Wissenschaftler der Forschungsgruppe Mikro, Nano und Molekulare Systeme am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und des Instituts für Physikalische Chemie der Universität Stuttgart haben einen digitalen Chip entwickelt, der Filmsequenzen mit Ultraschall herstellen kann. Darüber berichten die Forschenden in einem Beitrag im renommierten Magazin “Nature Communications”. Der Ultraschallprojektor basiert auf einem speziellen Mikrochip, der am Institut für Mikroelektronik Stuttgart (IMS CHIPS) entwickelt und gefertigt wurde. Der Chip erzeugt gezielt Mikrobläschen, die sich (über den Chip) digital in schneller Abfolge ein- und ausschalten lassen. Dies ermöglicht es erstmals, hochauflösende holografische Abbildungen zeitaufgelöst darzustellen.
Ultraschall wird in vielen Bereichen angewendet, von medizinischer Bildgebung über industrielle Messtechnik bis hin zu Gewebeentfernung bei Operationen oder Therapien. Während es jedoch zur Detektion und Analyse von Ultraschall ausgereifte Technologien gibt, steht die Erzeugung und Projektion dieser hochfrequenten Schallwellen noch am Anfang. Typischerweise bestehen Ultraschall-Systeme aus wenigen Schallgeneratoren, die zwar einen Strahl beugen oder fokussieren können, aber nicht in der Lage sind, beliebige Motive wie zum Beispiel Bilder zu projizieren.
Genau dies ist den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme sowie der Universität Stuttgart und des Stuttgarter Instituts für Mikroelektronik (IMS_CHIPS) nun erstmals gelungen. Sie haben ein System entwickelt, mit dem komplexe akustische Bilder in Wasser projiziert und dynamisch ohne großen Zeitversatz verändert werden können. Dieser neuartige Ultraschall-Projektor basiert auf einem speziell angepassten CMOS-Computerchip, welcher durchlaufende Schallwellen dynamisch modulieren kann. Mit ihm wurde nun der erste Film mit von Ultraschall erzeugten Bildern produziert.
Deutlich ausgereiftere Ultraschall-Muster
Der Ultraschall-Projektor hat die Fähigkeit, räumliche akustische Felder und damit ausgereiftere Muster aus fokussiertem Ultraschall zu projizieren und dynamisch zu erneuern. “Diese Technik kann beispielsweise hilfreich sein, wenn man Ultraschall nur auf eine eng begrenzte Zielregion anwenden und vorsichtig darauf einstellen will – so wie es in medizinischen Anwendungen wünschenswert ist”, sagt Zhichao Ma, Erstautor der in Nature Communications erschienenen Forschungsarbeit.
Der CMOS-Chip verfügt über 10.000 winzige, vergoldete Elektroden, die als Matrix auf der Chip-Oberfläche angeordnet sind und über die in den Chip integrierte Elektronik einzeln digital angesteuert werden können. Die Chip-Oberfläche ist mit einer wässrigen Lösung in Kontakt. Wird nun an eine Elektrode eine Spannung angelegt, fließt ein Strom und durch Elektrolyse wächst eine winzige Blase an der Elektrodenoberfläche. Da schon eine sehr dünne Luftschicht den Ultraschall in Wasser blockiert, verhält sich jede Mini-Blase wie ein örtlicher Schallschutz. Indem der CMOS-Chip diese Mini-Blasen nur an bestimmten Stellen erzeugt, bildet er quasi eine Maske, welche die Stellen einschränkt, durch die der Schall hindurchfließen kann. Diese Maske kann wie ein digitales Hologramm geformt werden, so dass die ausgehende akustische Welle jedes gewünschte akustische Bild erzeugen kann. Darüber hinaus können die Blasen auf dem Chip weggewischt und neu arrangiert werden, um das nächste holographische Bild zu erzeugen. Letztendlich führt dann ein Bild nach dem anderen zu einem Ultraschall-Film.
Die Forschenden sind sich sicher, dass ihr neuartiges Instrument neue Anwendungen ermöglicht. So könnten sich zum Beispiel mit Hilfe gut kontrollierbarer akustischer Kräfte kleine Objekte verändern lassen. In einem Experiment haben sie bereits Polymerteilchen in verschiedene Formen arrangiert, die sich über die Zeit verändern, und sogar lebende Zellen lassen sich mit Hilfe von akustischen Hologrammen arrangieren.
Fachlicher Kontakt:
Prof. Peer Fischer, Institut für Physikalische Chemie (IPC), Tel.: 0711/ 685-64140, E-Mail
Original-Publikation: “Spatial ultrasound modulation by digitally controlling microbubble arrays”, Zhichao Ma, Kai Melde, Athanasios G. Athanassiadis, Michael Schau, Harald Richter, Tian Qiu and Peer Fischer, Nature Communications, 2020.