Förderpreis für eine kooperative Bibliothek der Zukunft

27. Oktober 2022

[Bild: Wolfgang List]

„Bibliothek kann und muss anders gelebt werden.“, erklärt Dr. Helge Steenweg, Leiter der Universitätsbibliothek der Universität Stuttgart. Aus diesem Grund riefen die Bibliotheken der Universität Stuttgart, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) sowie der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) das Projekt C-HUB ins Leben – ein Kooperationsprojekt, aus dem innovative Ideen für ein gemeinsames Bibliotheks-Raumkonzept der Zukunft entstanden. Dafür wurden die Hochschulen am 19. Oktober mit dem Förderpreis des Deutschen Bibliotheksverbands e.V. ausgezeichnet. Helge Steenweg erzählt im Interview, wie die Vision C-HUB entstanden ist und was die Bibliothek der Zukunft für ihre Nutzer*innen bereithält.

Herr Steenweg, Sie haben als Leiter der Universitätsbibliothek auf dem Campus Stadtmitte das Projekt maßgeblich mitgestaltet. Was ist C-HUB und was steckt dahinter?

C-HUB steht für Campus-HUB. Dahinter steckt die Idee eines Ortes der Begegnung und Wissensaneignung für alle Hochschulangehörigen sowie für die interessierte Stadtgesellschaft im Herzen Stuttgarts. Gemeinsam mit der Stuttgarter Hochschule für Technik und der Dualen Hochschule Stuttgart arbeiten wir bereits seit 2019 an diesem partnerschaftlichen Kooperationsprojekt.

Im ersten Schritt haben wir unsere Visionen in einer Machbarkeitsstudie zu anwendbaren Ideen ausgearbeitet. Im selben Zuge haben wir uns überlegt, was unser Publikum braucht, um einen Ort zu schaffen, der die wachsenden Bedürfnisse unserer Besucher*innen erfüllen kann. Dazu haben wir gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern ein Konzept entworfen, das die klassische Bibliothek weiterdenkt. Klar ist, wir wollen mehr sein als „nur“ eine Bibliothek. Wir möchten einerseits Lern- und Informationszentrum für Studierende und Wissenschaftler*innen sein, das sowohl analog als auch digital funktionieren kann. Andererseits wollen wir die Anbindung der Bibliothek an die Bürger*innen der Stadt Stuttgart stärken. Mit dem Lindenmuseum und der Liederhalle in nächster Nähe können wir so zu einer attraktiven Kulturmeile werden. Die Nähe zum Zentrum, dem Hauptbahnhof und der städtischen Infrastruktur bietet dafür auf dem Campus Stadtmitte der Universität Stuttgart eine hervorragende Lage.

Was erwartet mich als Bibliotheksbesucher*in im Campus-HUB?

Als Besucher*in erwartet Sie ein Forum der Wissenschaftskommunikation – zumindest ist das unsere Vision. Was solch ein Ort bietet, haben wir konkret in unserer Machbarkeitsstudie festgehalten.

Eines unserer Ziele ist es, auf dem Campus Stadtmitte mehr Lernplätze schaffen, die sowohl digital, analog als auch zukünftig hybrid genutzt werden können. Studierende kommen nach wie vor in die Bibliothek, um in Lerngruppen zu arbeiten. Die Besuchszahlen aus dem Jahr vor der Pandemie – 1,2 Millionen Besuche in der UB Stuttgart – sprechen für sich. Darunter befinden sich natürlich nicht nur Studierende, sondern auch Wissenschaftler*innen und Stuttgarter Bürger*innen, denn Anziehungspunkt ist nicht allein unser Informationsangebot. Zum einen haben wir hier die Räumlichkeiten, um Tagungen für ein wissenschaftliches Publikum auszurichten. Zum anderen sind wir ein Kompetenzzentrum für rund 35 Uni-Sammlungen in den Instituten, darunter nicht nur Bücher, sondern auch antike Münzen, Navigationsgeräte aus der Luft- und Raumfahrt oder mathematische Modelle, die wir bereits jetzt in Ansätzen digital darstellen können. Mit der Modernisierung und baulichen Erweiterung der Universitätsbibliothek wollen wir Zugang zu einem Wissensquartier schaffen, an dem Wissenschaft und Stadtgesellschaft zusammenkommen.

In einer Wabenkonstellation sind die Services und räumlichen Bezüge im C-HUB dargestellt, zum Beispiel die Buchausleihe oder der Bestand und das Magazin.
Mit einem analogen, digitalen und künftig auch hybriden Angebot möchte die Bibliothek nach dem C-HUB-Modell nicht nur Universitätsangehörige, sondern auch die Stuttgarter Stadtgesellschaft ansprechen.

Wie wird es mit Campus-HUB nun weitergehen? 

Für mich steht fest, es kann nicht dabei bleiben, Visionen lediglich an die Wand zu zeichnen. Gemeinsam mit der DHBW und der HFT bereiten wir Pläne für eine potentielle Umsetzung vor. Dazu gehört, mit den Stakeholdern und zuständigen Stellen die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie weiter zu konkretisieren und die Fortführung der Pläne durch einen Projektantrag C-HUB 2 beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu beantragen. Im Anschluss möchten wir mit Unterstützung externer Berater*innen, beispielsweise Architektenbüros, ein Raumkonzept entwerfen für die konkrete Umsetzung unserer Visionen in die Praxis.

Was bedeutet der Preis für Sie und Ihre Kooperationspartner?

Die Auszeichnung zeigt uns: Unsere Ideen stoßen auf Interesse und sind zeitgemäß. Sie bedeutet aber auch, dass wir als Bibliothek in einem neuen Sinne gebraucht werden. Das motiviert uns umso mehr, unsere Ziele weiter zu verfolgen und uns für ihre Umsetzung einzusetzen.

 

Die Hochschulkommunikation der Universität Stuttgart bedankt sich bei Herrn Steenweg für das aufschlussreiche und spannende Interview.

Dieses Bild zeigt Jacqueline Gehrke

Jacqueline Gehrke

 

Redakteurin Wissenschaftskommunikation

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