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Zahnimplantate aus Keramik sollen einiges aushalten und auch noch gut aussehen. Wissenschaftler am Institut für Fertigungstechnologie keramischer Bauteile (IFKB) der Uni Stuttgart arbeiten an der Entwicklung neuartiger Nanocomposites, die die Lebensdauer des Zahnersatzes erhöhen und dafür sorgen, dass man die „Dritten“ fast nicht von echten Zähnen unterscheiden kann.
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Der Einsatz von Keramiken in der Zahnmedizin stellt hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien. Die Implantate müssen eine hohe mechanische Festigkeit und Bruchzähigkeit aufweisen, verschleißfest sein und über eine hinreichende Biokompatibilität verfügen. Herkömmliche Keramiken waren dazu nicht in der Lage. Deshalb werden bis heute bevorzugt medizinische Edelstähle und Titan verwendet. Verschiedene Gründe sprechen jedoch für eine Abkehr vom Metall. So ziehen Patienten zahnfarbene Materialien vor. Zudem können bei Röntgenaufnahmen und Strahlentherapien Wechselwirkungen zwischen dem Metallimplantat auftreten. Dem Patienten müssen dann zusätzliche operative Eingriffe zugemutet werden, um die Implantate wieder zu entfernen. Abhilfe versprechen neuartige Nanocomposites, die aus feinsten Aluminiumoxid- und Zirkoniumoxidpulvern gesintert werden. Durch die nanoskaligen Ausgangsstoffe wird die Porengröße verringert, was die mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe wesentlich verbessert. Dadurch sind Nanocomposites nach dem derzeitigen Kenntnisstand in der Lage, die Anforderungen an die mechanischen Kennwerte zu erfüllen. Im Rahmen des EU-Projektes „IP Nanoker“ arbeiten elf namhafte europäische Forschungseinrichtungen sowie 14 Industriepartner an der Entwicklung von Nanocomposites für die Anwendungsfelder Medizintechnik, Optik und Maschinenbau/Luft- und Raumfahrt. Die Federführung liegt beim IFKB, das an sechs der dreizehn Teilprojekten beteiligt ist.
Im Unterprojekt Dental arbeitet das IFKB gemeinsam mit dem Medizintechnikkonzern Nobel Biocare und weiteren Partnern an neuen Verfahren zur Herstellung von Keramikimplantaten. Ziel ist eine wirtschaftliche Massenfertigung zuverlässiger Keramikbauteile. Erreicht werden kann dies erst, wenn die komplexen Verfahrenstechniken zur Aufbereitung der Pulver beherrscht und die endkonturnahen (near net shape) Formgebungsverfahren optimiert werden. Erforderlich sind zudem neuartige Sinterprozesse, die einen Erhalt der Nanostrukturierung im Keramikgefüge erlauben.
Bioaktive Materialien
Künftig sollen sich die künstlichen Zahnoberflächen nach der Implantierung nicht nur wie Titan inert verhalten, sondern aktiv das Einwachsen des Implantates in den Kiefer fördern. Dies kann durch die Beschichtung der Zahnstifte mit Hydroxylapatit (HAP) und Tricalciumphosphat (TCP) erreicht werden, die dem körpereigenen Knochen und Zahnmaterial strukturell ähnlich sind. Aus der Erfahrung mit Hüftgelenkprothesen weiß man jedoch, dass sich solche Schichten ablösen können. Deswegen wird im laufenden Projekt versucht, den biokompatiblen Werkstoff in eine Matrix aus Nanocomposite Keramik einzubetten und somit einen Materialverbund zu schaffen, der hohe Festigkeit und optimale Biokompatibilität zum maximalen Patientennutzen verbindet. Neben dem Zahnstift, der die sichere Verankerung des Implantates im Kiefer gewährleistet, besteht die Zahnprothese aus der Zahnkrone und dem Verbindungsstück, dem so genannten Abutment. Klinische Statistiken über das Bruchversagen zeigen, dass die Zahnkrone der höchsten direkten Belastung ausgesetzt ist und deshalb auch das anfälligste Teil eines Implantates ist. Deshalb liegt hier das Hauptaugenmerk auf der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften. Bei Krone und Abutment wird daneben auch verstärkt Wert auf ästhetische Aspekte gelegt, damit das Implantat von außen nicht als solches erkannt wird. Hierfür ist eine genaue Farbanpassung an die natürliche Farbe der Zähne wichtig, die über eine Porzellanbeschichtung erreicht wird. Allerdings sollten die Zahnkronen wie der natürliche Zahnschmelz eine leichte milchige Farbe und Transluzenz (Durchscheinbarkeit) zeigen. Dem zarten Schimmer sind jedoch Grenzen gesetzt: Schließlich möchte der Patient nicht, dass das Abutment durch die Zahnkrone hindurch zu erkennen ist.
Marc Frischbier, Konstantin von Niessen
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