Nach 1,5 Jahren Umrüstarbeiten im Rahmen des vom BMWK finanzierten Projekts „SiFlA“ (LuFo VI-1) hat unser institutseigener fliegender Prüfstand e-Genius kürzlich einen wichtigen Meilenstein des Projekts erreicht. Er wurde zu einem von nur drei batterieelektrisch betriebenen Flugzeugen, die Segelflugzeuge schleppen können. Davon sind derzeit nur zwei in Betrieb.
Für diesen Erfolg waren ausgedehnte Änderungen am e-Genius nötig. Das Antriebssystem wurde durch den Einbau eines bewährten und leistungsstarken EMRAX 268-Elektromotors zusammen mit einem geeigneten Wechselrichter aufgerüstet, der einen 3-Blatt-MT-Propeller MTV-7 mit einem Durchmesser von 2,03 m antreibt. Das neu konzipierte modulare Hochvoltbatteriesystem mit einer gespeicherten Energie von 40 kWh, das vom Projektpartner AirEnergy entwickelt wurde, ermöglicht es dem e-Genius, mehrere Schleppflüge bis 800 m durchzuführen, bevor er für etwa 1,5 Stunden aufgeladen werden muss. Ein weiteres Ziel des Projekts ist der Einsatz eines automatischen Flugsteuerungssystems (quasi ein Autopilot) zur Entlastung des Piloten. Die intelligente Flugwegplanung umfasst eine automatische Kollisionsvermeidung, die Nutzung von Aufwinden zur Maximierung der Steigleistung und lärmmindernde Verfahren zur Verringerung der Auswirkungen des Flugbetriebs auf die Öffentlichkeit. Die HMI-Displays und -Software für die Mensch-Maschinen-Interaktion für die Bahnplanungs- und Folgefunktionen werden vom Projektpartner AirAvionics bereitgestellt, während die Steuerungsalgorithmen vom Institut für Flugmechanik und Regelungstechnik der Universität Stuttgart entwickelt wurden.
Die ersten Flüge mit den neuen, verbesserten Systemen fanden im Juni und Juli auf dem Testfeld eFliegen BW (AREA BW) am Flugplatz Mengen-Hohentengen (EDTM) statt und zeigten schnell eine bis dahin unerreichte Start- und Steigleistung, wobei ein wesentliches Element dafür die Verwendung eines größeren Kühlers für die elektrischen Komponenten war.
Anfang August reisten wir dann nach Stendal im Norden Sachsen-Anhalts, um beim Idaflieg "Sommertreffen" drei intensive Flugtestwochen zu absolvieren.
Nachdem wir einige Flugstunden gesammelt und Vertrauen in unsere neuen Systeme gewonnen hatten, montierten wir den Schlepphaken und nutzten die einzigartige Infrastruktur und Umgebung des Idaflieg Sommertreffens, wodurch wir den e-Genius in vielen Schleppversuchen mit verschiedensten Segelflugzeugtypen mithilfe vieler erfahrener Piloten testen konnten.
Der erste Flugzeugschlepp fand am Abend des 19. August statt, wobei ein Discus CS in einer Flugzeit von 20 Minuten auf eine Höhe von 1300 m geschleppt wurde. Die Startleistung von über 105 kW ermöglichte eine äußerst kurze Startdistanz und eine anfängliche Steigrate von fast 4 m/s. Die Dauerleistung ist derzeit durch die thermische Begrenzung der Kabel, die den Umrichter mit dem Motor verbinden, auf etwa 50 kW begrenzt, was bei einem leichten einsitzigen Segelflugzeug immer noch einer Steigrate von 1 m/s entspricht.
Der große Leistungsüberschuss beim Start ermöglichte es uns, die Masse der geschleppten Segelflugzeuge schnell zu erhöhen. Der erste Doppelsitzer, ein Duo Discus T, wurde am nächsten Tag geschleppt, und am 24. August hatten wir eine Schleppkapazität von 750 kg erreicht, was durch den Start eines voll beladenen Arcus auf 600 m Höhe mit einer anfänglichen Steigrate von immer noch deutlich über 2 m/s demonstriert wurde. Mit diesem Flug stellte die e-Genius den neuen Rekord für das schwerste von einem Elektroflugzeug geschleppte Segelflugzeug auf.
Dies zeigt einmal mehr die Vielseitigkeit des e-Genius als Forschungsplattform und seine Fähigkeit, viele verschiedene Flugmissionen zu erfüllen, von Langstrecken-Weltrekorden bis hin zu unübertroffenen Steigleistungen und Flugdauer.
Wir möchten uns sowohl bei der Idaflieg als auch beim DLR als Gastgeber und Unterstützer des Sommertreffens für die großartige Möglichkeit bedanken, daran teilzunehmen. Wir sind stolz darauf, dass wir mit dieser Veranstaltung ein weiteres Stück Geschichte des Elektroflugzeugs schreiben konnten. Auch ein großes Dankeschön an unsere Projektpartner und alle anderen Unterstützer für die tolle Zusammenarbeit!
Der nächste Meilenstein, dann wieder in Mengen, wird der Test der Automatisierungsfunktionen im Flug und detailliertere Lärmmessungen sein, um die möglichen Auswirkungen zu zeigen, die elektrischer Antrieb und intelligente Assistenzsysteme auf den Flugzeugschlepp von Segelflugzeugen haben können. Diese Anwendung scheint wie keine andere zu Elektroflugzeugen zu passen, und wir freuen uns darauf, unsere Ergebnisse in den kommenden Wochen und Monaten im Detail zu präsentieren.