Zwölf Monate lang haben die Teilnehmenden des Pilotjahrgangs der School for Talents auf diesen Tag hingearbeitet. Die Bachelor- und Masterstudierenden aus unterschiedlichen Studiengängen der Universität Stuttgart haben Zielgruppen identifiziert, Gespräche geführt, Prototypen gebastelt und ihre Konzepte von einer groben Idee zu eingängigen Pitches weiterentwickelt.
Maximal sieben Minuten standen den Studierenden für die Präsentation ihrer Projekte zur Verfügung. Das Thema “Reimagining Space - New Utopias” wurde dabei von allen Teams kreativ und manchmal überraschend interpretiert: vom “Learning Space” über “Intermedial Space“ und „Science Communication Space” bis hin zu “Participation Space” wurde eine große Bandbreite an Ideen abgedeckt. Auch die Themen Nachhaltigkeit und „Consumption Space“ haben die Studierenden beschäftigt.
Die Projektideen im Überblick
Learning Space
Anna ist eine neue Studentin an der Universität Stuttgart. Ihre Kurse finden online statt, doch leider ist ihre Internetverbindung schlecht. Wegen der Corona-Pandemie hatte sie nicht die Möglichkeit, den Campus kennenzulernen und findet deshalb keinen Lernplatz. Viele Studierende hatten in den letzten Semestern ähnliche Probleme wie Anna. Dies wollen die Studierenden des Teams „Learning Space“ ändern.
Mit dem Projekt "Re-Imagining Learning Space" wollen sie die Studierenden der Universität unterstützen, indem sie Lösungen zur Verbesserung ihrer Lernerfahrung entwickeln. Die Gruppe hat eine uniinterne App entworfen, die verschiedene Lernsituationen und deren unterschiedliche Bedürfnisse strukturiert und definiert. An der Universität Stuttgart wurde zwar ein Buchungssystem für Lernplätze eingeführt, aber manche Studierende nutzen die Plätze ohne Anmeldung oder kommen trotz Reservierung nicht. Mit Hilfe der App wollen die Studierenden das Buchen und Stornieren von Plätzen verbessern. Außerdem soll die App die Registrierung erleichtern und Führungen über den Campus enthalten.
Public Space
Wie kann die Gesellschaft an der Gestaltung des öffentlichen Raums teilnehmen? Um die Öffentlichkeit zu informieren und zu aktivieren, hat das Team „Public Space“ den Participizer entwickelt. Der Participizer ist ein elektronisches Gerät, dessen Prototyp die Größe eines Schuhkartons hat. Über einen Bildschirm präsentiert er Informationen und lässt Interessierte ihre Gedanken und Meinungen anonym und einfach teilen. Das Gerät hat keine Barrieren, ist für jeden zugänglich und kann in verschiedenen Sprachen verwendet werden. Der Participizer kann an dem Ort platziert werden, an dem ein spezielles Projekt durchgeführt werden soll, zum Beispiel, wenn die Stadtverwaltung einen Park umgestalten möchte oder neue Parkplätze anlegt. Menschen, die diese Ort besuchen, dort arbeiten, leben oder entspannen, können sich so an den Projekten beteiligen.
Intermedial Space
Viele Menschen kennen die lokalen und globalen Auswirkungen des Klimawandels. Doch häufig fehlen Mechanismen, die die Gesellschaft dazu bringen, etwas dagegen zu tun. Die Gruppe „Intermedial Space“ will Gedichte als Werkzeug nutzen, um gegen den Klimawandel aktiv zu werden. Literatur öffnet einen Raum, in dem Menschen verschiedene Perspektiven einnehmen können. So können sich auch Personen mit dem Klimawandel identifizieren, die ihn bisher nicht erlebt haben.
Um das Thema einfach und effektiv zu vermitteln, haben die Studierenden sich eine poetische Gedichtform überlegt, die leicht zu verstehen und zu reproduzieren ist. Mit fünf bis sieben Wörtern pro Zeile sind die formalen Anforderungen minimal. Inhaltlich soll das Gedicht zuerst das Problem umreisen, die persönliche Perspektive des Schreibenden darstellen und am Ende einen Ausblick oder eine Lösung für die Zukunft geben. Über einen QR-Code können Interessierte ihr eigenes Gedicht auf der Webseite der Gruppe einstellen.
Consumption Space
Tüten, Flaschen, Verpackungen: Jede Person in Deutschland produziert etwa drei Kilogramm Plastikmüll im Monat. Die weltweite Plastikproduktion und der Konsum von Plastik sind in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Die Konsequenzen sind sterbende Meerestiere, Mikroplastik in unseren Lebensmitteln oder ein Müllteppich auf dem Pazifik. Diese Informationen sind nicht neu. „Aber warum machen wir so wenig dagegen?“, fragen die Studierenden der Gruppe „Consumption Space“.
Als Lösung hat sich ein Teil der Gruppe eine Nachhaltigkeits-Challenge zur Verhaltensänderung überlegt. Mit einem sogenannten Plastiktagebuch können Teilnehmende ihr individuelles Verbrauchsverhalten innerhalb einer Woche erfassen. Am Ende der Woche wird die Challenge ausgewertet und die besten "Plastiksparer*innen" werden ausgezeichnet. Mit der Aktion will das Team die Studierenden und Beschäftigten der Universität Stuttgart auf einen nachhaltigen und klimaneutralen Alltag vorbereiten und sie motivieren, zum Beispiel feste Seife auszuprobieren, einen Second-Hand-Laden zu besuchen oder ein plastikfreies Essen zu kochen.
Der zweite Teil der Gruppe hat eine Sharing-Plattform für Erasmus-Studierende eingerichtet. Die Plattform bietet Studierenden die Möglichkeit, Gegenstände wie Kochtöpfe zu tauschen und so den Verbrauch und unnötigen Abfall zu reduzieren. Die erste Phase des Projekts ist speziell auf Erasmus- und Austauschstudierende ausgerichtet.
Die Gruppe bietet den abreisenden Studierenden die Möglichkeit, die Gegenstände abzugeben, die sie nicht mit nach Hause nehmen können. Diese Gegenstände werden an die neu Ankommenden weitergegeben, so dass ein Kreislauf von Gegenständen entsteht. Das Projekt startete mit einer Testphase im Wintersemester 2021/22 und hat das Ziel, sich in den folgenden Semestern dauerhaft zu etablieren, zum Beispiel mit einem Umsonst-Laden an der Universität Stuttgart.
Science Communication Space
Das Team „Communication Space“ hat untersucht, wie Forschende an der Universität Stuttgart Wissenschaftskommunikation betreiben und welche neuen Projekte initiiert werden können. Publikationen und Konferenzen sind die Hauptform der Kommunikation zwischen Wissenschaftler*innen an der Universität. Doch diese Formate sind schwer zugänglich für Personen, die nicht zur Forschungsgemeinschaft gehören. Deshalb gibt es an der Universität Stuttgart weitere Möglichkeiten, wie Forschung in die Gesellschaft getragen wird: das Forschungsmagazin forschung leben, verschiedene Onlineformate, wie der Podcast Made in Science oder der Tag der Wissenschaft, an dem die Universität die Öffentlichkeit einlädt, hinter die Labortüren auf dem Campus zu schauen.
Die Studierenden wollen Wissenschaftskommunikation aber noch mehr fördern. Deshalb haben sie gemeinsam mit dem Cyber Valley eine Schlüsselqualifikation für Studierende der Universität Stuttgart zum Thema Wissenschaftsengagement im Bereich der KI entwickelt. Dabei bekamen sie auch die Möglichkeit, selbst ein Wissenschaftskommunikationsprojekt für das Stuttgarter Wissenschaftsfestival 2022 zu begleiten.
„Das Programm der School for Talents ist für neugierige, akademisch starke Studierende“, sagte Lisa Kohler, die die School for Talents leitet. „Der Fokus des Programms liegt darauf, interdisziplinäre Fähigkeiten aufzubauen.“ Der interdisziplinäre Charakter des Programms, der einen Schwerpunkt auf angewandte Lernfelder und selbstbestimmtes Lernen legt, war für die Teilnehmenden, die aus ihren eigenen Studiengängen ein straffes Curriculum gewöhnt sind, eine wertvolle Erfahrung, erklärte sie.
Die Arbeiten der sechs Projektgruppen der School for Talents finden Sie auf der Projektwebseite.