„Wir wollen das Umweltproblem lösen, das Aluminium und glasfaserverstärkte Kunststoffe verursachen“, sagt Mathias Engelfried. Am Institut für Flugzeugbau (IFB) der Universität Stuttgart hat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter gemeinsam mit seinen Kollegen Dominique Bergmann und Klaus Heudorfer einen innovativen Fertigungsprozess entwickelt, um bio-basierte Kunststoffe besonders effektiv in Flachsfasertextilien einzubringen. Die so erzeugten Leichtbau-Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen haben ähnliche mechanische Eigenschaften wie Glasfaserkunststoffe, die sich nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand recyceln lassen. Das neue Herstellungsverfahren habe eine Reihe von Vorteilen, erläutert Engelfried: „Wir können schnell, energieeffizient und mit geringem Materialeinsatz einen qualitativ sehr guten Werkstoff produzieren. Zudem ist der Prozess automatisierbar, während die herkömmliche Fertigung viel Handarbeit erfordert.“
Bio-basierte Kunststoffe für Campingbusse, Flugzeuge oder Windräder
Das patentierte Verfahren ist das Alleinstellungsmerkmal von BEHtec. Der Fokus des Start-ups liegt auf dem Mobilitätsbereich. Gemeinsam mit Unternehmenskunden aus der Camping- und der Fahrradbranche arbeiten die Gründer derzeit an zwei Pilotprojekten: Zum einen an Leichtbauteilen für die Innenverkleidung von Caravans, zum anderen an einem Lastenrad-Container. Schon 2023 hatte Engelfried als Leiter eines IFB-Projekts mit dem Lastenradhersteller „Radkutsche“ einen Container aus Flachsfasern und Biokunststoff entwickelt. Nachhaltige Leichtbau-Materialien eignen sich auch für Innenverkleidungen von Flugzeugen, Zügen oder Bussen und darüber hinaus zum Beispiel für Bauteile von Windkraftanlagen. Mittel- bis langfristig will BEHtec auch für die Luftfahrt- und die Energiebranche Lösungen entwickeln.
Unterstützung vom ersten Gründungschritt an
Ein Coach des Transfercenters TRACES der Universität Stuttgart hatte die Forschenden ermutigt, die Gründung zu wagen. „Die vielfältige Unterstützung durch die Uni hilft uns sehr“, sagt Engelfried. Aktuell ist BEHtec eine „Transfer- und Gründerunternehmung“ (TGU) unter dem Dach der TTI – Technologie-Transfer-Initiative GmbH der Universität Stuttgart, die sich unter anderem um das Finanzmanagement kümmert. Im Rahmen des Transfer Bottom-Up-Projekts „NaturStoff“ des Innovationscampus „Mobilität der Zukunft“ (ICM) konnten die Gründer ab Anfang 2024 die technische Reifung ihres Ansatzes vorantreiben. Zusätzlich nahmen sie am ICM Early Ride Programm teil, das Start-ups in der ersten Phase der Gründung unterstützt. Als Büro kann das Team Räume im IFB nutzen.
„Die größte Herausforderung im vergangenen Jahr war für uns die Beantragung des EXIST Forschungstransfers“, erinnert sich Engelfried. Dieser Erfolg sei auch der TTI GmbH zu verdanken, die das Team bei der Antragstellung unterstützte und bis heute berät, etwa zu Fragen der Projektentwicklung. Seit Oktober 2024 erhält BEHtec die auf 18 Monate angelegte Förderung für Existenzgründungen aus der Wissenschaft, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem Europäischen Sozialfonds finanziert wird. Mit den EXIST-Mitteln baut BEHtec aktuell eine Prozesslinie mit sechs Teilanlagen auf einer Hallenfläche der Universität auf, um potenziellen Unternehmenskunden seine Marktfähigkeit demonstrieren zu können.
Tipp für die Gründung
Das Gründungsteam hat sich vor kurzem vergrößert: Andreas Koch ergänzt mit seiner Expertise in Unternehmensentwicklung und Marketing die Spezialisierungen der drei anderen Gründer auf Naturfaser-Verbundwerkstoffe, Produktentwicklung und Prozessautomatisierung. Im Sommer soll aus BEHtec eine GmbH werden. „Wir arbeiten extrem viel, weil wir so schnell wie möglich auf eigenen Füßen stehen wollen. Das ist nicht immer leicht - aber eine spannende Reise!“, meint Engelfried. Anderen Gründer*innen rät er vor allem, vorausschauend zu planen: Wichtig sei, sich so früh wie möglich nicht nur um eine Förderung zu kümmern, sondern auch schon mit potenziellen Kund*innen über deren Bedarfe zu sprechen.
Text: Miriam Hoffmeyer