Den fliegenden Schneider von Ulm, Albrecht Ludwig Berblinger, hätte dieser Entwurf sicherlich genauso überzeugt wie die Jury der Stadt Ulm, die am Freitag den Berblinger Preis 2016 verlieh: ECO4, der Entwurf eines sparsamen und energieeffizienten Viersitzer-Flugzeugs, landete auf dem ersten Platz. Entwickelt hat den Hybridflieger ein Team vom Institut für Flugzeugbau (IFB) der Universität Stuttgart.
Im Rahmen des feierlichen Festakts im Ulmer Rathaus verlieh Oberbürgermeister Gunter Czisch den Preis an die vier Entwickler Ingmar Geiß, Jonas Lay, Len Schumann und Prof. Andreas Strohmayer, die am Lehrstuhl für Flugzeugentwurf forschen. Zur Ehrung kommt ein Preisgeld in Höhe von 23.000 Euro dazu. Wettbewerbsthema war die Entwicklung innovativer Konzepte für einen umweltschonenden Langstreckenflug.
Zwei Fünftel weniger Kraftstoff als vergleichbare Flugzeuge
ECO 4 – der Name kommt von seinen vier Sitzen und dem Quadrat aus Umweltfreundlichkeit (Ecology) und Wirtschaftlichkeit (Economy) – hat eine Reisegeschwindigkeit von 220 Stundenkilometern. Im Vergleich zum modernsten Flugzeug dieser Größenklasse und Geschwindigkeit soll es mindestens 40 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen. Das erreichen die Forscher, indem eine neuartige, besonders widerstandarme Flugzeugform mit einem innovativen hybrid-elektrischen Antrieb aus einem Dieselmotor und einer Batterie kombiniert wurde.
ECO 4 startet leise
Auch leiser als herkömmliche Flieger ist die Erfindung: Der Start mit Strom aus der Batterie verringert die Lärmemissionen in Flugplatznähe messbar. Mit Blick auf den Markt zeichnet sich zudem ab, dass diese neuen Entwicklungen auch auf größere Verkehrsflugzeuge angewendet werden können – so könnten Zubringerflugzeuge deutlich effizienter und leiser gestaltet werden.
Der Gewinn des Preisgeldes ist für das Team des Instituts für Flugzeugbau der Startschuss für die Entwicklung wichtiger Komponenten des ECO 4: In einem ersten Schritt wird der neu entwickelte Antriebsstrang des Flugzeugs aufgebaut und am Boden getestet. Dass die Umsetzung im Kern beginnt, ist klar: Der Antrieb ist das Herz, er macht die Innovation erst flugfähig.
Institut setzt den Erfolg beim Berblinger Preis fort
Der seit 2015 von Prof. Andreas Strohmayer geleitete Bereich „Flugzeugentwurf“ des Instituts für Flugzeugbau (IFB) forscht seit über 20 Jahren an optimierten Flugzeugen mit elektrischen Antrieben, um Energieeffizienz sowie Lärm- und Schadstoffemissionen in der Luftfahrt zu verbessern. Mit ECO 4 setzt der Lehrstuhl die langjährige Entwicklungsarbeit von Prof. Rudolf Voit-Nitschmann fort: 1996 startete am IFB mit dem Erstflug des Solarflugzeugs „Icaré 2“ die praktische Erforschung der Elektroluftfahrt, die sich 2011 mit dem batteriebetriebenen Flugzeug „e‑G enius“ fortsetzte. Auch für diese Entwicklungen verlieh die Stadt Ulm dem Institut den Berblinger Preis.
Stadt Ulm vergibt Berblinger Preis seit 1988
Mit dem zu Ehren des Luftfahrt-Pioniers Albrecht Ludwig Berblinger (1770–1829) gestifteten Berblinger Preis zeichnet die Stadt Ulm seit 1988 regelmäßig besondere Leistungen, Entwicklungen und innovative Ideen bei der Konstruktion von Fluggeräten im Bereich der Allgemeinen Luftfahrt aus. Die Jury unter dem Vorsitz des Ingenieurs Prof. Otto Künzel besteht aus Vertreterinnen und Vertretern aus der Luft- und Raumfahrtindustrie, von Hochschulen und Forschungsinstituten sowie der Stadt Ulm.
Gutachten der Preisjury:
„Das Team des Instituts für Flugzeugbau (IFB) der Universität Stuttgart bewarb sich mit dem ambitionierten und interessanten Projekt eines viersitzigen Reiseflugzeugs, welches nach europaweit geltenden Bauvorschriften konzipiert wurde. Der neuartige, hocheffiziente diesel-elektrische Hybridantrieb verspricht Leistungen, die bezüglich Zuladung, Startstrecke, Steigvermögen und Reisegeschwindigkeit die Werte heutiger marktüblicher Reiseflugzeuge erreichen. Geräuschemission und Verbrauch sind dabei jedoch deutlich geringer, als bei modernsten Flugzeugen dieser Klasse. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 220 km/h lässt das Flugzeug mit drei Personen an Bord eine Reichweite von 3000 km, mit vier Personen immerhin noch 2000 km, erwarten.“
Kontakt:
Ingmar Geiß, Stellvertretender Projektleiter e-Genius, Institut für Flugzeugbau
(IFB), T 0711 685 60528,
E-Mail
Ulrich Fries, Universität Stuttgart, Hochschulkommunikation, T 0711/685-82173, E-Mail