|
Dabei ist das „Geburtstagskind“ älter als die „Mutter“, wie aus einem Rückblick auf die Geschichte der Elektrotechnik in Stuttgart durch Dekan Prof. Paul J. Kühn hervorging: Während das IEH bereits 1955 entstand, wurde die Elektrotechnik erst 1967 zur eigenen Fakultät. Inzwischen mauserte sich das einst durch Prof. Helmut Böcker unter äußerst beengten Bedingungen gegründete IEH zu einer Forschungseinrichtung mit 30 Mitarbeitern, die internationale Anerkennung auf dem Feld der Hochspannungstechnik genießt. Hervorzuheben seien die Mitarbeit des Instituts beim Conseil International des Grands Réseaux Electriques (CIGRE) sowie bei der International Electrotechnical Commission (IEC), betonte Prof. Kurt Feser, der das Institut von 1982 bis 2004 leitete und nachhaltig prägte. Auch am Aufbau des EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit)-Kongresses war das Institut mit beteiligt. Wie sehr sich die Hochspannungstechnik verändert hat, schilderte Dr. Wolfgang Hauschild von der Highvolt Prüftechnik Dresden. Drei Eckpunkte markierten die Entwicklung: So stand die Epoche zwischen 1950 bis 1985 im Zeichen einer deutlichen Erhöhung der Übertragungsspannungen. Ein zweites Novum war die Einführung kompakter Isolierungen seit 1970. In den letzten 15 Jahren schließlich revolutionierte der Einsatz der Informationstechnologie die Hochspannungsprüftechnik, dazu kam die Verlängerung der Nutzungsdauer von Betriebsmitteln.
Neue Herausforderungen
Angesichts dieses Wandels sowie der enormen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Elektroenergie müsse der hochspannungstechnischen Ausbildung an den Universitäten weiterhin große Aufmerksamkeit gewidmet werden, unterstrich Hauschild: „Die Hochspannungstechnik verknüpft in einzigartiger Weise Grundlagenwissen und Experiment, Theorie und Empirie und ist für unterschiedlichste technische Entwicklungen stets offen geblieben. Dies muss Entscheidungsträgern und jungen Studierenden klar gemacht werden.“
Vor welchen Herausforderungen der Fachbereich steht, hob der heutige Institutsleiter, Prof. Stefan Tenbohlen, hervor. Seit der teilweisen Liberalisierung des Energiemarktes stehen die Energieversorgungsunternehmen unter erhöhtem Druck, ihre Betriebsmittel noch leistungs- und kostenorientierter zu nutzen. Teuren, aber für die Sicherung der Energieversorgung zentralen Komponenten kommt dabei besondere Bedeutung zu. Werden diese aus Wettbewerbsgründen über die projektierte Leistung und Lebensdauer hinaus betrieben, ist die ständige Überwachung des momentanen Betriebszustandes erforderlich, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Moderne Diagnoseverfahren
Im Mittelpunkt von Tenbohlens Vortrag standen moderne Diagnoseverfahren für Leistungstransformatoren. „Das Interesse, das diesen neuen Techniken von industrieller Seite entgegengebracht wird, dokumentiert sich eindrucksvoll in der Vielzahl von externen Feldmessungen, aber auch durch die hohe Teilnehmerzahl bei öffentlichen Veranstaltungen des IEH“, unterstrich der Institutsleiter, und verwies auf das Seminar des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik (VDE) sowie auf das Stuttgarter Hochspannungssymposium.
Auch das Festkolloquium stieß mit 170 Teilnehmern auf reges Interesse. Die Beiträge deckten praktisch alle Forschungsfelder des Instituts ab und spiegelten dessen enge Kontakte zur Industrie. So sprach Dr. Hans-Dieter Schlemper von der ABB Switzerland über die Entwicklung von mit Schwefelhexafluorid isolierten Schaltanlagen, durch die der Flächenbedarf für Hochspannungs-Schaltanlagen erheblich reduziert werden kann. Dr. Thomas Krauß von der Robert Bosch GmbH stellte die Stuttgarter Beiträge zur Untersuchung der elektromagnetischen Verträglichkeit vor. Von besonderer Bedeutung sind dabei der Aufbau eines über 30 Meter langen Feldsimulators, mit dem elektrische und magnetische Felder mit Anstiegszeiten von 2,5 Nanosekunden erzeugt werden können, sowie die breitbandige Messung solcher Felder mit potentialfreien Kugelfeldsonden.
amg
|