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Ministerpräsident Günther Oettinger (links) und die ehemalige Bundesforschungs-ministerin Edelgard Bulmahn waren zur Einweihung des Höchstleistungsrechen-zentrums gekommen, hier mit Uni-Rektor Dieter Fritsch.
(Foto: Eppler) |
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Für Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch war es „ein großer Tag, für den ich lange gekämpft habe“: Mit dem Neubau des Höchstleistungsrechenzentrums und dem darin beheimateten Supercomputer verfügt die Universität Stuttgart jetzt über den schnellsten Rechner Deutschlands und in seiner Funktion als Vektorrechner schnellsten Supercomputer Europas. „Damit setzt sich die Universität Stuttgart einmal mehr an die Spitze der europäischen Forschung“, betonte Fritsch und appellierte an die Politik,
diesen Standortvorteil auch künftig zu sichern. „Das HLRS hat Schrittmacherfunktion für das Hochleistungsrechnen in Europa.“
Tatsächlich ist das „Superhirn“ ein Computer der Superlative. Mit 576 Prozessoren und einer Spitzenleistung von 12.7 TeraFlop/s rechnet er 100mal schneller als sein Vorgänger in Stuttgart und 5000mal schneller als ein normaler PC. Er schafft Simulationsrechnungen von völlig neuer Dimension, durch die Wissenschaft und Wirtschaft viel Zeit und Geld sparen können. Dafür griffen allen Beteiligten tief in die Tasche: 57 Millionen Euro haben Neubau und Rechner gekostet. 23,5 Millionen finanzierte der Bund, der Landesanteil belief sich auf 17,5 Millionen Euro. Drei Millionen davon übernahm die Uni selbst und investierte zusätzlich sechs Millionen Euro in das Gebäude. „Die Uni verschlingt nicht nur Steuer-Euros, sondern bringt auch eigene Beiträge ein“, sagte Fritsch schmunzelnd.
Dritte Säule der Erkenntnis
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Neuer Blickfang auf dem Campus, nachts ist der Neubau besonders eindrucksvoll. (Foto: Uni-Bauamt) |
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Für Edeltraud Bulmahn ist das Geld gut angelegt. In vielen
Wissenschaftszweigen haben sich Computersimulationen neben
Theorie und Experiment zu einer dritten Säule der Erkenntnis
entwickelt, so die Bundesforschungsministerin. Enormer Bedarf
bestehe unter anderem in der Astrophysik, der theoretischen
Chemie, der Materialforschung, den Lebenswissenschaften und der
Klimaforschung. „Mit den Höchstleistungsrechenzentren in
Stuttgart, München und Jülich verfügt Deutschland jetzt über
drei leistungsfähige Knoten, die wir vernetzen und ausbauen
wollen,“ so Bulmahn. „Dies sichert den Standort Deutschland und
schafft die Voraussetzung für bessere Lebensbedingungen.“
Baden-Württemberg unterstreiche mit dem neuen Zentrum seine
Schlüsselkompetenz im Höchstleistungs-rechnen, betonte
Ministerpräsident Günther Oettinger. Für den Standort Stuttgart
sprechen dabei die 20-jährige Erfahrung im
Höchstleistungsrechnen, der breite Anwendungsbereich und die
Nähe zur Industrie. Dabei bündele das Land das Know-how im
Höchstleistungsrechnerkompetenzzentrum Baden-Württemberg (hkz-bw),
an dem die Universitäten Stuttgart, Karlsruhe und Heidelberg
beteiligt sind. „Die Badenfrage ist nicht angebracht“, so
Oettinger mit einem Augenzwinkern an die Adresse des Rektors der
Uni Karlsruhe, Prof. Horst Hippler. Zumal, so Oettinger, ein
Dauerplatz in der internationalen Champions League erhebliche
Anstrengungen erfordert. „Um die Benchmark zu halten, müssen wir
jetzt schon überlegen, wie die nächste Rechnergeneration
finanziert werden kann“, sicherte Oettinger weitere
Anstrengungen zu.
Neue Simulationsbereiche
Hausherr Prof. Michael Resch dürfte es gerne gehört haben. War der Supercomputer für ihn doch mit ein Grund, aus den USA nach Stuttgart zurückzukommen. „Der Höchstleistungsrechner ermöglicht den Einstieg in völlig neue Simulationsbereiche, beispielsweise in der Biotechnologie und der Nanotechnologie.“ Resch verdeutlichte an einem Beispiel, um welch komplexe Berechnungen es dabei geht. „Wird bei einer Gefäßoperation ein Stent gelegt, sind für das Gelingen der Operation die Strömungsverhältnisse des Blutes, biochemische Prozesse, Materialkunde und vieles mehr zu berücksichtigen. All das kann nun schnell und ohne Gefahr für den Patienten an einem Rechner dargestellt werden.“
Wirtschaft mit im Boot
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Funktional und farbenfroh ist der Bau, wie diese Detailaufnahme einer Treppe zeigt.
(Foto: Uni-Bauamt) |
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Die Ausrüstung mit den modernen SX-8-Rechnern erfolgte durch den japanischen Computerhersteller NEC, der schon für die Vorgängermodelle verantwortlich zeichnete. Künftig soll die Kooperation noch intensiviert werden, kündigte NEC-Vizepräsident Masahiko Yamamoto an. Unter dem Stichwort „Teraflop Workbench“ unterstützt NEC die Wissenschaftler am HLRS dabei, die Geschwindigkeit ihrer Anwendungen bis auf mehrere Teraflops zu steigern. „Das ist wichtig, um die Möglichkeiten des SX-8 in vollen Maße auszuschöpfen“, unterstrich Yamamoto.
Für den wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich ist aber auch, dass die Industrie den „Formel 1“-Rechner rege nutzt. Christoph Gümbel vom Sportwagenbauer Porsche war da ganz
optimistisch. Man müsse zwar nicht alles berechnen, so der Beiratsvorsitzende des Höchstleistungsrechenzentrums für
Wissenschaft und Wirtschaft (hww), aber: „Ohne Simulation könnten heute kein Auto und kein Flugzeugflügel mehr gebaut werden.“
amg
Mehr zum Thema Supercomputing finden Sie auf Seite 65f in
diesem Heft.
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