Produktivere und selektivere Katalysatoren sind das Ziel des neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) 1333 an der Universität Stuttgart, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in ihrer Senatssitzung vom 17. Mai 2018 bewilligt hat. Damit ist die Universität Stuttgart aktuell bei fünf SFB und drei Transregios Sprecherhochschule.
Rektor Prof. Wolfram Ressel kommentiert den Erfolg erfreut: „Mit der Sprecherrolle bei aktuell acht Sonderforschungsbereichen und Transregios bestätigt die Universität Stuttgart erneut ihre Stellung als herausragende Forschungsuniversität sowie die Stärke des Stuttgarter Wegs der vernetzten Disziplinen. In die Projekte des neuen SFB fließt neben den Kompetenzen und Analysemethoden der Fakultät Chemie sowie des Max Planck-Instituts für Festkörperforschung insbesondere auch die Expertise der Universität Stuttgart auf ihrem strategischen Forschungsfeld der Simulationswissenschaften sowie in den Materialwissenschaften ein.“
SFB 1333 Molekulare heterogene Katalyse in definierten, dirigierenden Geometrien
Sprecher: Prof. Michael R. Buchmeiser, Institut für Polymerchemie, Universität Stuttgart, Tel. +49 711 685-64075,
E-Mail: michael.buchmeiser@ipoc.uni-stuttgart.de
Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, weiß es: Katalysatoren sind Stoffe, die chemische Reaktionen beschleunigen und dafür sorgen, dass gezielter und schneller das gewünschte Produkt entsteht. Katalytische Verfahren sparen somit Ressourcen, Energie und letztendlich auch viel Geld. Die chemische und pharmazeutische Industrie nutzt sie für mehr als 80 Prozent ihrer Produkte – von Verpackungsmaterialien wie Polypropylen über Düngemittel bis zum bekannten Schmerzmittel Ibuprofen.
Doch Katalysatoren sind keine Erfindung der chemischen Industrie. In der Natur sind sie seit jeher die Treiber vieler lebensnotwendiger Prozesse, zum Beispiel der Hefegärung. Ein besonders erfolgreiches Konzept, das bisher nur in der Natur zufriedenstellend gelingt, ist die gezielte Nutzung von Hohlräumen zur Steuerung der Katalyse. Dieses Konzept will der SFB 1333 nun auf chemische Katalysatoren übertragen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen dabei an der molekularen heterogenen Katalyse an, einem chemischen Verfahren, bei welchem ein löslicher Katalysator über einen Linker auf einem festen Trägermaterial gebunden wird und somit als Feststoff, also heterogen in der Reaktionslösung vorliegt. Die Kunst besteht nun darin, möglichst viele Katalysatormoleküle pro Gramm Trägermaterial zu binden. Dies gelingt mithilfe poröser Materialien, die besonders große Oberflächen haben. Das Verfahren wird jedoch nur wenig genutzt, weil die Wechselwirkungen des Katalysators mit dem Trägermaterial dessen Produktivität bisher eher negativ beeinflussen und nicht genau vorhergesagt werden kann, welche Reaktionen tatsächlich beschleunigt werden (Selektivität).
Biokatalysatoren dagegen besitzen neben ihrem aktiven Zentrum immer auch einen definierten, dirigierenden Hohlraum als Reaktionsumgebung und erreichen dadurch exzellente Selektivitäten und Produktivitäten. Hierfür sind mehrere Effekte verantwortlich: So ist die Konzentration der Ausgangsstoffe im Bereich des katalytischen Zentrums erhöht. Zudem kann der beschränkte Raum dazu führen, dass die Reaktanten gezielt nur in einer bestimmten Weise an den Katalysator gebunden oder Nebenprodukte der Reaktion beschleunigt abtransportiert werden.Um diese Effekte grundlegend zu verstehen und für chemische Katalysatoren nutzbar zu machen, arbeiten in dem neuen SFB Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Katalysechemie, den Materialwissenschaften, der Physik, den Simulationswissenschaften sowie der Analytik eng zusammen. Synergien sind auch durch die enge Anbindung an den Exzellenzcluster Simulation Technology (Simtech) sowie an den bestehenden SFB 1313 an der Universität Stuttgart zum Thema Transportprozesse in Porösen Medien zu erwarten. Ziel ist es, für jede Reaktion maßgeschneiderte Katalysator-Träger Hybride mit verbesserter Produktivität und Selektivität zu entwickeln. Dies kann auch einen Zugang zu anspruchsvollen chemischen Transformationen eröffnen, wie solchen zwischen Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen. Zudem sollen katalytische Reaktionen mit unreaktiven Molekülen möglich werden, wie etwa mit Stickstoff und Kohlenstoffdioxid.