Höchstleistungen in Studium, Wissenschaft und Beruf sind nur in einem Arbeitsumfeld möglich, in dem sich alle wohlfühlen. Grenzüberschreitungen wie sexuelle Belästigung, sexualisierte Diskriminierung und andere Gewalt stehen dem entgegen. Die Universität Stuttgart nimmt daher ihre Verantwortung wahr, eine von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung geprägte Umgebung zu schaffen, und duldet im universitären Umfeld kein Verhalten, das die Würde und Integrität Anderer verletzt oder sie in ihren Rechten und Freiheiten einschränkt.
Daher beteiligt sich die Universität Stuttgart ab März und im Sommersemester 2021 an der Informationskampagne „Zieh einen Schlussstrich“, in deren Rahmen über verschiedene Aspekte und Lösungsmöglichkeiten dieser Problematik informiert wird.
Was ist sexuelle Belästigung?
Kurz gefasst, ist sexuelle Belästigung ein verbales, nonverbales oder körperliches, sexuell bestimmtes oder sexualisiertes Verhalten im Studium oder am Arbeitsplatz, das als beleidigend, abwertend oder demütigend erlebt wird und unerwünscht ist. Dazu zählen sexistische Witze, anzügliche herabwürdigende Bemerkungen und Handlungen, Zurschaustellung und Verbreitung von pornografischem Material, unerwünschter körperlicher Kontakt oder das Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses.
Es kommt dabei maßgeblich auf die Perspektive der angesprochenen Person an. Was der oder die eine noch lustig findet, wirkt auf andere Menschen doch belästigend.
Überwiegend sind von Belästigungen Frauen betroffen, wobei meist auch ein existierendes oder gefühltes Machtgefälle oder eine Konkurrenzsituation eine Rolle spielt, während Männer eher auf derselben Hierarchieebene oder von Dritten Belästigungen erfahren. Transmenschen und andere LGBTQ+ können besonders gefährdet sein und benötigen in dem Fall auch besondere Unterstützung.
Wichtig zu wissen
- Es geht nicht darum, „das Flirten zu verbieten“. Wichtig ist aber, zu verstehen, wann ein Verhalten in Wirklichkeit kein Flirt, sondern sexuelle Belästigung ist. Ein Flirt ist von beiden Seiten erwünscht und freiwillig, alles findet „auf Augenhöhe“ statt, und ein „Nein“ wird jederzeit respektiert. Bei sexueller Belästigung jedoch überschreitet jemand aktiv Grenzen des Gegenübers, es ist ein unerwünschtes und diskriminierendes Verhalten, bei dem Macht ausgeübt wird. Der entscheidende Punkt ist hierbei nicht die Absicht der handelnden Person, sondern dass die Annäherung aus der Perspektive einer sich belästigt fühlenden Person nicht erwünscht ist.
- Die Kommunikation der eigenen Grenzen ist wichtig, jedoch ist dies für Betroffene aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen oder zunächst ambivalent scheinenden Situationen meist schwierig. Wenn Betroffene eine belastende Situation „weglächeln“, darf dies jedoch nicht mit Zustimmung verwechselt werden.
- Es geht nicht darum, dass man „gar nichts mehr sagen darf“. Wer aber die Problematik verstanden hat, wird sich nicht an einer Kultur sexualisierter Kommentare oder Witzchen beteiligen, in der Grenzüberschreitungen normalisiert und verharmlost werden, sondern stattdessen respektvoll agieren und einen Beitrag zu einer für alle positiven Lern- und Arbeitsatmosphäre leisten.
- Klar ist auch, dass „nicht alle Männer“ Belästiger sind, außerdem gibt es auch Frauen, die Männer belästigen, und andere Konstellationen zwischen Männern, Frauen und z.B. nichtbinären Menschen. Eine Abwehrhaltung, dass man „damit“ nicht identifiziert werden will, ist zwar menschlich, löst aber nicht das Problem. Es gilt daher, hinzuschauen und Betroffene zu unterstützen.
Ansprechpersonen und Unterstützungsangebote
Probleme dieser Art sind seit langem bekannt, und auch unsere Universität ist als Teil der Gesellschaft leider nicht frei davon. Daher haben wir bereits vor Jahren auf Basis gesetzlicher Grundlagen (GG, AGG, LHG etc.) Ansprechpersonen benannt, an die sich Betroffene in Fällen sexueller Belästigung wenden können. Derzeit sind dies Christine dos Santos Costa und Dr. Klaus Dirnberger. Sie führen bei Bedarf vertrauliche Gespräche mit Betroffenen, auf Wunsch auch anonym, sie beraten und vermitteln, und nur in Absprache mit den Betroffenen werden Vorfälle an die zuständigen Dezernatsleitungen weitergeleitet. Eine Darstellung möglicher Beschwerdewege, Leitfäden für Führungskräfte, Personen im Umfeld und Betroffene sowie weitere Informationen finden Sie auf der Webseite „Universität ohne Diskriminierung“.
Helfen Sie mit!
Mit der aktuellen LHG-Novelle stehen nunmehr alle Hochschulmitglieder in der Verantwortung, Strukturen für einen adäquaten Umgang mit Fällen von sexueller Belästigung zu schaffen. Die Ansprechpersonen haben künftig eine Berichtspflicht gegenüber dem Senat, und es wird ein Gremium zur Behandlung von Fällen eingerichtet. Zur Beratung der Ansprechpersonen bei schwierigen Sachverhalten hat außerdem das Wissenschaftsministerium eine spezialisierte Vertrauensanwältin berufen.
Es ist sehr wichtig, ein für alle von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung geprägtes Lern- und Arbeitsumfeld zu schaffen. Bitte informieren Sie sich und handeln Sie bei inakzeptablem Verhalten. Bitte unterstützen Sie insbesondere als Führungskräfte Betroffene und Beobachtende.