„Ich freue mich über diese Auszeichnung, die bislang nur wenigen deutschsprachigen Forschenden zuteilgeworden ist“, sagt Staab. Der 54-Jährige untersucht, wie sich Computer dazu bringen lassen, komplexe Probleme zu lösen, indem sie aus Daten und Wissen lernen. „Bislang lernt eine Künstliche Intelligenz aus Daten. Sie reichen aber oft nicht aus, um einen Algorithmus umfassend zu trainieren“, erklärt Staab. „Mein Team und ich untersuchen daher, wie sich dieses Problem mit vorhandenem Wissen lösen lässt, das wir bislang nur unzureichend nutzen.“ Diese Frage verfolgt der Informatiker in interdisziplinärer Zusammenarbeit an der Universität Stuttgart, im Exzellenzcluster „Daten-integrierte Simulationswissenschaft“ (SimTech) und im Cyber Valley, Europas größtem KI-Forschungskonsortium aus Wissenschaft und Wirtschaft.
Bessere Simulationen für Kunstdünger und Krebs
An den Beispielen Kunstdünger und Krebs lässt sich Staabs Forschung illustrieren. Für Landwirtschaft und Gesellschaft wäre es optimal, wenn nur die minimal nötige Menge an Kunstdünger auf ein Feld ausgebracht würde, um die erforderliche Konzentration im Boden zu erreichen. Das ist aber gar nicht so einfach, weil die Bedingungen in den Böden sehr stark variieren. Auch beim Krebs gibt es große Variationen: Der eine Tumor wächst verästelt, der andere bleibt kompakt. Für die weitere Behandlung ergeben sich daraus jedoch unterschiedliche Implikationen. In SimTech arbeiten nun Forschende wie Staab an der Entwicklung von Simulationen, die solche komplexen Vorgänge besser prognostizierbar machen.
„Oft wissen wir nicht, welcher Teil der komplexen mathematischen Beschreibung – nichts anderes ist ja der Ausgangspunkt für eine Simulation – für aussagekräftige Ergebnisse besonders relevant ist“, erklärt Staab. Das wäre aber wichtig für die Simulation. „KI-Algorithmen helfen uns dann weiter, allerdings müssen wir diese ja mit Daten trainieren – und das sind eben oft zu wenige“, so der Informatiker. „Wenn wir aber zusätzlich existierendes Wissen nutzen könnten, ließen sich die Simulationen stringenter und realitätsnäher durchführen.“ Dieses Wissen liegt tatsächlich oft aus Labormessungen vor, die andere Forschende – teils schon vor vielen Jahren – durchgeführt haben, sowohl bei Kunstdüngern als auch bei Tumoren. „Unseren Ansatz könnte man auch als Knowledge-infused Simulation Science bezeichnen“, sagt Staab.
Über die Association for Computing Machinery
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Über Prof. Steffen Staab
Steffen Staab, geboren 1970 in Würzburg, studierte Informatik und Computerlinguistik an der Universität Erlangen-Nürnberg und an der University of Pennsylvania. 1998 promovierte er an der Universität Freiburg in Informatik. Danach war er am Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart sowie am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) tätig und wechselte später an die Universität Karlsruhe (heute: KIT). 2004 wurde Staab zum Professor für Datenbanken und Informationssysteme an der Universität Koblenz-Landau ernannt, wo er 2009 das Institute for Web Science and Technologies (WeST) gründete. Seit März 2015 hält er zudem einen Chair for Web and Computer Science an der University of Southampton.
Im Februar 2020 trat Staab eine Cyber-Valley-Professur für Analytical Computing an der Universität Stuttgart an. Er ist Gründer des Instituts für Künstliche Intelligenz der Universität und dessen geschäftsführender Direktor sowie einer der beiden Sprecher des Exzellenzclusters SimTech.
Fachlicher Kontakt:
Prof. Steffen Staab, Universität Stuttgart, Institut für Künstliche Intelligenz, Tel.: +49 711 685-88100, E-Mail
Lydia Lehmann
Stellvertretende Leiterin Hochschulkommunikation
Steffen Staab
Prof. Dr.Geschäftsführender Direktor