto Krätz und Dietrich Haarer deshalb auch über die Unzulänglichkeiten des Farbenforschers Goethe. Durch sein Verhalten im wissenschaftlichen Wettstreit mit seinem ärgsten Widersacher Newton erwarb er sich wenig Ruhm, zumal sich dieser der Anfeindungen nicht mehr erwehren konnte, war er auch schon über 100 Jahre tot. Neueste Erkenntnisse der Evolutionsbiologie besagen allerdings, dass Goethes Visionen in vieler Hinsicht bezüglich der Evolution der Farben richtig waren und man deshalb Goethes Farbenlehre heute in neuem Licht sehen muss.
Die wissenschaftliche Kluft zwischen Goethe und dem weltweit anerkannten Forscher Franz Effenberger, der stets auch ein offenes Ohr für andere Meinungen hat (diese gab es bisher jedoch eher zu nicht-chemischen Themen), könnte also auf den ersten Blick kaum größer sein. Auf den zweiten Blick zeigen sich jedoch wesentliche Übereinstimmungen zwischen dem Dichterfürsten und dem Chemiker. Beide verbindet die unermüdliche Neugierde des Forschers. Und Aussprüche wie „Genie ist Fleiß“ und „Chemie hält jung“ könnte Goethe nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf Franz Effenberger bezogen zu haben. Darüber waren sich alle einig. So stellte Prorektor Prof. Horst Thomé beeindruckt fest, dass Franz Effenberger zwischen seinem 70. und seinem 75. Geburtstag nicht nur 40 Originalpublikationen vorlegte und zehn Patente anmeldete, sondern nebenbei auch noch als Tennisspieler und Skilehrer glänzte. Prof. Helmut Bertagnolli, Dekan der Fakultät Chemie, hob hervor, dass Prof. Effenberger noch im letzten Jahr von der angesehenen Fachzeitschrift Nature für die beste Publikation des Jahres auf ihrem Gebiet geehrt wurde.
Philipp Schulz/zi
|