Ist das Ihr erster Job nach Abschluss Ihres Studiums?
Nein. Davor – also direkt nach meinem Master-Studium – war ich noch ein gutes Jahr als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für „Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren“ der Universität Stuttgart tätig.
Wann haben Sie Bauingenieurwesen an der Uni Stuttgart studiert?
Ich habe im Wintersemester 2010 mit dem Studium angefangen und im Oktober 2013 abgeschlossen. Ich hatte das Bedürfnis, die im Bachelor gelernten Grundlagen zu vertiefen, und habe daher noch das Master-Studium drangehängt. Im Sommersemester 2016 war ich dann mit meinem Studium fertig.
Mit welcher Vertiefungsrichtung haben Sie studiert? Warum haben Sie sich gerade für diese Vertiefung entschieden?
Ich habe mich für die Vertiefung „Konstruktiver Ingenieurbau“ entschieden – hier fand ich die Themen einfach am spannendsten. Vor allem die Bereiche „Werkstofflehre“ und „Tragwerkslehre“ haben mich sehr angesprochen. Es hat mich interessiert, wie sich verschiedene Materialen beim Bauen verhalten oder wie sich der Kraftfluss auf die Planung und Konstruktion eines Bauwerks auswirkt.
In meinem jetzigen Job als Tragwerksplanerin sind dies natürlich genau die Fragen, mit denen ich mich tagtäglich auseinandersetze.
Sie planen Tragwerke von Bauwerken – aber was genau sind „Tragwerke“ eigentlich?
Das ist gar nicht so leicht zu erklären. Vielleicht kann man es so sagen: Tragwerke sind die Gesamtheit der Konstruktionen eines Bauwerks, die notwendig sind, um Kräfte abzutragen und seine Standsicherheit zu gewährleisten. Brücken sind hier ein gutes Beispiel: Brücken selbst sind Tragwerke – sie sind eine tragende Konstruktion, die es uns ermöglicht, Flüsse oder Täler sicher zu überwinden. Bei Gebäuden bilden die Fundamente, Wände, Decken und Stützen zusammen das Tragwerk – sie sind die tragende Konstruktion.
Und welche Bauwerke planen Sie in Ihrem Job?
Wir setzen ganz verschiedene Bauprojekte um, zum Beispiel Kindertagesstätten, Schulen, Schwimmbäder, aber auch Wohn- oder Bürogebäude. Brücken bauen wir auch!
Können Sie ein Beispiel dafür geben, was Sie als Tragwerksplanerin im Arbeitsalltag machen?
Aktuell bin ich am Neubau eines Schulungsgebäudes beteiligt. Dort gibt es einen Bereich, in dem keine Stützen stehen sollen. Jetzt muss ich überprüfen, ob das überhaupt möglich ist und welche Konsequenzen das hat. Müssen zum Beispiel die Decken dicker gemacht werden? Oder muss ich andere Materialen verwenden? Müssen Stützen in anderen Bereichen verschoben werden?
Wofür sorgen Sie sonst noch bei den Bauprojekten?
Als Tragwerksplanerin muss ich in erster Linie dafür sorgen, dass das jeweilige Gebäude so geplant und gebaut wird, dass es später standsicher ist. Hier ist einiges an Wissen über Materialverhalten gefragt, aber ich brauche auch meine technischen und mechanischen Kenntnisse aus dem Studium, um das Tragwerk gut zu planen und den Baufortschritt beurteilen zu können.
Zudem es ist wichtig, die verschiedenen Anforderungen an ein Bauwerk zu kennen und an den richtigen Stellen einfließen zu lassen. Dabei spielt die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen Fachleuten, die an einem Bauprojekt beteiligt sind, eine sehr große Rolle.
Warum ist eine enge Zusammenarbeit so wichtig?
Beim Thema Tragwerk laufen sehr verschiedene Disziplinen zusammen: Hier geht es um Fragen ganz verschiedener Bereiche – etwa der Materialverwendung, der ästhetischen Gestaltung und der praktischen Funktion des Bauwerkes. Die beteiligten Fachleute haben entsprechend auch verschiedene Ansprüche und Bedürfnisse, die ich berücksichtigen muss. Ein Architekt betrachtet ein Gebäude aus einer anderen Perspektive als ein Haustechniker, ein Bauphysiker oder etwa ein Geotechniker, der vor allem darauf achtet, wie sich der Baugrund verhält.
Wie gelingt es Ihnen konkret, diese verschiedenen Blickwinkel auf ein Bauprojekt zusammenzubringen?
Ich muss alle Personen mit ihren Ansprüchen stets im Blick haben und darauf achten, von ihnen regelmäßig Informationen einzuholen, genauer nachzufragen und die eingeholten Infos weiterzugeben – das bedeutet, viel zu telefonieren, Mails zu schreiben und alle bei Besprechungen an einen Tisch zu bringen. Besonders schön finde ich es zu sehen, wie dabei nach und nach die verschiedenen Perspektiven enger zusammenlaufen.
Was ist Ihre größte Leidenschaft bei der Arbeit?
Durch die Abstimmung und enge Zusammenarbeit mit den Beteiligten bekommt man einen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Dieser Einblick in andere Fachbereiche ist für mich immer wieder faszinierend und spannend. Meine Aufgabe ist es, aus den gesammelten Informationen der einzelnen Bereiche konkrete Ideen und Vorschläge für das Tragwerk zu entwickeln, die alle zufrieden stimmen. Diese Organisation und Abstimmung liegen mir einfach und machen Spaß!