Forschende und Projektpartner bringen Aktivkohle in den Boden eines mit PFAS belasteten Ackers in Hügelsheim ein. Ziel ist, dass die schädlichen Chemikalien sich an die Aktivkohle heften und so ihr Weitertransport ins Grundwasser aufgehalten wird.

Projekt PFClean sucht Lösungen für „Ewigkeits-Chemikalien“

28. Februar 2024, Nr. 07

PFAS: Forschende testen bei Rastatt Methoden zum Schutz von Grundwasser
[Bild: Universität Stuttgart]

Weltweit sind PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen) ein Umwelt- und Gesundheitsproblem. Eine großflächige Belastung gibt es bei Hügelsheim im Landkreis Rastatt. Dort wurde in der Vergangenheit mit PFAS-haltigen Papierschlämmen vermischter Kompost auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgebracht. Das BMBF-Projekt PFClean mit Forschenden der Universität Stuttgart erprobt dort, wie im Boden eingebrachte Aktivkohle schädliche Substanzen binden und so das Grundwasser schützen könnte.

„Eine Verunreinigung durch PFAS bedroht ernsthaft die Ressource Wasser. Bisher ist es nicht möglich, belastete Böden vor Ort wirkungsvoll zu sanieren", erklärt Dr. Claus Haslauer, wissenschaftlicher Leiter der Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung (VEGAS) an der Universität Stuttgart.

Transport der schädlichen Substanzen ins Grundwasser aufhalten

Im Projekt „PFClean – Innovatives modulares System zur nachhaltigen Reduzierung von PFAS-Kontaminanten aus Boden und Grundwasser“ testet derzeit ein Team der Universität Stuttgart um Haslauer eine Methode im Feldversuch, um die Verunreinigung des Grundwassers durch die Schadstoffe zu senken. Im Januar brachten die Forschenden mit Unterstützung durch Projektpartner Aktivkohle in den Boden eines belasteten Ackers in Hügelsheim ein. Die PFAS-Substanzen sollen sich an die homogen eingearbeitete Aktivkohle heften. Ziel ist eine höhere Absorptionsfähigkeit im Boden, die den Weitertransport der schädlichen Substanzen ins Grundwasser aufhält.

Ob diese Methode Erfolg hat, untersucht das PFClean-Team anhand eines detaillierten Monitoringsystems. Dazu gehören regelmäßige Entnahmen von Grundwasserproben an 13 Messstellen sowie Porenwasseranalysen. „Wir hoffen, so einen gangbaren Weg zu finden, die Schadstofffracht ins Grundwasser nachhaltig zu managen“, so Haslauer.

PFClean erprobt Ansätze nach Laborversuchen vor Ort

Dem Pilotprojekt vor Ort in Hügelsheim vorangegangen sind erfolgreiche Laborversuche. Neben der Erhöhung der Absorptionsfähigkeit von Böden untersucht das im März 2023 gestartete Projekt weitere Ansätze für PFAS-Sanierungstechnologien, etwa das Ausschleusen der PFAS mit sogenannten Funnel-and-Gate-Systemen. Dabei steuern in den Untergrund eingebrachte wasserdichte Wände die Grundwasserströmungsrichtung, um an einer zentralen Stelle die PFAS zurückzuhalten. Weitere Tests beschäftigen sich mit dem Abbau schädlicher Stoffe durch Mikroorganismen und bei verschiedenen Temperaturen.

Forschende und Projektpartner bringen Aktivkohle in den Boden eines mit PFAS belasteten Ackers in Hügelsheim ein. Ziel ist, dass die schädlichen Chemikalien sich an die Aktivkohle heften und so ihr Weitertransport ins Grundwasser aufgehalten wird.

„Bisher gibt es kaum in-situ-Sanierungstechnologien, also eine Entfernung vor Ort an der Quelle der Verunreinigung“, sagt Haslauer. Das liegt an den vielfältigen möglichen Eigenschaften von PFAS: Einige sind mobil und können leicht im Untergrund transportiert und in das Grundwasser eingetragen werden. Andere binden stark an Bodenmaterial. Alle sind durch Fluor-Kohlenstoff-Bindungen sehr stabil. Deshalb werden sie auch als „Ewigkeits-Chemikalien“ bezeichnet. Bisher werden PFAS mit verschiedenen Aufbereitungstechniken aus belastetem Wasser zum Beispiel in Wasserwerken entfernt, aber nicht an der Quelle der Verunreinigung, also direkt aus Böden und Grundwasser.

Ziele von PFClean sind es, die im Labor und in Großversuchen entwickelten Ansätze zur Sanierung und Ausschleusung von PFAS aus Boden und Grundwasser vor Ort zu erproben und gegebenenfalls weiterzuentwickeln, und einen zügigen und effektiven Transfer von Wissenschaft zur realen Anwendung zu erzielen. Neben dem Standort in Hügelsheim sind Versuche in Reilingen südlich von Heidelberg vorgesehen. Dort sind PFAS an einzelnen Punkten aus Löschschäumen in den Untergrund gelangt.

Hintergrund: PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen)

Die Stoffgruppe der Per- und Polyfluorierten Alkylsubstanzen umfasst rund 5000 Einzelsubstanzen. PFAS sind schmutz-, wasser-, und fettabweisend und stecken in unzähligen Produkten: in Outdoor-Jacken, Pfannen, Papier und Kartons, in Shampoo, Lacken und Feuerlöschschaum. Die Chemikalien sind teilweise gesundheitsschädlich. Hohe Konzentrationen im Blut können etwa Organe schädigen oder Krebs auslösen. Seit Jahrzehnten gelangen PFAS in die Umwelt, zum Beispiel über Abwässer und Abgase, lagern sich in Böden und Grundwasser an und bauen sich nur sehr langsam ab.

Über das Projekt

Laufzeit des Verbundprojekts „PFClean – Innovatives modulares System zur nachhaltigen Reduzierung von PFAS-Kontaminanten aus Boden und Grundwasser“ ist 1. März 2023 bis 28. Februar 2026. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert das Projekt im Rahmen der Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Thema „Nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung“ (LURCH) im Rahmen der Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit“ (FONA). Unter Federführung der Universität Stuttgart, VEGAS, beteiligen sich

  • Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Fachbereich Umweltanalytik
  • DVGW-Technologiezentrum Wasser, Karlsruhe
  • Arcadis Germany GmbH, Darmstadt
  • Geiger Entsorgung GmbH und Co KG, Oberstdorf
  • Industrie Engineering GmbH, Reutlingen
  • Sax + Klee GmbH Bauunternehmung, Mannheim
  • Landratsamt Rastatt, PFAS-Geschäftsstelle.

Das Pilotprojekt in Rastatt unterstützen die Wirtgen Group, Gartner John Deere Landmaschinenhandel und STREUMASTER Maschinenbau GmbH.

Dieses Bild zeigt Lydia Lehmann

Lydia Lehmann

 

Stellvertretende Leiterin Hochschulkommunikation

 

Hochschul­kommunikation

Keplerstraße 7, 70174 Stuttgart

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