Schutzvisiere für Kliniken und Arztpraxen der Region

4. April 2020, Nr. 23

Solidarität der Universität Stuttgart mit medizinischem Personal im Kampf gegen Corona-Infektionen: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Forschungscampus ARENA2036 stellen mit Unterstützung von Industriepartnern Schutzvisiere statt Autoteile her.

Zur Unterstützung von Kliniken und Arztpraxen in direktem Kontakt mit Covid19-Patient*innen nutzen Forschende der Universität Stuttgart vorhandene Produktionskapazitäten, um neue Schutzvisiere mithilfe von 3D-Druckern herzustellen. Wissenschaftler*innen am Forschungscampus ARENA2036 und an den angrenzenden Instituten auf dem Campus Vaihingen der Universität Stuttgart nutzen dafür verfügbare Anlagen, die üblicherweise zum Prototypenbau für Automobil-, Luftfahrt- oder Maschinenbauanwendungen eingesetzt werden.

Aktuell liegt der Fokus auf Schutzvisieren (Face Shields), deren Halterungen mittels 3D-Druck produziert werden können. Erste Prototypen wurden bereits dem Klinikum am Steinenberg in Reutlingen, dem Diakonie-Klinikum und dem Robert-Bosch-Krankenhaus zur Verfügung gestellt. In enger Abstimmung mit den Klinikmitarbeiter*innen verbessern die Forscherinnen und Forscher das Design der Schutzvisiere kontinuierlich. 3D-Druck Module haben sie auf der Corona-Webseite der ARENA2036 zum Download zur Verfügung gestellt. Über das Partnernetzwerk von ARENA2036 konnten schnell Industriepartner hinzugewonnen werden, die die Initiative mit großem Engagement unterstützen und eine schnelle Skalierbarkeit der Produktion ermöglichen.

Forscher*innen des Forschungscampus ARENA2036 und dem Institut für Flugzeugbau (IFB) entwickeln Schutzvisiere.

Prof. Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart, würdigt diese Aktion als eine Aktion der Solidarität der Universität Stuttgart für das Gesundheitswesen in der Region und sagte: „Wir haben in den zurückliegenden Tagen erlebt, wie alle Mitglieder der Universität in dieser Krisenzeit zusammenrücken und die Probleme, die wir insbesondere im kommenden Sommersemester zu lösen haben, mit anpacken. Dass darüber hinaus auch noch Engagement und Kraft mobilisiert werden, unsere Expertise in dieser fordernden Zeit in die Gesellschaft einzubringen, erfüllt mich mit dankbarer Freude.“

Initiiert vom Forschungscampus ARENA2036 und dem Institut für Flugzeugbau (IFB) der Universität Stuttgart kamen in kürzester Zeit Anfragen für über 1000 Schutzvisiere aus der Region. Das Feedback zu den Schutzmasken ist bisher sehr positiv, die Forschenden stehen in intensivem Austausch unter anderen mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus, Diakonie-Klinikum, Marienhospital, Klinikum Ludwigsburg und den Kreiskliniken Reutlingen. Die Flexibilität der verwendeten Fertigungsverfahren ermöglicht die schnelle Iteration verschiedener Prototypen und die Anpassung auf Basis der Erfahrungen von Klinikbeschäftigten aus der Praxis.

Am Forschungscampus sind neben der Universität Stuttgart zahlreiche Industrie- und Forschungspartner der Region engagiert und haben, wie beispielsweise die TRUMPF GmbH + Co. KG, auch ihre tatkräftige Unterstützung angeboten. Von Anfang an als Gemeinschaftsprojekt zwischen Forschung und Industrie vorgesehen, ermöglicht die Initiative bei Bedarf eine erhebliche Steigerung der Produktionskapazitäten durch Verwendung weiterer Fertigungsverfahren wie Spritzgießen oder Laserschneiden.

Das Engagement in Zeiten der Corona-Krise wird an der Universität Stuttgart ehrenamtlich durchgeführt. Daher weisen Dr.-Ing. Frieder Heieck, Forschungskoordinator der ARENA2036 und die Forschungsgruppe um Prof. Peter Middendorf, IFB-Institutsleiter und Prorektor Wissens- und Technologietransfer der Universität Stuttgart, darauf hin, dass die Fertigung medizintechnischer Produkte in enger Abstimmung mit Kliniken und Klinikverbänden erfolgt. Notwendige Maßnahmen zur Desinfektion der Visiere und zu Hygienestandards bei der Herstellung und Übergabe werden in Absprache mit den involvierten Kliniken getroffen.

Informationen zum entwickelten Schutzvisier

Es existieren mittlerweile zahlreiche Designvorschläge für 3D-druckbare Schutzvisiere im Internet. Das an der Universität Stuttgart gefertigte Design basiert auf einem Vorschlag des tschechischen Unternehmens Prusa Research, das in Abstimmung mit dem tschechischen Gesundheitsministerium entwickelt wurde. Die von Prusa Research hergestellten 3D-Drucker kommen bereits seit mehreren Jahren auch an der Universität Stuttgart und dem Forschungscampus ARENA2036 zum Einsatz. Das daraus abgeleitete, neue Design, das gemeinsam mit einer Klinik in Reutlingen verbessert wurde, weißt einen vergrößerten Visierbereich und zusätzliche Features auf, um den Anforderungen des Klinikalltags besser zu entsprechen.

Das Visier besteht aus einer Kopfhalterung aus technischen Kunststoffen (z.B. PETG, ABS) oder vergleichbaren. Das Schild selbst ist aus einer transparenten Folie, die mittels Plotter oder Laser automatisch zugeschnitten werden kann. Zur Fixierung wird am Halter ein Gummiband eingehängt, dessen Material und Ausführung aktuell mit den Kliniken hinsichtlich Tragekomfort und Desinfektionseignung abgestimmt wird.

Es sind auch Designs verfügbar, bei denen A4-Dokumentenfolien zum Einsatz kommen, um schnell eine höhere Stückzahl bereitzustellen. Die hierfür entwickelten Kopfhalter sind einfacher gestaltet und werden aktuell bereits auf Laserschneidanlagen der Firma Trumpf in Ditzingen hergestellt. Damit können pro Stunde mehr als 100 Halterungen hergestellt werden, die dann von den Helfern in der ARENA2036 zusammengebaut und für die Verteilung vorbereitet werden. Die Halbzeuge hierfür wurden von der Firma Ensinger GmbH in Nufringen bereitgestellt.

Die Kopfhalterung wird aus technischen Kunststoffen (z.B. PETG, ABS) gefertigt.

Informationen zur Finanzierung

Die Herstellung der Schutzvisiere erfolgt ehrenamtlich durch Beschäftigte der Universität Stuttgart, der ARENA2036 sowie Partnerunternehmen und Forschungseinrichtungen. Bis auf Weiteres können die Produkte den Kliniken und Arztpraxen mit akutem Bedarf kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Allerdings freut sich das Team über Spenden in Form von Materiallieferungen (etwa Platten für das Schutzschild, 3D-Druck-Material, Kartonagen zur Auslieferung). Dazu hat das Team am Parkplatz auf der Rückseite des ARENA2036-Gebäudes eine Spendenbox aufgestellt. Dort können jederzeit Teile reingelegt werden, die das Team dann entnimmt und desinfiziert.

Hinter dem Gebäude der ARENA2036 steht eine Material-Spendenbox für die Schutzvisiere bereit.

Anfrage und Bereitstellung von Schutzvisieren

Wenn Sie Interesse an einer Bestellung von Schutzvisieren haben, wenden Sie sich bitte an die Projektkoordination durch die ARENA2036 per E-Mail. Bitte geben Sie folgende Informationen an:

  • Name der Klinik/Arztpraxis
  • Kontaktperson mit Telefonnummer zur Übergabe
  • Bedarf (Menge) an Schutzvisieren
  • Gerne Feedback & Verbesserungsvorschläge zu Design (Tragekomfort, Schutzfunktion, Praxistauglichkeit), Eignung bzgl. Desinfektion oder zu auftretenden Problemen

 

Fachlicher Kontakt:

Dr.-Ing. Frieder Heieck, Forschungskoordinator der ARENA2036, E-Mail.

Zum Seitenanfang