An der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München startet der neue Sonderforschungsbereich (SFB) TRR 392 „Molekulare Evolution in präbiotischen Umgebungen“ in Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM) und unter Beteiligung der Universität Stuttgart. Er erforscht die allerersten Schritte der Entstehung des Lebens auf der Erde. Dabei geht es um die Frage, wie Moleküle in einer präbiotischen Welt eine Evolution durchlaufen und die ersten Lebensinformationen in Sequenzform hervorgebracht haben.
Vom einfachen Molekül zum komplexen Organismus
„Es geht um die ganz frühen Schritte in der Evolution“, sagt Professor Clemens Richert vom Institut für Organische Chemie (IOC) der Universität Stuttgart. „Wir wollen wissen wie sich Moleküle in der sehr frühen Phase der Erdgeschichte ohne die Unterstützung von biologischen Maschinen wie Enzymen oder Ribozymen selbst organisiert haben.“ Erforscht werden soll, wie ausgehend von diesen einfachen organischen Molekülen die ersten genetisch kodierenden Moleküle entstanden sind, wie diese ihre genetischen Informationen an die jeweilige Tochtergeneration weitergeleitet haben und sich so Schritt für Schritt im Laufe der Evolution selbstreplizierende Systeme herausgebildet haben könnten.
Voraussetzungen für frühes Leben definieren
Die Projekte im Rahmen des SFB widmen sich unter anderem der Frage, welche chemischen, physikalischen und geologischen Bedingungen erforderlich sind, um die molekulare Evolution der Ribonukleinsäuren (RNA), der Träger des genetischen Materials, auszulösen und so erste genetische Informationen zu schaffen und zu erhalten. Außerdem wollen die Forschenden neuartige bioorganische Ansätze entwickeln, um eine molekulare Evolution autonom in einem synthetischen System ablaufen zu lassen. Die Experimente sollen auch Aufschluss darüber geben, wie man auf anderen Planeten die Voraussetzungen für frühes Leben definieren könnte.
Spontane Replikation der RNA?
Im Rahmen des Teilprojekts „Enzymfreie Replikation von RNA-Sequenzen“ untersucht das Forschungsteam der Universität Stuttgart, ob sich RNA-Stränge in der Frühphase der Evolution spontan repliziert haben könnten, also aus sich selbst heraus Gegenstränge bilden, die eine molekulare Kopie der Ausgangssequenz sind. „Die Replikation ist ein Vorgang mit einer besonderen Faszination, weil nicht nur eine besonders ästhetische Struktur entsteht, sondern auch, weil sie das Symbol des Lebens ist. Diesen Prozess auf molekularem Niveau beobachten zu können, ist etwas Besonderes“, betont Richert.
Zum Sonderforschungsbereich/Transregio 392
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den (SFB) TRR für vier Jahre. Unter Federführung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München sind daran beteiligt: die Technische Universität München (TUM) als Mitantragstellerin, die Universitäten Stuttgart, Heidelberg und Augsburg, die Universität Würzburg, die Technische Universität Dortmund sowie das Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB). Er bündelt Fachwissen aus verschiedenen Disziplinen, darunter Geowissenschaften, Chemie, Astrophysik, Biophysik und Biochemie.