Um die Ansteckungsgefahr in der aktuellen Coronalage zu minimieren, setzte Mitte März von einem Tag auf den anderen ein Run auf Masken und Visiere ein. Schnell waren sie auf dem Markt zeitnah nicht mehr zu beschaffen. Institute und Einrichtungen der Universität Stuttgart konnten dies aber mit ihren technischen Infrastrukturen überbrücken und regionale Einrichtungen unterstützen.
Bei der Produktion von Visierfolien, aber auch von kompletten Faceshields, sprang kurzfristig das Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart mit seiner Expertise in der Extrusion und im 3D-Druck ein. Rund 700 Meter Folie, 300 Millimeter breit und 0,6 mm dick, verließen die rund sieben Meter lange Produktionslinie („Extrusionslinie“) des IKT. Hinzu kamen weitere 150 Meter Folie, ebenfalls 300 Millimeter breit und 0,25 Millimeter dick. Ein Meter Folie ergaben drei Faceshields, pro Stunde konnten somit rund 360 Schildfolien produziert werden. Die Produktion hält nach wie vor an.
Die für die Visiere verwendete Folie sowie die für das Strangablegeverfahren (kurz FFF oder FDM) benötigten Filamente wurden auf den Extrusionslinien des IKT hergestellt und im 3D-Druck-Labor des IKT verarbeitet. Dazu Alexander Geyer, Leiter der Abteilung Verarbeitungstechnik vom IKT: „Wir heben uns mit unserer Expertise am IKT mit Kunststoffen gegenüber anderen Verarbeitern ab, da wir alles selbst produzieren können. So können wir die Werkstoffe modifizieren und deren Eigenschaften gezielt einstellen. Die für das 3D-Drucken benötigten Filamente können wir mit exakt den für den jeweiligen 3D-Drucker benötigten Durchmesser und dem gewünschten Werkstoff produzieren. Und auch die transparenten Folien, die für die Schilder benötigt werden, können mit unserer Anlagentechnik im großen Maßstab hergestellt werden“. Jens Thurnherr, technischer Mitarbeiter und Experte in der Extrusion, betont, dass durch den gezielt eingestellten Extrusionsprozess besonders klare Folien maßgeschneidert für die Visiere hergestellt werden konnten: „Das war die Herausforderung“. Sowohl für die Folie als auch für das Filament griff das IKT-Team auf ein biobasiertes und biologisch abbaubares Polylactid (PLA) zurück.
Geliefert wurden Visiere samt Halterung unter anderem an das Uniklinikum Tübingen, die Stuttgarter Tafel oder auch an das Marienhospital. Großabnehmer der Folien waren aber vor allem die Wissenschaftler*innen am Forschungscampus ARENA2036 und an den angrenzenden Instituten der Universität Stuttgart. Auch sie nutzen ihre Anlagen, die üblicherweise zum Prototypenbau für Automobil-, Luftfahrt- oder Maschinenbauanwendungen eingesetzt werden, für die Produktion von Faceshields und haben einen hohen Bedarf an den vom IKT gefertigten Folien.