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Know-how von Stuttgarter Architekten und Spenden von Privatleuten tragen dazu bei, dass Schülerinnen in Sri Lanka bald bessere Bildungschancen haben. In der Mitte ist ein Modell des Waisenhauses zu sehen. (Fotos: Ribbeck, Zeichnung: F. Widmann, T. Thirachelvam)
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In naher Zukunft soll ein ehrgeiziges Waisenhaus- und Schulprojekt in Sri Lanka verwirklicht werden, das rund 600 Schülerinnen aller Altersstufen Zukunftsperspektiven bietet. Das fachliche Know-how für das auf private Initiative entstandene Projekt kommt vom Städtebau-Institut der Universität Stuttgart, Fachgebiet Städtebau in Asien, Afrika, Lateinamerika (SIAAL). Ein Team um Prof. Eckhart Ribbeck und Christa Diener hat den Schul-Campus für das etwa zehn Hektar große Areal in einem kleinen Dorf rund 90 Kilometer südwestlich von Colombo entwickelt. Das Projekt ist in die Lehre an der Uni Stuttgart integriert. In diesem Jahr soll zunächst der Wohn-Campus entstehen. Wenn alles nach Plan läuft, könnte das Projekt Ende 2007 fertiggestellt sein.
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Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: der Heidelberger Notar Peter Frauenfeld, der seit langem enge Beziehungen zu Sri Lanka pflegt, hatte bereits vor vier Jahren eine Mädchenschule mit rund 400 Plätzen in Sri Lanka gegründet, um unterprivilegierten Mädchen eine Ausbildung zu ermöglichen. Nach der Flutkatastrophe Ende 2004 entstand die Idee, in der gleichen Region eine zweite Schule mit einem Internat und einem Waisenhaus zu bauen. Zum Personal der Schule gehören rund 30 Lehrerinnen, von denen einige auf dem Campus wohnen sollen, sowie zehn Hilfskräfte von der Köchin bis zum Gärtner. Die Städte Walldorf, Brühl und Heidelberg unterstützten die Idee mit beträchtlichen Spenden, und bei der Suche nach fachlicher Unterstützung wurde Peter Frauenfeld an der Universität Stuttgart fündig.
Uni-Know-how für Entwicklungsländer
Das Fachgebiet SIAAL von Eckhart Ribbeck befasst sich seit vielen Jahren mit dem Planen und Bauen in außereuropäischen Regionen und pflegt weltweit zahlreiche Forschungskontakte. So haben bereits im Sommersemester 2005 Architekturstudentinnen und –studenten in Entwürfen und Diplomarbeiten Ideen und Vorschläge für die Realisierung entwickelt. Das Spektrum reichte von geometrischen Konzepten, wie sie für alte Stadt- und Tempelanlagen Südostasiens typisch sind, bis zu dörflichen Strukturen, die sich organisch in die tropische Landschaft einfügen. Auch Ideen einer „regionalen Moderne“ haben die Studierenden entwickelt, also einer Architektur, die gleichzeitig modern und an die lokale Kultur angepasst ist. Diese Entwürfe, die in den Sponsoren-Städten vorgestellt wurden, bilden die Grundlage für eine „Sri-Lanka-Gruppe“, zu der neben Eckhart Ribbeck und Christa Diener auch die Studenten Florian Widmann und Thamayanthini Thirachelvam gehören. Seit Januar 2006 hat die Gruppe das Nutzungskonzept mit einem eigenen Schul- und Wohn-Campus konkretisiert. Der erste Bauabschnitt umfasst den Wohn-Campus mit drei kleinen Wohnhäusern für die Schulleitung und Gäste sowie je drei Gebäuden für die Lehrer, die Waisen- und Internatskinder. Realisiert werden soll eine klima- und kindgerechte Architektur, die gleichzeitig kostengünstig und flexibel ist. Um möglichst rasch mit dem Unterricht zu beginnen, soll nach der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts im Waisenhaus- und Internatsgebäude der Schulbetrieb provisorisch beginnen, bis im Jahr 2007 der eigentliche Schul-Campus fertiggestellt sein wird.
Die Ausschreibung vor Ort ist bereits erfolgt; die Angebote lokaler Baufirmen werden bis Ende März erwartet. Im Sommersemester 2006 werden dann Architekturstudenten der Uni Stuttgart unter dem Motto „Eat and Meet unterm Bambus-Dach“ Entwürfe für das Schulzentrum entwickeln. Angedacht ist auch ein Workshop vor Ort, wobei aus lokalen Materialien wie Holz oder Bambus ein provisorisches Gemeinschafts-Dach erstellt werden soll.
Und eine Besonderheit gibt es noch anzumerken: Ohne die durch die Tsunami-Katastrophe ausgelöste Spendenbereitschaft insbesondere der Städte Walldorf, Brühl und Heidelberg hätte dieses ehrgeizige Projekt sicherlich nicht so rasch realisiert werden können. In kürzester Zeit waren durch Spenden von Firmen und Privatleuten die erforderlichen Mittel in Höhe von rund 300.000 Euro beisammen.
zi
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