Absolventin Sarah-Maria Diebolder

Sarah Maria Diebolder – Projektingenieurin Tragwerksplanung

„Ein besonderer Moment ist, wenn ich an einem Gebäude vorbeifahre, das ich selbst mit geplant habe.“

Von wann bis wann haben Sie Bauingenieurwesen an der Uni Stuttgart studiert?

Ich habe von 2011 bis 2014 mein Bachelor-Studium absolviert und direkt im Anschluss den Master von 2014 bis 2016 gemacht.

Welche Vertiefung haben Sie im Master-Studium gewählt?

Ich wusste bereits während meines Bachelor-Studiums, dass ich später am liebsten im Bereich der Baustatik arbeiten möchte, weil man dort besonders viel und intensiv rechnen muss. Mathematik und Physik haben mir schon in der Schule Spaß gemacht. Außerdem hat mich die Tatsache, dass man mit statischen Berechnungen dafür sorgen kann, dass ein Gebäude nach dem Bau auch standsicher ist, ziemlich fasziniert. Um das entsprechende Fachwissen zu erlangen, habe ich im Master-Studium den Schwerpunkt „Konstruktiver Ingenieurbau“ gewählt – hier gehörte die Statik als Teilbereich der Tragwerksplanung dazu. Tragwerke sind die tragende Konstruktion von Bauwerken – bei Gebäuden bilden die Fundamente, Wände, Decken und Stützen zusammen das Tragwerk.

Wie ging es nach dem Master-Abschluss weiter?

Nach dem Master habe ich als Projektingenieurin der Tragwerksplanung beim Bau­unternehmen „Züblin“ angefangen. Seitdem bin ich dort im „Technischen Büro Kon­struktiver Ingenieurbau (TBK)“ tätig. Das passt ziemlich gut zu meinem Vertiefungsbereich aus dem Studium.

Was baut Züblin? Inwiefern unterscheidet sich das Unternehmen von Ingenieur­büros?

Da Züblin ein internationales Bauunternehmen ist, haben die Bauprojekte im Vergleich zu Ingenieurbüros meist noch größere Dimensionen: Wir bauen ganze Verkehrswege, große Brücken oder Hochhäuser. Auch Stuttgart 21 wird durch uns realisiert – hier gibt es besonders hohe Anforderungen an die Tragwerksplanung, teilweise ist das regelrechtes Neuland in der Baubranche. Das ist natürlich spannend. Eine weitere Besonderheit für mich in der Tragwerksplanung ist, dass auch die Bauausführungen von Züblin selbst umgesetzt werden: Planung und Bau werden also aus einer Hand von uns realisiert. So können wir den Fokus gezielt auf besonders wirt­schaftliche und effizient umsetzbare Tragwerkskon­struktionen legen.

Wofür sorgen Sie als Projektingenieurin der Tragwerksplanung?

Ich kümmere mich bei den Bauprojekten im Hochbau darum, dass die Gebäude standsicher sind. Das heißt, ich berechne, wie dick die Decken sein müssen oder wieviel Stahl man im Beton braucht. Auch die Optimierung von Bauteildimensionen gehört dazu. Beispiels­weise prüfen wir, ob wir Deckenstärken weiter reduzieren oder Stützenabmessungen (also Breite und Tiefe) verringern können. Dadurch spart man einerseits ganz unmittelbar Beton und damit Kosten, andererseits verringern sich durch solche Optimierungen auch die Gründungslasten, sodass wiederum die Fundamente des Gebäudes kleiner ausfallen können. Neben meinem Fachwissen braucht es aber auch viel Teamwork und Organisation in meinem Beruf. So muss das von mir Geplante ja stets mit den weiteren baulichen Anforderungen an das Gebäude kombiniert werden und auf der Baustelle gut umsetzbar sein. Rücksprachen, regelmäßige Treffen und Telefonate sind hier also an der Tages­ordnung.

Worum geht es bei solchen Gesprächen und Treffen beispielweise?

Wir müssen beispielsweise gemeinsam nach Lösungen für Probleme suchen, die unerwartet auftreten: Wenn etwa im Nachgang an die von mir fertig erstellte Statik von der Gebäudetechnik Durchbrüche durch Wände oder Decken eingeplant werden, muss auch die Statik neu angepasst werden. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass manche Durchbrüche statisch nicht oder nur mit teuren Sondermaßnahmen umsetzbar sind. Dann muss ich mit den Planern der Gebäudetechnik besprechen, ob wir diese Durchbrüche nicht auch verschieben können, damit die Standsicherheit weiterhin gewährleistet ist.

An was arbeiten Sie aktuell?

Ein aktuelles Projekt von mir ist ein Schulerweiterungsgebäude mit einer Sporthalle in Jena. Da die ursprüngliche Tragwerksplanung eines anderen Ingenieurbüros nicht zufrieden­stellend war, wurden wir für die Optimierung angefragt. Meine Aufgabe war es dann, die vorhan­denen Pläne genau durchzusehen und die verschiedenen Bauteile zu berechnen und zu optimieren. Bei den Decken haben wir beispielsweise die Deckenstärke reduziert, die aber nicht in jedem Bereich der Schule gleich ist: In der Schulbibliothek gibt es aufgrund der vielen, schweren Bücher höhere Lasten (Gewichtsbelastungen) als in einem Klassenzimmer, sodass Deckenstärke oder Stahlgehalt in der Decke entsprechend angepasst werden müssen. In regelmäßigen Besprechungen mit der Bauleitung kläre ich ab, ob die Planungen für die Ausführung vor Ort auch gut umsetzbar sind.

An welchen Stellen brauchen Sie dabei Ihr Wissen aus dem Studium?

Das Know-how aus dem Studium brauche ich regelmäßig. Bei den Deckenbemessungen greife ich zum Beispiel auf das zurück, was ich im Bereich „Werkstoffübergreifendes Konstruieren und Entwerfen“ im Studium als Grundlagen für Bemessungen gelernt habe.

Was macht Ihnen in Ihrem Job besonders viel Spaß?

Tatsächlich ist es das Bemessen, also die Berechnungen der Tragwerke, das mir mit am meisten Freude bereitet. Dabei reizt es mich besonders, nicht bloße Standardlösungen zu errechnen und umzusetzen, sondern immer wieder genau zu schauen, welche neue, geschickte Lösung ich finden kann. Aber auch die Abstimmung und Kommunikation machen mir Spaß. Dadurch, dass man mit den verschiedenen, an dem Bauprojekt beteiligten Personen intensiv zusammenarbeitet, erhält man immer ein direktes Feedback zur eigenen Arbeit, erlangt neues Fachwissen und kann sich weiterentwickeln.

Was sind für Sie Highlights im Job?

Ein besonderer Moment für mich ist, wenn ich an einem Gebäude vorbeifahre, das ich selbst mit geplant habe: Davor zu stehen und zu wissen, dass ich mit meinen Berechnungen dafür gesorgt habe, dass dieses Gebäude fest und sicher auf dem Boden steht, macht mich stolz.

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