Nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit der Universität stehe auf dem Spiel, betonte Rektor Prof. Wolfram Ressel in seiner Begrüßungsrede beim 6. Diversity-Tag an der Universität Stuttgart, der den Schwerpunkt „Soziale Nachhaltigkeit“ hatte. Dass mit ihm gleich drei Mitglieder der Universitätsleitung am Diversity-Tag teilnahmen, zeigt die Bedeutung des Themas.
Langfristig wirksame Diversity-Maßnahmen
Prorektorin Prof. Silke Wieprecht berichtete unter anderem, welche Ideen aus dem letztjährigen Diversity-Tag bereits weiterverfolgt werden. „Alle Studiengangsbeschreibungen werden überprüft und auf Diversitätssensibilität hin gesichtet“. Außerdem werde es eine „Landkarte“ geben, auf der mithilfe von Grafiken die Anlaufstellen für verschiedene Bedarfe verzeichnet werden. Neben weiteren, langfristig wirksamen Maßnahmen dürfte der Auftritt der Universität Stuttgart beim diesjährigen Christopher Street Day am 27. Juli unter dem Motto „Vielfalt leben“ ein Highlight sein.
Anna Steiger, Kanzlerin der Universität Stuttgart, berichtete im Interview mit Diversity-Expertin Dr. Isabell Lisberg-Haag, wie sie im Laufe ihrer Laufbahn beobachten konnte, wie der Schritt von der Frauenförderung zur Diversity-Arbeit vollzogen wurde und erläuterte wie wichtig das Generationenmanagement beim Thema Diversity ist.
Hochwertige Bildung, weniger Ungleichheit, Geschlechtergerechtigkeit
Die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit werden in den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen sichtbar. Die Hälfte der dort formulierten Ziele sind sozialer Natur, darunter hochwertige Bildung, Geschlechtergerechtigkeit und weniger Ungleichheit. Alle Diskussionstische widmeten sich daher sozialen Fragen der Nachhaltigkeit. Die World-Café-Methode gab unterschiedlichen Perspektiven Raum und verband diese miteinander. Da Diversität eine gesamtuniversitäre Aufgabe ist, diskutierten vielfältige Menschen aus allen Hierarchie-Ebenen sowie externe Teilnehmer*innen miteinander an den Thementischen, die sich beispielweise mit nachhaltigem Handeln im Universitätsalltag, Nachhaltigkeit für und von Studierenden und mit Karrierewegen an der Universität befassten. Erstmalig wurde eine Idee, die im World-Café entstand, mit einer Förderung von 5000 Euro aus dem Diversity-Fonds prämiert.
Bildungsgerechtigkeit und nachhaltige Kommunikation
Die beiden Vertreterinnen des Entwicklungspädagogischen Informationszentrum Reutlingen (EPIZ), die bereits im Impuls-Referat mit vielen Fragen und bewusst gesetzten Irritationen aufzurütteln wussten, betreuten Tisch 1 zum Thema „Soziale Nachhaltigkeit“ und gingen unter anderem der Frage nach „was hat soziale Nachhaltigkeit mit Diversität zu tun und was haben soziale Fragen mit Umwelt zu tun?“ Bildungsgerechtigkeit wurde hier als eines der zentralen Themen ausgemacht.
Auch die Kommunikation soll nachhaltiger werden. „Vielfalt ist schon da, aber wir fühlen es noch nicht“, stellte eine Teilnehmerin am Thementisch Kommunikation fest. Sowohl die interne als auch die externe Kommunikation wurden hier auf ihre Diversitätssensibilität und Nachhaltigkeit hin besprochen. Tisch 4 widmete sich dem Thema sozial nachhaltige Lehre. Hier wurde unter anderem festgestellt, dass den Ergebnissen von Lehr-Evaluationen eine größere Bedeutung zugemessen und Konsequenzen daraus abgeleitet werden müssten.
Mehr Englisch sprechen
Die Universität Stuttgart ist jetzt schon ein internationaler Ort. Wie man weitere Hürden abbauen kann, wurde an Tisch 3 zum Thema Internationalisierung diskutiert. „Liegen Formulare alle auch in Englisch vor?“, fragte Sarah Walz vom Dezernat Internationales. Dr. Ágnes Sebestyén von der Baden-Württemberg-Stiftung appellierte an alle Deutsch-Muttersprachler*innen, mehr Englisch zu sprechen. So könne Empathie mit Migrant*innen wachsen. Dr. Andreas Riffel, Leiter des Dezernats Internationales, Internationale Studierende und Forschende, sagte, dass ein kulturelles On-Boarding notwendig sei.
First Generation-Studierenden das Ankommen erleichtern
An Tisch 7 ging es um nachhaltige Raumnutzung. Tisch-Gastgeber war der Leiter des Dezernats Planen und Bauen, Andreas Braun. Studiengangsmanagerin Dr. Yvonne Zimmermann beobachtete eine veränderte Raumnutzung. Viele Lehrende arbeiteten im Home-Office und Büros stünden leer. Zudem könnten Studierende großer Studiengänge vier Semester studieren ohne mehrfach die gleichen Kommiliton*innen zu treffen. Zimmermann schließt daraus, dass es Räume für soziale Interaktion braucht, damit sich Studierende an der Universität zuhause fühlen, gemeinsam lernen und sozial interagieren können. In Zeiten sinkender Studierendenzahlen gelte es, gerade der First Generation, also Studierenden der ersten Generation, die nicht aus Akademikerfamilien stammen, das Ankommen an der Universität zu erleichtern. Zimmermann hat zu diesem Thema bereits im Vorfeld mit dem universitären Arbeitskreis Bildung und soziale Ungleichheit gearbeitet.
Diversitätspreis „Fü(h)r divers!“
Silke Wieprechts Wunsch, dass der Spirit der Diversität noch mehr lebt und als bereichernd wahrgenommen wird, ist am 28. Mai ein wenig greifbarer geworden. Die an einem der Thementische entstandene Idee eines Diversitätspreises für herausragende Führungspersönlichkeiten „Fü(h)r divers!“ ist ein konkreter Baustein, der dazu beitragen soll, Diversität über den Tag hinaus weiterzuführen. Die Maßnahme wird mit dem ausgelobten Fördergeld aus dem Diversity-Fonds unterstützt und soll noch 2024 realisiert werden.
Wer sich für Diversity engagieren und eigene Ideen einbringen möchte, kann sich gerne an das Diversitymanagement der Universität Stuttgart, per E-Mail wenden.