„Publizieren ist als wissenschaftlicher Output unserer Universität von ganz großer Bedeutung“, unterstrich Prof. Jan Knippers, Prorektor für Forschung, bei der Eröffnung der Veranstaltung. Am 31. Januar hat die Universität beim Forschungstag bereits im dritten Jahr in Folge Preise für die jeweils beste Veröffentlichung aus jeder der zehn Fakultäten verliehen. Die Publikationspreise sind mit je 2.500 Euro dotiert. „Mit dem Preis wollen wir Veröffentlichungen über herausragende Forschungsleistungen an unserer Universität würdigen und über Fachgrenzen hinaus bekannt machen“, so Knippers.
Fünf Minuten hatten die Preisträgerinnen und Preisträger jeweils, um die Inhalte ihrer ausgezeichneten Publikationen und die teils komplexen Forschungsthemen in Vorträgen auch Laien verständlich zu machen. Dabei ließen sie sich einiges einfallen. So lernte das Publikum, dass Verkehrsstörungen durchaus auch positive Effekte haben können – zumindest in der mikroskopisch kleinen Welt der Zellen. In Analogie zu Stuttgart21-Baustellen und Staus zeigte Dr. Stephan Eisler, wie bewusst eingeführte Störungen des Stofftransports in Zellen zur Entdeckung neuer Signalwege führen können. „Ich habe mir schon eine Weile Gedanken gemacht, wie ich in der Kürze der Zeit das Thema humorvoll rüberbringen kann“, sagte Eisler, der am Stuttgart Research Center Systems Biology die Technologie-Plattform „Zelluläre Analytik“ leitet.
Wissenschaft greifbar gemacht
Dr. Mohammad Tourian vom Geodätischen Institut brachte ein Glasgefäß gefüllt mit Wasser, Sand und einer Pflanze mit in den Hörsaal. Daran demonstrierte er, wie er unter Zuhilfenahme von Satelliten-Daten das im Amazonas-Fluss speicherbare Wasservolumen berechnete. In Abwandlung des Napoleon-Zitats „Kleide mich langsam, ich bin in Eile“ lernte das Publikum von Physiker Dr. Konrad Breitsprecher, dass auch Superkondensatoren als Speicher elektrischer Energie langsam geladen werden sollten. Der Wirtschaftswissenschaftler Christian Mahringer erklärte am Beispiel der fast vereitelten Post-it-Entwicklung durch Art Frey wie entscheidend unternehmerische Initiativen für die Wandlungsfähigkeit von Unternehmen sind.
Dr. Bettina Nestl erläuterte, warum die Synthese von Stickstoff-beinhaltenden chemischen Verbindungen immer mehr an Bedeutung gewinnt. „Diese Verbindungen werden unter anderem für die Synthese von Sildenafil, besser bekannt als Viagra, eingesetzt. Es ermöglicht nicht nur ein erfülltes Sexualleben, sondern trägt auch zum Artenschutz bei, weil viele natürliche Potenzmittel von bedrohten Tierarten stammen“. Die Juniorgruppenleiterin am Institut für Biochemie und Technische Biochemie entwickelte mit ihrem Team ein neues Verfahren, um den Ausgangstoff für viele Wirk- und Arzneistoffe wie zum Beispiel Viagra herzustellen.
Überraschende Einblicke
Es waren interessante Vorträge aus allen Fakultäten, manche davon recht überraschend, zum Beispiel die Verquickung von Literatur und Mathematik im Beitrag von Nina Engelhardt aus der Fakultät 9, so der Preisträger Daniel Förster. Der studierte Mathematiker und Physiker wird demnächst seine Promotion am Institut für Strahlwerkzeuge abschließen, hat aber inzwischen zusammen mit einem Kollegen ein Start-up zum Laserabtrag von Materialien gegründet. Die Ausgründung fußt unter anderem auf Erkenntnissen aus dem nun gewürdigten Forschungsaufsatz.
Für Doris Lindner, die an der preisgekrönten Publikation der Fakultät 1 mitgewirkt hat, ist der Preis „eine schöne Auszeichnung und i-Tüpfelchen zur Publikation, die an sich schon wahnsinnig toll war“. Die Publikation fasse drei intensive Jahre zusammen, in denen ein interdisziplinäres Team seinen Elfenbeinturm verlassen habe, um transdisziplinär mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zu forschen. Dabei wurde die Stadt Stuttgart zu einem riesigen Experimentierfeld für nachhaltige Mobilität gemacht.
PRIMA!-Preis für herausragende Wissenschaftlerinnen
Neben den Publikationspreisen der Universität verlieh die Gleichstellungsbeauftragte, Prof. Nicole Radde, den PRIMA!-Preis 2019 für herausragende Abschlussarbeiten von Absolventinnen der Universität. Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert und wird rotierend jedes Jahr in einer anderen Fakultät vergeben. Er wurde vor sechs Jahren ins Leben gerufen. Anlass war das 100-jährige Jubiläum des ersten Diplomabschlusses einer Frau an der Technischen Hochschule Stuttgart, der Chemikerin Nora Kräutle. In diesem Jahr ging der Preis an die Luft- und Raumfahrt-Absolventin Anna Schwarz in Fakultät 6 für ihre Masterarbeit „A neural Network-based Shock Indicator for High Order Methods“.
Im Anschluss an die Preisverleihung stellte Prorektor Knippers das neue Förderprogramm „Terra incognita“ der Universität für interdisziplinäre Pionierforschung in noch unerschlossenen Forschungsfeldern vor. Die ersten sechs Projekte, die über das Programm gefördert werden, sind bereits angelaufen. Knippers präsentierte außerdem das Exzellenzcluster „Integrated Computational Design and Construction for Architecture“ (IntCDC), das letztes Jahr gestartet ist.