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Wer in der Küche rätselt, in welchen von drei Abfalleimern er einen sorgsam gespülten Joghurtbecher werfen soll, der mag das lästig finden. Ob die gängige Mülltrennung ökonomisch und ökologisch noch sinnvoll ist und welche Alternativen es gibt, untersuchte ein Forschungsprojekt am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft, Lehrstuhl für Abfallwirtschaft und Abluft, das vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert wurde.
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Seit zwei Jahrzehnten ist es fast ein Dogma: Wertstoffe wie Kunststoff oder Metall werden getrennt vom sonstigen Müll gesammelt, damit sie wiederverwertet werden können. Inzwischen gibt es jedoch Sortieranlagen, die zumindest Leichtverpackungen vollautomatisch aussondern. „Vor diesem Hintergrund muss man fragen, welche Sammel- und Verwertungssysteme zielführend sein werden“, gibt Institutsleiter Prof. Martin Kranert zu bedenken.
Um dies herauszufinden, nahmen die Wissenschaftler die Leistungsdaten der Abfallentsorger aus zehn Landkreisen in Baden-Württemberg unter die Lupe. Gefragt wurde, wie die Sammlung organisiert ist, wo die Abfälle beziehungsweise Wertstoffe behandelt und verwertet werden und welche Kosten dabei entstehen. Mit den gesammelten Daten wurden verschiedene Modelle berechnet, die es ermöglichten, die derzeitige Praxis der Abfallwirtschaft auf deren Ressourceneffizienz, Klimarelevanz und Kostenstruktur hin zu bewerten.
Dabei beschränkte sich das Projekt nicht auf praktizierte Abfallwirtschaftssysteme, sondern untersuchte auch neue Ansätze. In der Diskussion stehen Konzepte, bei denen Verkaufsverpackungen mit dem „Grünen Punkt“ (Gelber Sack) gemeinsam mit Restmüll (Graue Tonne) gesammelt und dann in modernen Sortieranlagen in verwertbare und nicht verwertbare Materialien aufgetrennt werden. Ein anderes Konzept verfolgt den Weg, den „Gelben Sack“ beziehungsweise die „Gelbe Tonne“ durch eine Wertstofftonne zu ersetzen, in der nicht nur Produkte mit dem Grünen Punkt eingesammelt und verwertet werden, sondern beispielsweise auch andere Kunststoffe.
Lösung hängt von Zielen ab
Die Modellrechnungen zeigten, dass es das perfekte Müllsystem nicht gibt. Die Methode der Wahl hängt vielmehr von den Zielsetzungen sowie von den regionalen Randbedingungen ab. Soll eine möglichst weit reichende stoffliche Verwertung erreicht werden, so führt an der bestehenden Praxis der getrennten Sammlung von Altpapier, Altglas und Bioabfall kein Weg vorbei. „Nur durch deren getrennte Erfassung können die notwendigen Wertstoffqualitäten erreicht werden, die eine ökologische und ökonomische Verwertung ermöglichen“, sagt Kranert. Steht dagegen die energetische Verwertung im Vordergrund, weisen Systeme mit der gemeinsamen Erfassung von Leichtverpackungen mit anderen Abfällen Vorteile auf, da sie die energie- und kosteneffiziente Verwertung von Kunststoffen ermöglichen.
Für den Gebührenzahler entscheidend sind schließlich auch die Kosten für Sammlung und Transport. Hier sind Bringsysteme, bei denen der Bürger seine Wertstoffe zu dezentralen Sammelsystemen wie beispielsweise zu Depotcontainern oder Wertstoffhöfen bringt, klar im Vorteil. Allerdings sind diese Systeme mit einem höheren Aufwand für die Bürger verbunden als Holsysteme, bei denen der Abfall und die Wertstoffe direkt am Haus eingesammelt werden.
Um bestehende Abfallwirtschaftssysteme auszugestalten und zukünftige zu entwickeln, so das Ergebnis der Studie, müssen Rahmenbedingungen wie die praktizierten Sammelsysteme, Verwertungs- und Behandlungskapazitäten, Gebühren und Kostenstrukturen stärker berücksichtigt werden. Eine nachhaltige Abfallwirtschaft als wesentliches Element des Stoffstrommanagements ist dabei künftig besonders unter den Aspekten des Klima- und Ressourcenschutzes zu gestalten. Vor dem Hintergrund des Zieles 2020 der Bundesregierung, das die weitestgehende stoffliche und energetische Verwertung vorsieht, werden abfallwirtschaftliche Systeme besonders hinsichtlich der effizienten Nutzung von Ressourcen und dem intensivierten Einsatz von regenerativen und sekundären Energieträgern optimiert werden. Hierbei darf sich das Stoffstrommanagement nicht alleine auf die Verpackungen reduzieren, sondern muss verstärkt auch andere Abfallbestandteile einbeziehen.
Kranert, Clauß/amg
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