Ausländische Studierende bereichern nicht nur die Forschung, sondern auch die Kultur einer Universität. Um dies zu würdigen, stellt der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) jährlich Mittel zur Vergabe eines Preises an hervorragende ausländische Studierende zur Verfügung.
Dieses Jahr hat das Dezernat Internationales Skander Kamoun ausgewählt. Der Preisträger aus Tunesien promoviert und forscht seit September 2023 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Aerodynamik und Gasdynamik (IAG) in der Gruppe Luftfahrzeugaerodynamik. Neben seiner fachlichen Qualifikation erhält er den Preis vor allem aufgrund seines breiten sozialen Engagements. So setzte er sich bei AIESEC für den interkulturellen Austausch zwischen Studierenden ein und war Mitglied in der tunisischen Gruppe des Online Netzwerkes IVAO.
Warum haben Sie den Studiengang Luft- und Raumfahrttechnik gewählt? Was begeistert Sie an der Luft- und Raumfahrt?
Den Studiengang Luft- und Raumfahrttechnik habe ich gewählt, da ich mich sehr für die Luftfahrt interessiere. Flugzeuge haben mich schon seit langem fasziniert und ich habe während der Jahre im Gymnasium entschieden, dass ich genau das nach dem Abitur studieren möchte. Ich bin vor allem von dem Zusammenspiel der Phänomene begeistert, die das Fliegen ermöglichen. Diese Faszination hat im Laufe der Zeit auch nicht nachgelassen.
Welche Ziele verfolgen Sie momentan?
Während des Studiums richteten sich meine Interessen mehr auf die Aerodynamik und Strömungssimulation und ich habe mich während des Masters darauf spezialisiert. Vor kurzem habe ich angefangen, am Institut für Aerodynamik und Gasdynamik bei der von Dr. Thorsten Lutz geleiteten Luftfahrzeugaerodynamik-Gruppe zu promovieren. Ich arbeite im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe FOR 2895. Sie hat das Ziel die an der Flugbereichsgrenze von Verkehrsflugzeugen auftretenden zeitlich veränderlichen Phänomene und Wechselwirkungen numerisch und experimentell zu erforschen.
Was ist der größte Unterschied zwischen Stuttgart und Ihrem Geburtsort in Tunesien?
Sfax ist die Stadt, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Mit Blick auf die Einwohner würde ich sagen, dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den Schwaben und den „Sfaksi“ gibt. Beide werden als fleißig und sparsam beschrieben. Der Spruch „schaffe schaffe Häusle baue“ könnte man genauso gut in Sfax anwenden. Allerdings unterscheiden sich beide Städte zum Beispiel hinsichtlich der Mobilität. Während in Stuttgart nennenswerte Summen in den ÖPNV und die Fahrradinfrastruktur investiert werden, werden in Sfax ausschließlich neue Straßen gebaut. Der Unterschied ist dann markant zu spüren, wenn man vergleicht, welche Alternativen zur Verfügung stehen, um sicher und zuverlässig von A nach B zu fahren.
Sie haben sich in der Vergangenheit bei AIESEC für den interkulturellen Austausch zwischen Studierenden eingesetzt? Warum ist das so wichtig?
AIESEC bietet Studierenden die Gelegenheit ins Ausland zu gehen, um Praktika zu absolvieren oder an sozialen Projekten teilzunehmen. Das ermöglicht Studierenden Einblicke in andere Länder und Kulturen. Es wird Wert daraufgelegt, andere Herangehensweisen bei Problemlösung zu erlernen, zum Beispiel durch die gemeinsame Bearbeitung von sozialen Projekten in den Zielländern. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass manche Aspekte, die in Deutschland vielleicht als selbstverständlich erachtet werden, in anderen Ländern anders wahrgenommen werden. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen können in denselben Situationen anders handeln. Auslandserfahrungen sind daher wichtig, um unter anderem ein gewisses Verständnis dafür zu entwickeln. Ich möchte Studierende ermutigen ins Ausland zu gehen und ich möchte sie bei dem Prozess unterstützen. Natürlich bieten solche relativ kurzen Aufenthalte nur einen kleinen Einblick in ein Land, aber ich bin davon überzeugt, dass diese Erfahrungen zumindest zum Nachdenken über den Umgang mit anderen Kulturen anregen.
Unter anderem waren Sie Mitglied im Online Netzwerk IVAO: An welchen Projekten haben Sie dort mitgearbeitet?
Da das virtuelle Fliegen und die Hobby-Flugsimulation in Tunesien bisher wenig bekannt sind, war ich bei IVAO in der tunesischen Gruppe aktiv. Ich habe mich vor allem damit beschäftigt, neue Mitglieder in der Gruppe zu integrieren und ihnen die Grundlagen zu erklären. Außerdem war ich bei der Organisation von Veranstaltungen beteiligt, bei denen echte Flugbetriebe an tunesischen Flughäfen simuliert werden. Das Ziel ist, diese so realitätsnah wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig wollen wir allen die Möglichkeit geben, ihre Kenntnisse in der Flugführung sowie in der Luftfahrttechnik zu vertiefen.
Was raten Sie jungen Menschen, die sich in einem Ehrenamt engagieren wollen?
An der Universität hat man verschiedene Gelegenheiten für ehrenamtliches Engagement. Daher ist es entscheidend zu wissen, wofür man sich gerne einsetzen möchte. Dabei sollte man sich vielleicht folgende Fragen stellen: Welches Ehrenamt passt gut zu meinen eigenen Werten? Welche Ziele will ich mit dem Ehrenamt erreichen? So bleibt man auf alle Fälle motiviert. Man kann bei verschiedenen Hochschulgruppen und Organisationen nachfragen und das Engagement ausprobieren, bis man das passende für sich findet. Außerdem würde ich raten, sich am Anfang nicht zu viel vorzunehmen und die Arbeit schrittweise auszubauen. Damit kann man sicher sein, dass man das Studium, das Engagement und sonstige Nebentätigkeiten unter einen Hut bringen kann.