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Lehre spannend und systembezogen machen, Theorie mit der Praxis verbinden – so die Zielrichtung der Methode Theoprax, die in diesem Jahr ihr 10-jähriges Bestehen feiert. Was zunächst auf viel Skepsis stieß, ist inzwischen salonfähig geworden – oder sollte man sagen universitätsfähig?
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„Entfesselt lehren und lernen“ oder „Wir brauchen nicht Vielwisser sondern Vielkönner“ – so dachte im Jahr 1996 der Erfinder und Vater der TheoPrax Methode, Prof. Peter Eyerer, langjähriger Leiter des Instituts für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde der Uni. Der Weg dazu heißt Projektarbeit mit Ernstcharakter (authentische Projekte), lehr- beziehungsweise studienplanintegriert, benotbar, immer im Team, immer in einem Angebots-Auftrags-Verhältnis. Nicht fingierte Projektthemen sind dabei Inhalt der Projektarbeit, sondern reale Fragestellungen zweiter oder dritter Priorität aus Industrie und Wirtschaft. Das Land Baden-Württemberg ermöglichte den Aufbau durch ein Verbundprojekt. Es folgten viele punktuelle Förderungen aus Land, Bund und Stiftungen. Zum Schwerpunkt Hochschule kam die Projektarbeit in Schulen dazu – auch hier der Hauptförderer das Land Baden-Württemberg.
Die Türen für diese Methode öffneten sich zunächst jedoch nur zögerlich, oftmals gar nicht. „Geht nicht“ – „wird die Industrie nicht mitmachen“ – „nicht durchführbar“ – die Liste der Einwände war lang. Doch allen Unkenrufen zum Trotz: Zehn Jahre später haben die Macher von Theoprax Grund zum Feiern. Längst hat die Methode das Laufen gelernt – und das nicht nur in Baden-Württemberg. In zehn Bundesländern wird TheoPrax, betreut durch regionale Zentren, praktiziert. Vor fünf Jahren wurde die TheoPrax Stiftung gegründet. Einer der Zustifter ist die Universität Kassel. Über die nationalen Grenzen hinweg hat TheoPrax inzwischen Anerkennung erhalten. Ein erster Vertrag wurde mit Brasilien gerade abgeschlossen, wo die TheoPrax Methode in den nächsten eineinhalb Jahren an Schulen und Hochschulen als Modell eingeführt werden soll.
Das in Module eingeteilte Studium wird zunehmend verschult, die Semesterwochenstunden der Fächer werden reduziert und rund zehn Prozent der Lehrleistungen haben per Gesetz nun Soft-Skills zu sein. Die Prüfungen folgen jeweils gleich am Semesterende, und auch die entsprechenden Wiederholungsprüfungen sind sogleich anschließend anzubieten. Doch zunächst müssen die neuen Studiengänge – rund 25.000 in Deutschland – von externen Akkreditierern geprüft, später alle fünf Jahre evaluiert werden. „Das ist alles sehr schwierig zu organisieren“, kommentierte Wolfram Ressel: „Wahrscheinlich kommen wir nur eingeschränkt zum Lehren und Forschen und können vermehrt Studiengänge im In- und Ausland evaluieren.“
Jährlich schreibt die TheoPrax Stiftung einen Preis für hervorragende Projektarbeiten aus. Als Highlight zum Jubiläum übernahm Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel die Schirmherrschaft des diesjährigen Preises. Die Verleihung fand im Rahmen der neunten TheoPrax Tagung am 21. September im Fraunhofer Institut für Chemische Technologie, Pfinztal, statt. Den notwendigen Antrieb zu der nunmehr zehnjährigen Bildungsarbeit in der TheoPrax Methodik erzeugten immer wieder Dörthe Krause und Peter Eyerer, der am 4. Oktober in den Ruhestand ging. Er wird mit seinem Ausscheiden an der Uni Stuttgart auf jeden Fall eine Lücke hinterlassen. Tatsächlich aber wird der Gründer der Methode jetzt mehr wie bisher für die Verbesserung in der Bildung zur Verfügung stehen, sie weiter entwickeln und sie mit Gleichgesinnten praktizieren. Und vielleicht wird der eine oder andere Kollege an der Uni Stuttgart im Rahmen der Bachelor/Master-Studiengänge selbst auch die TheoPrax Methode ausprobieren und integrieren. „Er wird feststellen: es lohnt sich“, ist Prof. Eyerer überzeugt. Die Studenten jedenfalls haben das seit Jahren immer wieder betont.
Dörthe Krause/amg
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www.theoprax.de
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