Als Paradigmenwechsel im Holzbau charakterisieren Experten den rund 14 Meter hohen Urbach Turm, den die Institute für computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart errichtet haben. Die einzigartige Konstruktion in Urbach ist eine der 16 Stationen der Remstal Gartenschau 2019. Der Turm ist der weltweit erste Bau mit einer tragenden Holzkonstruktion aus selbstformend hergestellten Holzbauteilen.
Der Urbach Turm
Gekrümmtes oder gebogenes Holz verleiht einer Konstruktion Einzigartigkeit. Das verdeutlicht besonders der aus selbstformend hergestelltem Holz gebaute Urbach Turm. Die markante Form des gut 14 Meter hohen und vier Meter Durchmesser aufweisenden Turms entstand in einem neuartigen Prozess der Selbstformung der komplex gekrümmten Bauteile. Im Gegensatz zu den bestehenden, sehr aufwändigen und energieintensiven Formungsprozessen, die schwere Presswerkzeuge erfordern, formt sich das Material von selbst. Die vorausberechnete gekrümmte Form der Holzbauteile bildet sich im Trocknungsprozess. Dazu werden die Bauteile im ebenen Zustand laminiert. Nimmt beim industriellen Trocknungsprozess der Feuchtigkeitsgehalt ab, verformt sich das Holz und erhält die vorausberechnete gekrümmte Form. Dieser Prozess eröffnet ganze neue architektonische Möglichkeiten unter Verwendung des nachhaltigen, erneuerbaren und regional verfügbaren Baumaterials Holz.
Der Turm auf der Remstal Gartenschau ist die weltweit erste bauliche Anwendung dieser Entwicklung, die in einer Kooperation des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und des Labors für Angewandte Holzforschung der Empa Schweiz entstand. Entwurf und Planung des Turms erfolgten durch die beiden Institute Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE). Der Industriepartner für die Herstellung der selbstformenden Holzbauteile und die Ausführung des Turms ist die Blumer Lehmann AG.
Das Projekt zeigt auf anschauliche Weise, wie der Einsatz digitaler Planungs-, Simulations- und Fertigungsverfahren neue Möglichkeiten selbst für traditionelle Bauwerkstoffe wie das Holz eröffnet. Dieser Ansatz wird an der Universität Stuttgart in dem neu eingerichteten Exzellenzcluster „Integratives Computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur“ in den nächsten Jahren intensiv weiter erforscht.