Die Universität sei für Diversität besonders prädestiniert, stellt der Rektor der Universität Stuttgart Professor Ressel, eingangs fest: „Eine Uni ist international und lädt alle ein, egal, welche Religion, welches Geschlecht, welche Orientierung. Wir wollen jung bleiben und sehen die Vorteile von Diversität.“
Dr. Isabell Lisberg-Haag ist die externe Auditorin im Diversity-Auditierungsverfahren „Vielfalt gestalten“, das von der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert wird. Sie moderierte den Vormittag und schaffte es, dass sich alle eingeladen fühlten. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es hier um kein „Querschnitts-Wohlfühlthema geht“. Ihre Fragen hatten es in sich: Auf die finanziellen Anreize angesprochen konterte Rektor Ressel „Diversität ist mehr als Geld – es ist eine Haltung.“ Er sieht hier die Universität in der Verpflichtung, die entsprechende „Kopfarbeit“ zu erledigen und zu überlegen, wie beispielsweise der weibliche Teil der Gesellschaft überzeugt werden kann. Denn die Studierendenzahlen sind rückläufig und der Frauenanteil bei den Studierenden an der Universität Stuttgart nur bei rund 35 Prozent.
Diskussionen im World Café
Nach einem Impulsreferat zum Thema „Inklusive Datenerhebung“ von Dr. Jörg Dollmann begann die Arbeit für alle Teilnehmenden. Nach der Workshop-Methode des „World Café“ begaben sich alle Anwesenden an verschiedene Thementische. So gab es einen Tisch, an dem eine inklusive Hochschulkultur diskutiert wurde, an einem anderen wurde überlegt, wie sich eine nachhaltige Willkommenskultur etablieren lässt und an einem weiteren ging es um „Diversity und Digitalisierung“. Zum Thema „diversitätssensible Lehre“ wurde beispielsweise die Methode des Mixed Classroom angesprochen. Diese Methode baut auf den Unterschieden aller Anwesenden auf und sieht diese als Bereicherung der Lernerfahrung.
„Lernende brauchten eine sichere Atmosphäre, um lernen zu können,“ da sind sich die Menschen am Tisch einig. Jaana Espenlaub von arbeiterkind.de fordert daher alle Lehrpersonen zu mehr Sensibilität für Unterschiedlichkeiten bei den Lernenden auf.
Am Thementisch „Diversity und Daten“ berichtete Tisch-Gastgeberin Beate Langer, die Leiterin des Gleichstellungsreferat, dass bislang vor allem Daten zu Geschlecht, Alter und Nationalität erhoben werden. An diesem Tisch wurde lebhaft diskutiert, ob es wichtiger ist, Unterschiede messbar zu machen, oder ob es für die Chancengleichheit (beispielsweise in einem Berufungsverfahren) besser sei, möglichst wenig Daten zu erheben.
Veränderung ist nicht mit einem Schmusekurs erreichbar
Nebenan wurde beim Tisch „Verwaltung diskriminierungskritisch“ von Barbara Scheubert, Referentin für Diversity Management und Organisatorin der Veranstaltung, ein offenes Klima und Fehlertoleranz eingefordert. Die Frage laute, wie eine solche Atmosphäre herzustellen sei. Auch hier wurde das Problem der Sichtbarkeit marginalisierter Gruppen angesprochen. Beim Thema „Diversity-Netzwerke“ wurde schnell deutlich, dass es an der Universität Stuttgart bereits zahlreiche Akteur*innen gibt, sich diese aber untereinander noch besser vernetzen müssen. „Bewusstsein schaffen“ wurde nicht nur am Thementisch „Gehöre ich dazu?“ gefordert – Bewusstsein für eigene Vorurteile (um diese bekämpfen zu können), für Voraussetzungen, die als selbstverständlich gelten, für Privilegien. Die für mehr Vielfalt notwendigen Veränderungen sind nicht mit einem Schmusekurs erreichbar - „Wir brauchen eine Streitkultur!“, so fasste Manuela Schlummer-Held, Referentin Gender Consulting, einen häufig genannten Wunsch des Thementischs „Wo begegnet mir Vielfalt?“ zusammen.
Engagement bis in die Haarspitzen
In der Schlussrunde stellten die Teilnehmenden fest, dass über alle Hierarchieebenen hinweg gut zusammengearbeitet wurde. Studentin Marie Juliane Stamna zeigte sich beeindruckt, wie viele Player und Ideen es bereits gibt, nur seien diese bisher nicht bekannt genug. Oder, um es positiv auszudrücken: „Das schönste heute war, dass ich viele neue Leute kennenlernen durfte!“, so Sannah König vom Makerspace. Dies ist einer der Arbeitsaufträge, die aus dem Diversity-Tag hervorgehen: die bessere Vernetzung und Sichtbarkeit der bestehenden Angebote.
Ein besonderes Highlight war das graphic recording von Jai Wanigesinghe. In seiner grafischen Zusammenfassung sieht man beispielsweise zwei Uni-Gebäude im Gespräch: „Was tust du, um jung und offen zu bleiben?“ – „Ich praktiziere täglich Gender und Diversity!“
Die Prorektorin für Diversity und Internationales und Gastgeberin der Veranstaltung, Prof. Dr. Silke Wieprecht, zeigte sich begeistert von den Teilnehmenden: „Engagement bis in die Haarspitzen“ sei spürbar gewesen. Sie wünscht sich, dass sich alle für Diversity verantwortlich fühlen. „Jede Stimme zählt! Diversity hat nicht nur berechenbare Vorteile, sondern auch einen ganz besonderen Charme.“
Dieser Charme ist am Diversity-Tag an der Universität Stuttgart sichtbar geworden. Die Veranstaltung war gut besucht, bunt und lebendig. Und es ging konkret weiter: Der Lenkungskreis des Diversity-Auditierungsverfahrens traf sich gleich am Nachmittag intern, um die Themen, die am Vormittag erarbeitet wurden, weiterzuführen.
Nicht nur am Diversity-Tag, sondern fortlaufend wird die Rückmeldung gebraucht. Wer sich beteiligen möchte, schreibt an diversity@uni-stuttgart.de. Denn Vielfalt ist nur vielfältig, wenn viele mitmachen.