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Die Tagung „Automotive – Safety & Security 2006“ an der Uni Stuttgart erfüllte den Wunsch der Teilnehmer der Vorgängertagung vor zwei Jahren nach einer Neuauflage. Vom 12. bis 13. Oktober fanden sich auf dem Vaihinger Campus rund 80 Teilnehmer aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen, der IT-anwendenden Industrie (Elektro-, Automobilindustrie) sowie der IT-herstellenden Industrie (Software, Elektronik, Automation, Dienstleistungen) zu einem intensiven Gedankenaustausch über die „Sicherheit und Zuverlässigkeit für automobile Informationstechniken“ ein. Veranstalter waren der Fachbereich Sicherheit der Gesellschaft für Informatik, die Gesellschaft für Mess- und Automatisierungstechnik im VDI/VDE und weitere Fachgruppen.
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Der Automobilbau setzt vermehrt auf softwarebasierte Funktionen, lässt sich doch mit ihnen auf der Basis des klassischen Maschinenbaus ein technischer Fortschritt zu vertretbaren Kosten realisieren. Enorm wichtig dabei ist deren Zuverlässigkeit: Gerade in eingebetteten Systemen, also Systemen, bei denen die elektronischen Hard- und Softwarekomponenten hoch kompakt und eng mit den maschinellen Teilen verbunden sind, muss sie in gleicher Größe wie ohne Elektronik erhalten bleiben, und sie muss von Anfang an Bestandteil aller Planungen sein, da sie nicht nachträglich in die Produkte integriert werden kann. „Mit der Automotive Tagungsreihe haben wir ein Forum geschaffen, in dem nicht die Visionen zukünftiger Funktionalität der Software im Automobil im Vordergrund stehen, sondern die zuverlässige Beherrschung der vorhandenen und geplanten – eine vielleicht noch größere Herausforderung“, erklären die Organisatoren Prof. Erhard Plödereder vom Institut für Softwaretechnologie der Uni Stuttgart und Dr. Herbert Keller vom Institut für Angewandte Informatik des Forschungszentrums Karlsruhe.
Abhängigkeiten, Wechselwirkungen, Manipulationen
Bei der Integration von Softwareeinheiten kommt es zu vielen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen sowohl unter den Softwareeinheiten selbst als auch zu den anderen Systembestandteilen. Jörn Schneider von der Robert Bosch GmbH, der einen modellgestützten Integrationsprozess zur Vermeidung oder frühen Erkennung sicherheitsrelevanter Fehler vorstellte, betonte: „Die Kenntnis und Beherrschung dieser Wechselwirkungen ist entscheidend für eine erfolgreiche Integration.“ Dr. Uwe Becker vom Institut für Verkehrssicherheit und Automatisierungstechnik der TU Braunschweig verglich die globalen Sicherheitsstandards für Verkehrssysteme, und Irmela Ruhrmann vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zeigte am Beispiel der IT-Sicherheitszertifizierung von Komponenten des Digitalen Tachographen auf, die Sicherheitsleistungen für Produkte im Kontext ihrer Einsatzumgebung erbringen müssen. „Informationsverarbeitende Komponenten von Kraftfahrzeugen werden bereits heute durch nicht autorisierte Personen manipuliert“, wusste Felix Gutbrodt vom Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik der Uni Stuttgart zu berichten, der eine Schichtenarchitektur zur Realisierung von IT-Sicherheit für eingebettete Systeme vorstellte. Dank ihr werden denkbare Angriffe auf heutige Kraftfahrzeuge unterbunden, wie zum Beispiel das Deaktivieren von Funktionen, die die Höchstgeschwindigkeit eines Fahrzeuges begrenzen sowie das Abschalten sicherheitskritischer Funktionen oder deren Aktivierung zum falschen Zeitpunkt – man denke nur an Antiblockiersysteme oder Airbags.
Immer auf der richtigen Spur
Am Beispiel des Spurenverlassenswarners (Lane Departure Warning System) nahm sich Dr. Dirk Dickmanns von der BMW Group der Bewertung von Systemen zur Fahrumfelderfassung (FUE) an, und Klaus Plößl von der Uni Regensburg ging auf die Sicherheitsinfrastruktur für Vehicular Ad Hoc Networks (VANETs) ein. Lokal im Fahrzeug zur Verfügung stehende Telematikdaten, wie aktuelle Geschwindigkeit, Beschleunigung und Position, werden bei den VANETs unter den Verkehrsteilnehmern ausgetauscht, so dass die Fahrer „abnorme“ Straßenverhältnisse wie Unfälle oder Staus frühzeitig erkennen können. Auch Anweisungen von Polizei oder Feuerwehr könnten zum Beispiel über das VANET verbreitet werden. Dr. Peter Kafka von der Philotech GmbH, der über das „Zuverlässigkeitsmanagement – ein zentraler Prozess zur Umsetzung von Innovationen in zuverlässige und sichere Fahrzeuge der Großserie“ sprach, betonte: „Pro-aktive Analyseprozesse, um bereits in der Entwurfsphase zukünftiges Fahzeugverhalten vorherzusehen und entsprechende Optimierungen vorzunehmen, sind die Herausforderungen der Zeit.“
Ausstellung
Eine Ausstellung mit Präsentationen von Werkzeugen zur Softwareentwicklung im Automobil rundete das Tagungsprogramm mit seinen vielen Vorträgen von Fachleuten aus Forschung, Entwicklung und der Industrie ab. Unter den Ausstellern präsentierte sich auch eine Ausgründung aus dem Institut für Softwaretechnologie der Uni Stuttgart, die Axivion GmbH. „Bis zu 80 Prozent der Entwicklungskosten im Produktlebenszyklus eines Software-Systems entstehen bei Wartung, Anpassung und Weiterentwicklung. Entwickler verbringen dabei etwa die Hälfte ihrer Zeit mit der Analyse der bestehenden Software“, erklärten die Jungunternehmer Thomas Eisenbarth und Sebastian Rummler. Ihre Axivion Bauhaus Suite prüft kontinuierlich die Übereinstimmung der Ist- und Soll-Architektur und ist besonders bei der Weiterentwicklung und Wartung eines unbekannten Quellcodes hilfreich.
Julia Alber
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