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Optimal konstruierte und geregelte Werkzeugmaschinen arbeiten schnell und präzise. Maßgeblichen Anteil daran, dass die Grenzen des Machbaren dabei immer weiter hinausgeschoben werden, trägt das ISW. Bei seiner Gründung 1956 noch „Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen B“ genannt, entwickelte es sich unter der Leitung von Prof. Gottfried Stute zu einem der anerkanntesten Forschungsinstitute. Prof. Alfred Storr, „Mann der ersten Stunde“ und bis 2002 stellvertretender Institutsleiter, erinnerte in seinem Rückblick daran, dass in Stuttgart die Bedeutung der Steuerungstechnik frühzeitig – erstmals an einer deutschen Universität – erkannt wurde, und wie die Industrie nach dem frühen Tod von Gottfried Stute dem ISW die Treue hielt, bis Günter Pritschow als neuer Direktor berufen wurde.
Konstruktion und Regelung in Perfektion
Seit 40 Jahren wird am ISW grundlagenorientiert geforscht und anwendungsbezogen entwickelt, die Zusammenarbeit mit öffentlichen Projektträgern und der Industrie ist erfolgreich. Ziel der Forschung war und ist es, technische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und mithilfe steuerungstechnischer oder anderer rechnergeführter Mittel Automatisierungsaufgaben zu lösen. Die vier Abteilungen Steuerungstechnik, Produktionstechnische Softwaresysteme, Maschinen- und Robotersysteme sowie Mechatronische Systeme arbeiten eng zusammen.
Vielfach hat das ISW zum Fortschritt der Steuerungs- und Antriebstechnik für Produktionseinrichtungen beigetragen. Günter Pritschow erinnerte beispielsweise an die Entwicklung der offenen Steuerung auf der Basis herstellerunabhängiger Schnittstellen oder an die Entwicklung von Direktantreiben für Werkzeugmaschinen. „Kein Antrieb trägt einen anderen“ war 1991 das Motto, das zur Konstruktion neuer Maschinen führte, um die massenbedingten Nachteile von Vorschubachsen zu vermeiden und mit zu richtungsweisenden Arbeiten für Parallelkinematiken beitrug. Eine wichtige Rolle spielt die Arbeit am Institut auch auf dem Gebiet der Lageregeltechnik. So machte es die Entwicklung eines neuen Sensorsystems nach dem Ferrarisprinzip möglich, die Beschleunigung eines Vorschubantriebs sehr rauscharm zu messen. Damit können erstmals bei Linearbewegungen die wichtigen Zustandsgrößen Lage, Geschwindigkeit und Beschleunigung bei der Dynamikerweiterung von Antriebssystemen gemessen werden. Zudem ist das Institut Zertifizierungsstelle für verschiedene Feldbussysteme. Gestern wie heute orientiert sich die Lehre am ISW an der Praxis und Forschungsergebnisse fließen unmittelbar ein.
Der scheidende Institutsdirektor …
„Pritschow gehört zu den ganz Großen, die viel bewegt und viel erreicht haben“, betonte Prof. Manfred Weck, emeritierter Leiter des Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen (WZL), in seiner Laudatio. 1939 in Berlin geboren, arbeitete Günter Pritschow nach seinem Studium der Nachrichtentechnik an der TU Berlin von 1966 bis 1969 als Entwicklungsingenieur bei Siemens. Zurückgekehrt an die TU, promovierte er dort 1972. Ein Jahr später folgte er wieder dem Ruf der Industrie und 1976 dem als Professor an die TU Berlin für das Fachgebiet Automatisierungstechnik für Qualitätssicherung und Fertigung. Die Industrie kam 1980 wieder in Pritschows Leben und 1984 schließlich führte ihn sein Weg von Berlin an die Universität Stuttgart. 1986 wurde er Prorektor für Lehre und von 1996 bis 2000 war er Rektor der Universität.
Viele Kooperationen mit Hochschulen weltweit hat Günter Pritschow mit ins Leben gerufent. Als hochschulpolitischer Berater und Fachmann auf seinem Arbeitsgebiet ist und war er bei Ministerien und Verbänden, in Kuratorien und Stiftungen immer sehr gefragt. Und ihm wurden viele Ehrungen zuteil, wie das Bundesverdienstkreuz, diverse Ehrendoktorwürden oder die Otto-Kienzle-Gedenkmünze der Hochschulgruppe Fertigungstechnik. „Ich habe immer seinen Optimismus geschätzt“, betonte Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch. „Wir verabschieden Günter Pritschow in den Ruhestand“, sagte Prof. Peter Klemm, der stellvertretende Institutsleiter des ISW, „aber keiner glaubt´s, nicht einmal er selbst“. Immerhin, die Betreuung von Doktoranden könne dauern.
… und sein Nachfolger
„Werkzeugmaschinen und Roboter werden zunehmend mit Sensoren ausgestattet sein, etwa mit Kameras, die zur Roboterführung oder für die Qualitätskontrolle eingesetzt werden“, gibt der neue Institutsdirektor am ISW, Prof. Alexander Verl, einen Blick in die Zukunft. 1966 geboren, schloss Verl 1991 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sein Elektrotechnikstudium ab und arbeitete bis 1994 als Entwicklungsingenieur bei der Siemens AG im Forschungszentrum Erlangen. Anschließend wechselte er an die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt nach Oberpfaffenhofen, promovierte 1997 am Institut für Robotik und Systemdynamik der Ruhr-Universität Bochum und wurde Gesellschafter der AMATEC Robotics GmbH.
Julia Alber
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