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Aquaplaning ist der Alptraum jedes Autofahrers. Beeinflusst wird das tückische Aufschwimmen von Fahrzeugen unter anderem durch die Geschwindigkeit, das Haftvermögen der Reifen, die Oberflächeneigenschaften des Fahrbahnbelags sowie durch die Trassenneigung. Wie die Faktoren zusammenwirken und welche Konsequenzen Straßenbauer und Automobilindustrie daraus ziehen sollten, untersucht ein Forschungsprojekt am Institut für Straßen- und Verkehrswesen (ISV), Lehrstuhl für Straßenplanung und Straßenbau.
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Aquaplaning entsteht, wenn sich bei Nässe auf der Fahrbahn der Wasserfilm vollständig oberhalb der so genannten Rauspitzen befindet und es zu einem Verlust des so genannten Kraftschlussvermögens der Reifen kommt. Dabei bildet sich vor den Reifen herannahender Fahrzeuge ein Wasserkeil, der sich bei hoher Geschwindigkeit vollständig unter das Pneu schieben kann. Das Fahrzeug schwimmt auf und dreht sich, da meist nur zwei Reifen betroffen sind, um die eigene Achse. Tragische Unfälle, wie zuletzt gehäuft auf der A8 bei Kirchheim, sind oft genug die Folge.
Ursache für die gefährliche Rutschpartie sind zum einen Fahrbahnunebenheiten wie beispielsweise Spurrinnen, die den Abfluss des Regenwassers stören. Besonders häufig befinden sich die Brennpunkte jedoch in den Verwindungsbereichen einer Straße, also jenen Streckenabschnitten, in denen die Fahrbahnquerneigung einer Rechtskurve in die gegenläufige Querneigung einer Linkskurve (oder umgekehrt) übergeht. In diesen bis zu 150 Meter langen Zonen liegt die Querneigung unter dem Mindestwert von 2,5 Prozent. Fehlt aufgrund der topographischen Lage auch noch die Längsneigung, kann das Wasser nicht mehr abfließen und bildet einen hohen bis sehr hohen Wasserfilm.
Beregnung im Labor
Mit dem am ISV entwickelten, numerischen Modell steht nun erstmals ein Planungstool zur Verfügung, das es ermöglicht, entwässerungskritische Zonen aufzuspüren und Maßnahmen zur Verbesserung der Oberflächenentwässerung vorzuschlagen. „PLANUS“ ermittelt die Abflussverhältnisse in Abhängigkeit aller relevanten Einflussgrößen und errechnet daraus die Höhe des Wasserfilms sowie die maximal mögliche Fahrgeschwindigkeit. Eingesetzt wird dabei ein numerisches Modell, das sich auf die Methode der finiten Volumenräume stützt. Zur Validierung der Ergebnisse wurden Überprüfungsmessungen an Modellfahrbahnen vorgenommen, die eine Beregnungsanlage unter Laborbedingungen berieselte. Neben den Neigungsverhältnissen und der Regenintensität wurden unterschiedlich raue Straßenbeläge sowie der Einbau von Längs- oder Querrinnen zur Entwässerung berücksichtigt. Auch verschiedene Bereifungen spielten die Wissenschaftler durch – mit alarmierenden Ergebnissen: „Aus Sicherheitsgründen sollten die Pneus ein Mindestprofil von drei Millimetern haben“, stellte Projektleiter Prof. Wolfram Ressel fest. Gesetzlich vorgeschrieben sind derzeit 1,6 Millimeter.
Auch Flughäfen betroffen
Bei den Straßenbauämtern in Bund und Ländern stoßen die Untersuchungen auf großes Interesse. So sollen die Erkenntnisse unter anderem in die Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS) eingehen. Aber auch Flughafenbetreiber sind höchst interessiert. Denn auch „schwere Vögel“ wie der Airbus 380 sind aquaplaninggefährdet. Setzen sie auf einem Wasserfilm auf, melden die Reifen keine Haftung – mit der Folge, dass die Schubumkehr versagt und der Flieger über die Landebahn hinausschießt. Auch die EADS hat deshalb Untersuchungen in Auftrag gegeben.
amg
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