Damit die Wärmeversorgung der Zukunft klimaneutral wird, ist der Ausbau der Fernwärmeversorgung vor allem im städtischen Raum von zentraler Bedeutung. Der Ariadne-Szenarienreport berechnet einen notwendigen Anschluss von 160.000 Haushalten pro Jahr – bislang sind tatsächlich aber gerade halb so viele an das Fernwärmenetz angeschlossen. Ariadne-Forschende vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart haben analysiert, vor welchen Herausforderungen der Fernwärmeausbau derzeit steht: Zur ohnehin herausfordernden Defossilisierung der Wärmeerzeugung kommen nun der vorgezogene Kohleausstieg und die aktuelle Gaskrise hinzu. Die Forschenden zeigen in der aktuellen Ariadne-Analyse „Wandel der Fernwärme im Kontext des Kohleausstiegs und der aktuellen Gaskrise“ auf, wie vor diesem Hintergrund die Hindernisse für den Ausbau der Fernwärme, aus dem Weg geräumt werden können.
Zur Defossilisierung der Fernwärmeversorgung muss der Anteil Erneuerbare Energien von aktuell 11 Prozent auf 100 Prozent bis 2045 ansteigen. Größte Herausforderung ist dabei der schnelle Ersatz für Kohle als Energieträger, da ein vorzeitiger Ausstieg aus Kohlekraftwerken bereits bis 2030 vorgesehen ist. Als Übergangslösung wurde die Nutzung von Gas eingeplant – durch den Ukraine-Krieg und den Stopp der Gaslieferungen aus Russland steht diese Option aber auf der Kippe. Der Einsatz von Wasserstoff ist zwar theoretisch denkbar, sollte aber durch das knappe Angebot und die hohen Preise für andere Sektoren, wie zum Beispiel die Industrie, priorisiert werden. Der Umstieg auf Erneuerbare Energien für die Wärmeversorgung und der Ausbau von Fernwärmenetzen geht auch wegen dieser wegbrechenden Lösungsoptionen nur stockend voran.
Umbau der Fernwärmenetze zu Niedertemperaturnetzen
Doch trotz vorzeitigem Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Gaskrise sind Alternativen vorhanden, welche die Transformation und den Ausbau der Fernwärme weiter voranbringen können.
„Ein beschleunigter Umbau der Fernwärmenetze zu Niedertemperaturnetzen, ist zum Erreichen einer vollständig klimaneutralen Fernwärme zentral. Die aktuelle Situation und das Wegfallen der Übergangslösung Gas können hier sogar zu einem Katalysator werden“, erklärt Prof. Kai Hufendiek, Leiter des IER und Mitglied der Forschungsgruppe. Allerdings ist dieser Umbau kostspielig und muss durch Förderung sowie passende politische Rahmenbedingungen realisiert werden – und zwar schneller als gedacht.
Bundesförderung für effiziente Wärmenetze mit kommunaler Wärmeplanung verzahnen
Die Ariadne-Forschenden schlagen in ihrer Analyse vor, die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) mit der kommunalen Wärmeplanung und ordnungsrechtlichen Optionen zu verzahnen – wie zum Beispiel die Anpassung von CO2-Grenzwerten für die Wärmeversorgung und eine Abgabenbefreiung des Wärmepumpenstroms. Dazu kommen technische Maßnahmen wie eine fortschreitende Digitalisierung der Fernwärmenetze oder ein hydraulischer Abgleich der Hausanschlussstationen, welche die Effizienz bestehender Strukturen stärken können. Hufendiek betont: „Von der Umsetzung solcher und anderer Maßnahmen wird abhängen, ob die Gaskrise für den Fernwärmeausbau zu einem Hemmnis oder ein Katalysator wird.“
Weitere Informationen:
Ariadne-Analyse „Wandel der Fernwärme im Kontext des Kohleausstiegs und der aktuellen Gaskrise“
Kontakt | apl. Prof. Markus Blesl, Universität Stuttgart, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER), Abt. Systemanalytische Methoden und Wärmemarkt, Tel. +49 711 685 87865, markus.blesl@ier.uni-stuttgart.de |
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