Wann haben Sie Bauingenieurwesen an der Uni Stuttgart studiert?
Ich habe von 2000 bis 2006 studiert, damals noch auf Diplom, es war noch vor der Umstellung auf Bachelor und Master.
Welche Vertiefungsrichtung haben Sie im Studium gewählt?
Während des Studiums habe ich gemerkt, dass ich Verkehr und Straßenbau besonders interessant finde: Als Verkehrsteilnehmer kennt man die entsprechenden Probleme – etwa unübersichtliche Verkehrsführungen oder fehlende Fahrradspuren – aus eigener Erfahrung und ich fand es spannend, das auch fachlich zu vertiefen. Also habe ich mich für die Vertiefungsrichtungen „Straßenplanung und Straßenbau“ sowie „Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik“ entschieden. Im Gegensatz zur Statik von einem Gebäude ist Verkehr ja etwas, was sich sehr dynamisch verhält und sich ständig durch die Verkehrsteilnehmer ändern kann. Das hat mir gefallen.
Wie ging es nach dem Studium bei Ihnen weiter?
Nach meinem Abschluss habe ich zwei Jahre lang an der Uni Stuttgart gearbeitet: Von 2006 bis 2008 war ich Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Straßen und Verkehrswesen und habe am dortigen Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik Lehrveranstaltungen für Studierende gegeben und war in Forschung und Projektarbeit eingebunden.
Dann hatte ich das Bedürfnis, noch näher an Praxis und Umsetzung zu sein und bin 2008 als Projektingenieur für Straßen- und Verkehrsplanung ins Tiefbauamt der Stadt Stuttgart gewechselt. Dort habe ich bis 2010 das Großprojekt Stuttgart 21 mit betreut: Meine erste Aufgabe dabei war die Erschließung (das heißt die Planung des Neubaus von Straßen) des sog. A1-Areals, wo jetzt die Stuttgart Stadtbibliothek und das Einkaufszentrum Milaneo stehen. Das war für mich sehr spannend! Von 2010 bis 2013 war ich rechte Hand des Amtsleiters und habe übergeordnete Themen betreut, etwa die Einführung eines Qualitätsmanagements für das Tiefbauamt. Seit 2013 bin ich Sachgebietsleiter (Teamleiter) für die Straßen- und Verkehrsplanung in Stuttgart.
Was genau macht das Tiefbauamt der Stadt Stuttgart?
Das Tiefbauamt kümmert sich um Planung, Bau und Unterhaltung von Straßen, Wegen und Plätzen, Brücken und Tunneln und ist für den reibungslosen Ablauf des Verkehrs verantwortlich. Auch die Stadtentwässerung ist Teil des Tiefbauamts. Dabei befinden wir uns im Spannungsfeld zwischen Bürgern und Politik, das heißt, bei unseren Projekten geht es einerseits darum, politische Interessen und Beschlüsse umzusetzen und andererseits darum, auch die Bürger am Planungsprozess zu beteiligen, damit die Ergebnisse im Idealfall beide Seiten zufrieden stellen. Das ist natürlich oft eine Herausforderung. Denken Sie etwa an Stuttgart 21.
Wofür sorgen Sie dabei?
Ich sorge dafür, dass alle Neu- und Umplanungen der Stadt Stuttgart in meinem Zuständigkeitsbereich von der technischen Seite sauber geplant und vorbereitet werden. Dazu gehört zum Beispiel die Planung von Kreisverkehrsplätzen, die Umgestaltung von öffentlichen Plätzen, Fußgängerzonen, Radverkehrsanlagen oder Bushaltestellen und Busspuren.
Und was genau müssen Sie dabei tun?
Nehmen wir etwa die Planung eines Kreisverkehrs: Hier ist es zuerst wichtig, die Bestandsflächen zu sichten und messen zu lassen. Dann prüfen wir die aktuelle Verkehrsbelastung und richten unsere Planung anhand der entsprechenden Fahrzeuge aus. Dabei ist das größtmögliche Fahrzeug immer ausschlaggebend. Aber auch die Berücksichtigung von Fußgängern, Radfahrern oder die Gestaltung der Mitte – gibt es Bäume und Grün? – gehört dazu. Ich übernehme dabei die Verantwortung für das Projektmanagement, das heißt, ich habe Kosten, Zeit und Qualität im Auge. In meinem Team arbeiten Ingenieure, Zeichner und Bautechniker, die ich bei dem Projekt inhaltlich anleite und begleite.
Wann brauchen Sie dabei Ihr Wissen aus dem Studium?
Eigentlich täglich. Wenn ich zum Beispiel die Leistungsfähigkeit von Kreisverkehren berechnen will oder Straßen dimensioniere, brauche ich mein Wissen aus den Bereichen Straßenbau und Verkehrstechnik. Das sind dann etwa mathematische Formeln oder auch Tabellen aus entsprechenden Regelwerken.
Wie sieht der Arbeitsalltag bei Ihnen aus?
Tatsächlich gleicht kein Tag dem anderen. Aber ein möglicher Arbeitstag von mir könnte so aussehen: Morgens komme ich ins Büro und habe zuerst eine interne Rücksprache mit meinen Teammitgliedern, die mir von ihren Planungsbesprechungen mit anderen Ämtern berichten. Gemeinsam stimmen wir dann das weitere interne Vorgehen zum jeweiligen Projekt ab. Im Anschluss habe ich einen Termin mit der Polizei: Es geht um einen Kreuzungsbereich, wo es vermehrt zu Unfällen kommt. Gemeinsam schauen wir uns die Pläne an und überlegen, wie wir die Sichtfelder für Fußgänger optimieren können, damit das Unfallrisiko sinkt. Am Nachmittag habe ich noch einen Termin im Rathaus: Dort diskutieren wir das „City-Logistik-Konzept“. Hier geht es um die Verbesserung der Logistikprozesse in der Stuttgarter Innenstadt und die Frage, ob und wie die Belieferung der Geschäfte autofrei erfolgen kann, damit etwa Emissionen in diesem Bereich reduziert werden können.
Was machen Sie am liebsten in Ihrem Job?
Natürlich ist es immer schön, wenn eins meiner Projekte fertig gestellt ist. Zu wissen, welchen Beitrag ich dazu geleistet habe, macht mich stolz. In meiner Rolle als Teamleiter macht es mir aber auch große Freude, meine Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit zu begleiten und ihre Entwicklungen zu beobachten. Es ist toll zu sehen, wie sie an den Projekten wachsen, wenn sie den Spielraum dafür bekommen.