Förderer ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit dem Förderaufruf „Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie für das Fahrzeug der Zukunft“.
Urbaner Verkehr ist durch begrenzte Verkehrsflächen, variierende Verkehrsströme und unterschiedliche Verkehrsteilnehmer*innen gekennzeichnet. Trotz zunehmender Automatisierung und Vernetzung des Verkehrs stellt die Mehrfachnutzung von Verkehrsflächen für ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen (auf Englisch vulnerable road user, kurz: VRU) aktuell und langfristig ein großes Risiko dar. VRU beschreibt jene Verkehrsteilnehmenden, die im Straßenverkehr einer größeren Gefahr ausgesetzt sind, da sie nicht von einer schützenden Hülle wie beispielsweise einer Karosserie umgeben sind. Dazu zählen beispielsweise Menschen, die sich zu Fuß fortbewegen oder das Fahrrad als Verkehrsmittel wählen. Um den automatisierten Verkehr so sicher wie möglich zu gestalten, muss die Verletzungsschwere besonders gefährdeter Kollisionspartner bei unvermeidbaren Unfällen bestmöglich reduziert werden. Ziel des anwendungsnahen Forschungsprojektes ATTENTION ist es, mit Hilfe lernender Algorithmen eine Methode zur Echtzeit-Verletzungsprognose von VRU zu entwickeln.
Dazu werden datengetriebene Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) genutzt, um aus Videodaten des automatisierten Fahrzeugs, virtuellen Tests und digitalen Modellen von Menschen ein Verletzungsrisiko für die jeweilige Situation zu bestimmen. Durch Strategien der Risikominimierung des automatisierten Fahrzeugs kann so sicherer und auch effizienterer Verkehr ermöglicht werden. Prof. Dr. Syn Schmitt und sein Team am Institut für Modellierung und Simulation Biomechanischer Systeme der Universität Stuttgart setzen an eben jenem Punkt an. Die Forschung eines digitalen Menschmodells spiegelt auch die Vision des Exzellenzclusters SimTech wider und schlägt gleichzeitig die Brücke zwischen der Simulationswissenschaft und dem Forschungsschwerpunkt von Cyber Valley. Einerseits werden die entwickelten Ganzkörper- und Teilmodelle des Menschen verwendet und andererseits mit KI-Methoden Bewegungen dieser Modelle und somit synthetische Trainingsdaten erzeugt. Diese Trainingsdaten dienen dazu ein schnell auswertbares und vorhersagendes Verletzungsmodell verschiedener Kollisionen aufzustellen. Wichtig ist dabei zu berücksichtigen, wer in einem solchen Crash aufeinandertrifft. „Das Projekt erlaubt uns, den Realtest unserer Modelle und Berechnungsverfahren in einem anwendungsnahen Forschungsumfeld einzuleiten, mit dem Ziel, dass die Industriepartner den Transfer in die Anwendung vorantreiben. Ich freue mich darauf und bin auf das Ergebnis gespannt“, so Syn Schmitt.
Wesentliche Ergebnisse des Projekts sind unter anderem der Aufbau einer Positions- und Bewegungsdatenbank für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen. Dabei werden Daten der Bosch Unfallforschung analysiert und als Grundlage für eine biomechanische und KI-basierte Bewegungsvorhersage eingesetzt. Eine Crashsimulation liefert im Anschluss potentielle Verletzungsmuster, die mit Realunfalldaten verglichen werden und in einer weiteren Kollisions- und Verletzungsdatenbank abgelegt werden. Für die Prognose wird mittels KI-Verfahren ein Verletzungsrisikoindex erstellt, auf Basis dessen weitere Maßnahmen abgeleitet werden. Die Umsetzung findet in einem virtuellen Demonstrator statt.
Das Projekt wird vom TÜV Rheinland administriert. Weitere Projektpartner sind industrieseitig die Robert Bosch GmbH und QualityMinds GmbH. Als Forschungsinstitute sind das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik (EMI) und das Institut für Modellierung und Simulation Biomechanischer Systeme der Universität Stuttgart vertreten. Als assoziierter Partner wirkt die Mercedes-Benz AG am Projekt mit.
Auf einen Blick:
- Projektdauer: 07/2021 – 06/2024
- Förderkennzeichen: ATTENTION 19A21027A
- Förderprogramm: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
- Forschungsprogramm: „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologie“
- Konsortialpartner:
- Assoziierte Partner: Mercedes Benz AG