Wie wird urbane Mobilität sicherer und nachhaltiger? Um das zu erforschen, erstellte das interdisziplinäre Konsortium SAVeNoW einen digitalen Zwilling der Stadt Ingolstadt und betrieb das komplexe Verkehrssimulationsmodell knapp drei Jahre lang. Der digitale Zwilling bildet die Auswirkungen konkreter Verkehrsmaßnahmen auf den Verkehrsfluss ab und erlaubt es, diese virtuell zu erproben, bevor sie in die Realität umgesetzt werden. Die Forschenden analysierten mithilfe des Modells einzelne Verkehrssituationen, individuelles Verkehrsverhalten und neue Mobilitätskonzepte. Schwerpunkte lagen dabei auf Fragestellungen rund um die automatisierte und vernetzte Mobilität.
Bürger*innen für nachhaltige Mobilitätskonzepte begeistern
Begleitend zum Aufbau und Betrieb des digitalen Zwillings widmete SAVeNoW sich Fragen zur gesellschaftlichen Akzeptanz neuer Verkehrskonzepte. „Mit durchschnittlich weniger als 1,5 Personen pro Fahrzeug sind private PkWs enorm ineffizient ausgelastet“, erläutert Fabian Schlichtherle, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Wolfram Remlinger am Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart. „Das automatisierte Fahren wird zwar zu einem flüssigeren Verkehr beitragen, allerdings muss dabei auch die Gesamtzahl der Fahrzeuge auf den Straßen sinken. Stark vereinfacht gesprochen ließe sich durch eine Verdopplung der Besetzungsgrade die Hälfte des aktuellen Straßenverkehrs einsparen. Dies setzt voraus, dass Menschen bereit sind, ihre Fahrten mit anderen zu teilen.“
Fahrzeuginnenräume mit unterschiedlichem Komfort
Im Zuge des Projektes entwickelte das Forschungsteam vom IKTD Konzepte, um die Innenräume geteilter Fahrzeuge attraktiv zu gestalten. Hierfür ermittelten die Wissenschaftler*innen zunächst die Anforderungen und Erwartungen potenzieller Nutzer*innen an zukünftige Mobilitätskonzepte. Darauf aufbauend entstand ein Fahrzeuginnenraumentwurf, in dem unterschiedliche Komfortlevel in einem geteilten automatisierten Fahrzeug untergebracht waren. Dieser wurde anschließend im speziell für das Projekt entwickelten Mixed Reality Simulator interaktiv erlebbar gemacht. Im projekteigenen Showroom konnten sich Bürger*innen von den Konzepten überzeugen.
Fahrt buchen – einsteigen – losfahren
Auch die Kommunikation und Interaktion im und mit dem Fahrzeug waren Gegenstand der Forschung an der Universität Stuttgart. Wie buche ich eine Fahrt? Wie erhalte ich Zugang zum Fahrzeug? Wo bekomme ich Informationen zur Fahrt angezeigt? Das Team erprobte in einem Realfahrzeugversuch Prototypen einer Mobility-as-a-Service App sowie mehrere Informationsdisplays.
„Die im Projekt entwickelten Modelle und Prototypen werden auch über das Vorhaben hinaus weiter genutzt, um die vielen noch zu klärenden Fragen hinsichtlich der geteilten Nutzung automatisierter Fahrzeuge in Angriff zu nehmen“, sagt Fabian Schlichtherle.
SAVeNoW: Ein digitaler Zwilling für Ingolstadt
An SAVeNoW arbeiteten von März 2021 bis Dezember 2023 insgesamt 13 Projektpartner aus Industrie und Wissenschaft. Koordiniert wurde das Projekt von der AUDI AG. Das Projektvolumen lag bei ca. 11 Millionen Euro, wovon ca. 7,7 Millionen Euro aus öffentlicher Förderung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) stammen. SAVeNoW steht für „Funktions- und Verkehrs-Sicherheit für Automatisierte und Vernetzte Mobilität – Nutzen für die Gesellschaft und oekologische Wirkung“.
Neben den hier genannten Ergebnissen der Universität Stuttgart befasste sich SAVeNoW mit vielen weiteren Fragestellungen rund um einen digitalen Zwilling zum Verkehr der Zukunft. Interessierte können alle Forschungsergebnisse auf einer eigenen Projektergebnis-Website interaktiv erkunden.