Mit einer fulminanten Aufführung des Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy begingen Akademischer Chor und Orchester der Universität Stuttgart unter der Leitung von Mihály Zeke am 16. Juli in der Stiftskirche in Stuttgart ihr 60-jähriges Jubiläum.
Ob Geburtstag, Hochzeitstag oder das Jubiläum eines nicht alltäglichen musikalischen Ensembles, 60 Jahre sind ein Grund zum Feiern. Akademischer Chor und Orchester der Universität Stuttgart können in diesem Jahr auf 60 Jahre gemeinsame Begeisterung an der Musik zurückblicken, auf Jahre, in denen große oratorische Werke in Stuttgarts Kirchen und anderswo aufgeführt wurden, luftig leichte Opern-Inszenierungen, wie etwa im Züblin-Haus in Stuttgart, auf dem Programm standen, und in aller Welt an und mit Partneruniversitäten musiziert wurde, von Australien und China bis aktuell nach Kanada und in die USA.
Technisch orientiert, dennoch musikalisch
An der Universität Stuttgart wurde schon musiziert, als sie noch Technische Universität hieß. Es war Manfred Müller-Cant, der das schon bestehende Kammerorchester und den „Akademischen Singkreis“ im Jahr 1963 zum „Akademischen Chor und Orchester der Universität Stuttgart“ erhob. Chor und Orchester sind sie heute aus der Stadt nicht mehr wegzudenken, bereichern sie doch das Musikleben Stuttgarts wie auch der Region.
In den zwei Ensembles haben sich je um die hundert Musikerinnen und Musiker zusammengefunden – Studierende wie auch Mitarbeitende aller Fakultäten der Uni Stuttgart sowie den Hochschulen rundum. Und auch Alumnis, dem Studentendasein längst entwachsen, halten Chor und Orchester die Treue. Die Amateure verbindet die Freude an der Musik und am gemeinsamen Musizieren.
Die so breit aufgestellte musikalische Aktivität vom Akademischen Chor und Orchester ist umso beeindruckender angesichts der Tatsache, dass die Universität Stuttgart traditionell ein eher technisches Profil hat“, betont Mihály Zeke, und der Universitätsmusikdirektor ergänzt: „Die Konzerte in aller Welt bringen der Universität Stuttgart international Beachtung ein – und sind in Deutschland einzigartig für ein Uniorchester.“ Von Veronika Stoertzenbach hat Mihály Zeke zum Sommersemester 2020 den Taktstock übernommen, nachdem diese über 32 Jahre die musikalischen Geschicke von Akademischem Chor und Orchester gelenkt hatte.
Zum Jubeljahr ein feuriges Oratorium
Für das Jubiläumsjahr hat Mihály Zeke kein geringeres Werk als das Oratorium Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy ausgewählt, um es zusammen mit den Musikerinnen und Musiker von Akademischem Chor und Orchester einzustudieren. „Ein Stück über Hoffnung, Zuversicht, Hingabe, Durchhaltevermögen und Trost“, führt Mihály Zeke aus: „Das passt sehr gut in die heutige Zeit.“
Der „Elias“, eines der zentralen und bekanntesten Werke Bartholdys, hat den Komponisten zehn Jahre lang beschäftigt. Die biblische Geschichte um den Propheten Elias wartet mit einem beeindruckenden Spannungsbogen auf, dessen musikalische Umsetzung dem Komponisten besonders gut gelingt. Neben dem Orchester wird nicht nur den Solist:innen eine zentrale Rolle zuteil, die Sängerinnen und Sänger des Chors begleiten und kommentieren das gesamte Geschehen.
Beeindruckendes Klangerlebnis, mitreißende Geschichte
Eine gefühlte Ewigkeit war es im imposanten Raum der Stiftskirche mucksmäuschenstill, als am Sonntag, 16. Juli, gegen 21 Uhr der letzte Ton verklungen war. Das für seine Dramatik gefeierte romantische Oratorium, für das Mendelssohn Bibelzitate des Alten Testaments nutzte, hatte die Zuhörenden in den zurückliegenden drei Stunden gepackt. Akademischer Chor und Orchester hatten sie zusammen mit den brillanten Solist:innen Dürre und Wasserknappheit, die Anbetung Baals, wie auch die große Freude über das Regenwunder Gottes mitten in der Stiftskirche erleben lassen. Dem verzweifelten Elias waren sie in die Wüste gefolgt und schließlich Zeugen seiner gewaltigen Himmelfahrt im flammenden Wagen geworden.
„Über der Perfektion steht bei jedem Stück, das wir erarbeiten, das Ziel, Emotionen auf die Bühne zu bringen“, erklärt Mihály Zeke. Und die Aufführung des Elias in der Stiftskirche bestach tatsächlich – neben der Perfektion – mit puren Emotionen. Da war der drohende Elias, der davor warnte, es werde weder Tau noch Regen geben, wenn man nicht von Baal und den Götzen ablasse. Da rief das Volk immer verzweifelter nach Baal, um dann schließlich mit seinem Dank an Gott für den Regen ein freudiges Beben in der Stiftskirche auszulösen. Im gekonnten Zusammenspiel boten Orchester und Chor, wie auch die Sopranistin Elena Harsányi, die Altistin Martha Sotiriou, der Tenor Emanuel Tomljenović und Bariton Johannes Fritsche, immer wieder ganz besondere musikalische Momente und erweckten ihre jeweiligen Rollen zum Leben.
Arbeit – Emotionen – Freude
Viel Arbeit steckt hinter so einer Aufführung, durchaus auch manch längerer Weg als bei den Profis, räumt Mihály Zeke ein. Zusammen mit den leidenschaftlichen Sänger:innen und Instrumentalist:innen von Chor und Orchester ein Stück gemeinsam zu entdecken, zu bearbeiten und schließlich auf die Bühne zu bringen, sei jedoch stets eine überaus spannende und durchaus auch mit viel Spaß verbundene Arbeit: „Hier geht es um Begeisterung und Freiwilligkeit, kombiniert mit enormem Einsatz, und wenn das große Ziel erreicht ist, dann ist die Freude riesig.“ Begeisterungsfähige Sängerinnen und Sänger wie auch Musikerinnen und Musiker sind übrigens immer willkommen.
Beste Aussichten
Im Jubiläumsjahr steht die Arbeit an der Auferstehungssinfonie, der Sinfonie Nr. 2, von Gustav Mahler an. Den Aufführungstermin kann man sich schon notieren: 11. Februar 2024 in der Stuttgarter Liederhalle. Ein großes musikalisches Werk mit großer Besetzung, das den Blick nach oben richtet, von Hoffnung und Befreiung der Seele erzählt, „und für Orchester und Chor gleichermaßen befriedigend ist“, merkt Mihály Zeke an. Der Universitätsmusikdirektor ist darauf bedacht, stets allen Mitwirkenden von Akademischem Chor und Orchester die Freude an der Musik zu vermitteln. Beste Voraussetzungen für die nächsten Jubiläen.