Quantencomputer sollen einmal in hohem Tempo Problemstellungen lösen, die für klassische Computersysteme nicht bearbeitbar sind. Bis die Rechner jedoch praxistauglich werden, müssen sie eine deutlich höhere Anzahl an Qubits verarbeiten und niedrigere Fehlerraten aufweisen. Ein Forschungsverbund unter Federführung von Prof. Stefanie Barz von der Universität Stuttgart entwickelt hierfür nun einen photonischen Quantenprozessor, der die Realisierung von Quantenalgorithmen mit wenigen Qubits erlaubt und perspektivisch eine schnelle Skalierung auf praxisrelevante Qubit-Zahlen ermöglichen soll.
Um neue, skalierbare Quantenprozessoren zu erforschen, gibt es die verschiedensten Ansätze: Atom- und Ionenfallen, Supraleiter, Halbleiter oder verschränkte Photonen. Im Projekt PhotonQ, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund
16 Millionen Euro gefördert wird, möchten die Universitäten Stuttgart, Würzburg, Mainz und Ulm, die Technische Universität München, das Institut für Mikroelektronik Stuttgart und die Vanguard Automation GmbH einen Prozessor für einen photonischen Quantencomputer entwickeln. Das Herz des Quantenprozessors ist ein integrierter photonischer Chip.
Ansatz des messbasiertes Quanten-Computings
Startpunkt für einen messbasierten Quantenprozessor ist ein hochverschränkter Quantenzustand. Verschränkung bedeutet, dass eine Messung an einem Teilchen den Zustand eines anderen Teilchens unabhängig von der Entfernung verändern kann. Um universelle Quantenrechnungen durchzuführen, werden an das jeweilige Rechenproblem angepasste (adaptive) Messungen an einem großen verschränkten Zustand durchgeführt. „Die Herausforderung dabei liegt darin, einen solchen Zustand in einem photonischen System mit hoher Effizienz und Qualität herzustellen und zu verarbeiten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Entwicklung integrierter optischer Bausteine und Schaltkreise. Hierbei sind vor allem optische Verluste im System so gering wie möglich zu halten. Gleichzeitig muss eine hohe Effizienz in der Erzeugung und der Detektion der Photonen gegeben sein. Dies erfordert die Entwicklung neuer oder wesentlich verbesserter Komponenten in allen Teilsystemen“, erklärt Projektkoordinatorin Prof. Stefanie Barz vom Institut für Funktionelle Materie und Quantentechnologien der Universität Stuttgart. Entsprechend sollen im Projekt PhotonQ deterministische Photonenquellen, skalierbare Silizium-Photonik-Schaltkreise, bessere Verbindungstechnik und neuartige Einzelphotonendetektoren realisiert werden.
Gesamtsystem an der Universität Stuttgart
Das Gesamtsystem des Quantenprozessors wird an der Universität Stuttgart aufgebaut. Es soll Quanten-Computing mit acht Qubits demonstrieren und die grundsätzliche Eignung des messbasierten, photonischen Funktionsprinzips nachweisen. Über die Projektlaufzeit von vier Jahren (2022 – 2025) werden vier Prozessor-Generationen entwickelt, die in ihrer Komplexität immer weiter zunehmen. Die Partner entwickeln spezielle Hardware-Bausteine oder Konzepte zur Optimierung und Charakterisierung des Prozessors auf Theorie- bzw. Softwareseite.
PhotonQ ist bereits das zweite Projekt an der Universität Stuttgart, das im Rahmen der Maßnahme „Quantenprozessoren und Technologien für Quantencomputer“ des BMBF gefördert wird. Beide Projekte unterstreichen die Forschungsstärke der Universität Stuttgart in deren Profilbereich Quantentechnologie.
Fachlicher Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Barz, Universität Stuttgart, Institut für Funktionelle Materie und Quantentechnologien, Tel. +49 711 685-65254 E-Mail