Internationale Studierende bereichern die Forschung und Kultur einer Universität. Der DAAD würdigt diese Bereicherung durch die Vergabe eines jährlichen Preises an herausragende ausländische Studierende.
In diesem Jahr wählte das Dezernat für Internationales an der Universität Stuttgart Candy Adusei aus. Neben ihrem Masterabschluss in English and American Studies engagierte sie sich ehrenamtlich im PowerST-Projekt, eine Initiative zur Unterstützung von Studierenden aus Nicht-Akademikerfamilien.
Wie kamen Sie dazu, English and American Studies zu studieren und wie hat es Ihnen gefallen?
Ich habe meinen Bachelorabschluss in Politikwissenschaft und Englisch an der Universität Ghana gemacht. Ich hatte also die Grundlagen in Englisch und beschloss, diesen Bereich weiterzuverfolgen. Also begann ich zu recherchieren und erfuhr von Prof. Titus von der Malsburg, der auf dem Gebiet der kognitiven Linguistik bekannt ist, und ich dachte: Ich könnte studieren, wie das Gehirn Sprache verarbeitet. Wie cool ist das denn? Ich habe mich wegen der Fakultät an der Universität Stuttgart beworben, damit ich in Titus Forschungsgruppe mitarbeiten konnte.
Jede Minute des Programms war fantastisch. Ich bin überglücklich, dass ich mit so herausragenden Köpfen arbeiten konnte. Das Beste daran war, dass die Fakultät mich dazu angetrieben hat, mich zu verbessern. Immer wenn ich mit einem Problem zu ihnen ging, sagten sie mir: Sie können das lösen. Hier sind die Ressourcen, die Ihnen helfen könnten. Ich möchte, dass Sie mit einer Lösung wiederkommen. Die Dozierenden ermöglichten uns, mutiger und aufgeweckter zu sein. Dank ihnen bin ich zu einer vielseitigen Person geworden.
Als ich meine Masterarbeit schrieb, stellte ich fest, dass ich schwanger war. Auch hier half mir die Fakultät enorm: Alle haben mich sehr unterstützt, besonders als mein Baby im zweiten Trimester zu früh zu kommen drohte. Meine Professor*innen haben sich viel Zeit für mich genommen und mir Hilfe geboten, wo es ging. Mit ihrer Unterstützung konnte ich meine Masterarbeit an der Goethe-Universität in Frankfurt präsentieren.
Wie war es für Sie, in Stuttgart anzukommen?
Ich kam im April nach Stuttgart, im Sommersemester – und an meinem ersten Tag hier schneite es heftig. Ich dachte: Ist das der Sommer in Deutschland? Aber jetzt weiß ich, dass der April macht, was er will. In meinem Land ist es das ganze Jahr über warm, also habe ich meinen ersten Winter hier in Deutschland erlebt.
Was das Essen betrifft, habe ich auch einiges dazugelernt. Da wo ich herkomme, ist alles scharf, aber jetzt bin ich so sehr von der Mensa und überall sonst „eingedeutscht“ worden, dass ich scharfes Essen nicht mehr so gewöhnt bin.
Aber diese Dinge waren überhaupt nicht schlimm, denn ich hatte eine Menge Unterstützung vom International Office. Sie halfen mir wirklich, mich zu akklimatisieren und mich in das Universitätsleben zu integrieren. Ich habe den Kulturschock begrüßt: Ich spielte „Flunkyball“ und erlebte viele andere Dinge, die mir Spaß machten.
Neben Ihrem Studium haben Sie sich auch ehrenamtlich engagiert, insbesondere für das PowerST-Projekt. Diese Initiative hilft Studierenden aus Nicht-Akademikerfamilien. Was haben Sie dort gemacht und warum war diese Arbeit für Sie von Bedeutung?
Bevor ich begann, mich beim PowerST-Projekt zu engagieren, war ich in meinem Fachbereich bereits als Mentorin für Studierende im ersten Studienjahr und für Masterstudierende tätig. Manchmal holte ich sie vom Flughafen ab und brachte sie zu ihren Unterkünften. Bei diesem Job erkannte ich, dass für Studierende aus Nicht-Akademikerfamilien mehr auf dem Spiel stand. Immer wenn sie in einer Notlage waren, hatten sie niemanden zu Hause, der verstehen konnte, was sie durchmachten. Ich komme selbst aus einer Nicht-Akademikerfamilie, also weiß ich, wie sich das anfühlt.
Ich habe mich an die Organisatoren gewandt und ihnen gesagt, dass ich freiwillig an dem Projekt mitarbeiten wollte, da ich bereits Kontakt zu Studierenden aus Nicht-Akademikerfamilien an der Universität Stuttgart hatte. So bin ich zum PowerST-Projekt gekommen.
Wir konnten eine Frage in die Bewerbung der Studierenden aufnehmen: ob die Person aus einer Nicht-Akademikerfamilie stammt. Daraus haben wir eine Liste aller Studierenden aus Nicht-Akademikerfamilien an der Universität erstellt. Ich organisierte eine zwanglose Orientierungsveranstaltung. Wir wandten uns dann fakultätsübergreifend an alle Professorinnen und Professoren, die ebenfalls aus Nicht-Akademikerfamilien stammen, damit die Studierenden mit ihnen sprechen und ihnen Fragen stellen konnten. Danach arbeiteten wir als Hilfezentrum, das die Beschwerden und Probleme der Studierenden an die entsprechenden Fachbereiche weiterleitete.
Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der sich während eines Vollzeitstudiums ehrenamtlich engagieren möchte?
Achte darauf, dass alles, was du ehrenamtlich tust, dich psychisch nicht belastet. Sieh es als etwas, das dich bereichern und dich glücklicher machen soll. Denk auch an dich selbst, an das, was du tun kannst, und mach nicht mehr, als du bewältigen kannst. Auf diese Weise bleibt die ehrenamtliche Arbeit eine positive Erfahrung.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Ich würde gerne promovieren. Derzeit ist dies eher nicht möglich, weil mein Fachbereich nicht über die Mittel verfügt. Also habe ich mir andere Universitäten angesehen. Die meisten von ihnen führen jedoch gemeinsame Programme mit anderen Ländern durch, und aufgrund meiner Aufenthaltserlaubnis kann ich nicht zu lange aus Deutschland ins Ausland reisen. Mein Plan B ist, im Verwaltungsbereich zu arbeiten, wie z.B. im Projektmanagement oder als Verwaltungsassistentin. Ich glaube, dass meine Erfahrungen meine Fähigkeiten in der Planung und Organisation verbessert haben. Mich zieht es immer noch in die Forschung – auch wenn es nicht jetzt klappt, möchte ich in Zukunft wieder in die Wissenschaft zurückkehren.
Die Online Educa Berlin (OEB) hat Adusei für das Programm „30 unter 30“ ausgewählt, das junge Berufstätige auszeichnet, die offenes, nachhaltiges und integratives Lernen in ihrer Arbeit verkörpern.
Studierende aus Nicht-Akademikerfamilien finden Unterstützung beim PowerST-Projekt.
Kontakt
Verena Weber
Volontärin