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Symposium für Dieter Wolf > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
 
„… der mit den Proteinen aufräumt“

im Zeichen „Der Chemie des Lebens“ stand am 18. September der Hörsaal 47.02 auf dem Uni-Campus in Vaihingen. Um Prof. Dieter Wolf anlässlich seines 65. Geburtstages zu würdigen, hatte das Institut für Biochemie zu einem internationalen Symposium geladen, und weit über 100 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt.

 

  Prof. Wolf (zweiter von links) mit Prof. Matthias Müller (Universität Freiburg), Prof. Philip Coffino (University of California, San Francisco, USA) und Prof. Dr. Aaron Ciechanover (Technion, Israel Institute of Technology Haifa)    

Nicht jeder kann sich über so prominente Gratulanten freuen. Unser Foto zeigt Prof. Wolf (zweiter von links) mit Prof. Matthias Müller (Universität Freiburg), Prof. Philip Coffino (University of California, San Francisco, USA) und Prof. Dr. Aaron Ciechanover (Technion, Israel Institute of Technology Haifa), der 2004 mit zwei weiteren Wissenschaftlern den Nobelpreis für Chemie erhielt (von links).                                          (Foto: Eppler)

International führende Wissenschaftler, einen Nobelpreisträger – solche Gratulanten hat nicht jedes Geburtstagskind, Dieter Wolf schon. Am 18. September 1941 in Frankfurt/Main geboren, kam er über Karlsruhe, München, Ithaca/USA und Freiburg nach Stuttgart. „Ich wollte wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält“, erklärte der Jubilar seinen Weg vom ursprünglich begonnen Maschinenbaustudium über die Chemie hin zur Technischen Chemie und Biochemie. Seit 1989 ist Dieter Wolf Professor und Ordinarius für Biochemie sowie Direktor des Instituts für Biochemie der Universität Stuttgart. Von 1994 bis 1995 stand er der Fakultät Chemie als Dekan vor. Die Fakultät für Geo- und Biowissenschaften hat Dieter Wolf in diesem Jahr für den Landesforschungspreis vorgeschlagen.

Eine starke Biochemie

„Der mit den Proteinen tanzt, oder besser aufräumt“, wie Prof. Hans-Dieter Görtz, Dekan der Fakultät für Geo- und Biowissenschaften, den Jubilar titulierte, habe eine „starke Biochemie an der Uni Stuttgart geformt“ und als „Motor des Studiengangs Technische Biologie“ zum Gelingen der Synergie zwischen den Ingenieur- und Naturwissenschaften beigetragen. Eine zell- und molekularbiologisch ausgerichtete Biochemie an der Uni Stuttgart sei äußerst wichtig für die Grundlagen- und Anwendungsforschung. Die Studiendekanin der Fakultät Chemie, Prof. Sabine Laschat, ließ in Vertretung des Dekans den wissenschaftlichen Werdegang von Dieter Wolf am Auditorium vorüberziehen und nahm Bezug auf dessen Forschungsinteressen. Forschungsschwerpunkte am Institut für Biochemie sind die proteinabbauenden Systeme der Eukaryontenzelle – das Proteasom und das Lysosom, sowie die Prozesse, mittels derer die Proteine zu den Abbausystemen transportiert werden: der retrograde Proteintransport vom endoplasmatischen Retikulum hin zum zytoplasmatischen Proteasom, die Endo- und Autophagozytose, hin zum Lysosom.

The Chemistry of Life

  Prof. Konrad Beyreuther    

„Altern ohne Gedächtnisverlust“ hatte Prof. Konrad Beyreuther (Heidelberg) seinen öffentlicen Abend-vortrag über neueste Erkenntnisse aus der Alzheimer-Forschung überschrieben.                          (Foto: Eppler)

Im Rahmen des Symposiums sprachen Prof. Matthias Müller von der Uni Freiburg und der Vorsitzende der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie, Prof. Felix Wieland, über den Transport von Proteinen durch Membranen und die Proteinsekretion. Prof. Philip Coffino, angereist aus San Francisco, berichtete zur Substraterkennung am Proteasom. Prof. Kai-Uwe Fröhlich von der Uni Graz widmete sich der „Chemie des Todes“, Prof. Karl Kuchler von der Medizinischen Hochschule in Wien den „Hefe ABC Transportern“ – und präsentierte damit eine biologische Geschichte über „Sex, Stress, Drugs & Heavy Metal“. Dr. Thomas Sommer vom Max-Delbrück-Centrum, Berlin, und Prof. Frauke Melchior von der Universität Göttingen gingen unter anderem auf die Kontrolle der Proteinqualität im Endoplasmatischen Retikulum durch den HRD-Ligase Komplex sowie die Proteinregulation durch SUMO ein. Wissenschaftler der Uni Stuttgart berichteten über die Funktion von Mangan- und Kalziumionen in der Zelle, die molekularen Mechanismen der Endozytose sowie über Arbeiten auf dem Zukunftsfeld Systembiologie. In die spannenden Aspekte der neuronalen Signalübertragung führte Prof. Heinrich Betz vom Max-Planck Institut für Hirnforschung in Frankfurt ein und er verdeutlichte die Auswirkung dieser chemischen Prozesse auf das Verhalten. Prof. Aaron Ciechanover vom Israel Institute of Technology, der zusammen mit Avram Hershko und Irwin Rose für die Entdeckung des Ubiquitin-gesteuerten Proteinabbaus 2004 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde, ging in seinem Vortrag darauf ein, wie lohnend es sein kann, gegen den Trend der Zeit zu schwimmen.

Ubiquitin: Marker für den Abbau

„Wie Zellen Proteine produzieren, wurde überall hinterfragt, nicht jedoch, wie die nicht mehr benötigten Proteine von der Zelle abgebaut werden“, erinnerte sich Aaron Ciechanover der siebziger Jahre. Die drei Wissenschaflter Ciechanover, Hershko und Rose nahmen sich dieser Frage an und wiesen schließlich nach, dass abnorme Proteine oder solche, für die die Zelle keine Verwendung mehr hat, mit dem Protein Ubiquitin markiert werden – dem Zeichen für deren Abbau im Proteasom. Dass diese Abbaumaschine bei der Ubiquitin-vermittelten Proteolyse in Cytoplasma und Kern der Eukaryontenzelle eine zentrale Rolle spielt, konnten Anfang der neunziger Jahre Dieter Wolf und sein Team zeigen, die in einer deutsch-israelischen Projektkooperation schon eng mit Aaron Ciechanover zusammengearbeitet haben.

Wenn wir Mäuse wären …

Ob Wachstum und Entwicklung, programmierter Zelltod oder DNA-Reparatur, die Ubiquitin-vermittelte Proteolyse hat eine zentrale Bedeutung für die Regulation vieler zellulärer Prozesse. Fehler gehen mit schweren Krankheiten einher, wie Parkinson, Krebs oder etwa Morbus Alzheimer. Im Gehirn sammeln sich bei dieser Krankheit aufgrund eines gestörten Eiweißabbaus so genannte Amyloid-Plaques an – ein zunehmendes Vergessen ist die Folge. Von derzeit rund 24 Millionen Alzheimer-Patienten weltweit sprach Prof. Konrad Beyreuther vom Zentrum für Molekulare Biologie der Uni Heidelberg. „Schon zehn Prozent weniger Nervenzellkontakte im menschlichen Gehirn führt zum Verlust intellektueller Fähigkeiten“, betonte der Molekularbiologe. In den nächsten zehn Jahren könnten Medikamente, wie etwa nicht-steroidale Entzündungshemmer, auf den Markt kommen, die das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, senken können. „Wären wir Mäuse, dann hätten wir die Antwort darauf, ob eine Impfung helfen kann“, sagte Konrad Beyreuther, doch was bei den kleinen Nagern die Alzheimer-Pathologie sogar rückgängig machen konnte, führte bei Menschen zu Hirnblutungen – der Mensch ist leider keine Maus.

„An apple a day keeps Alzheimer away“

Zum Resignieren besteht jedoch kein Grund: „Denken macht schlank, schafft neue Nervenzellkontakte und schützt vor Alzheimer“, verriet Beyreuther. Untersuchungen an 70-Jährigen haben gezeigt, dass Brettspiele, Musizieren, Tanzen, das Lösen von Kreuzworträtseln, also geistige und körperliche Fitness, das Alzheimer-Risiko senkt. Und auch was wir essen, spielt eine wichtige Rolle: „An apple a day keeps Alzheimer away“ – dank des Antioxidans Quercetin in seiner Schale. Zudem sollte unsere Ernährung reich an den Vitaminen E und C sein, wenig rotes Fleisch und wenig Milchprodukte enthalten, dafür Obst und Gemüse, Lein- und Rapsöl. Auch „ein Viertele“ pro Tag wirke protektiv und Kaffee, wenn man ihn mit Milch trinkt.

Julia Alber

 

KONTAKT

 
                                                                      
Prof. Dieter H. Wolf
Institut für Biochemie
Pfaffenwaldring 55
Tel. 0711-685-64390
Fax: 0711-685-64392
e-mail: dieter.wolf@ibc.uni-stuttgart.de
> > > www.uni-stuttgart.de/ibc/

 

 

 
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