Campusführer Stuttgart-Mitte
Objekt X:
Ehem. Gastdozenten-Haus
Das in der Relenbergstraße 57 stehende Gebäude ist das ehemalige Gastdozenten-Haus der Universität Stuttgart. Es kann auch von der Azenbergstraße und der Seestraße erreicht werden. Als Bauherr wurde ein eigener Verein gegründet, der Verein Gastdozenten-Haus der Technischen Universität Stuttgart e.V.
Abb. 1
Der Entwurf des Gastdozenten-Hauses stammt aus dem Architekturbüro Freie Architekten Lutz und Wick, die ihren Sitz in Stuttgart hatten. Dieses Büro wurde 1963 von zwei Assistenten gegründet, die vor ihrer Bürogründung an der Universität Stuttgart unter Professor Gutbier, dem ehemaligen Rektor der früheren Technischen Hochschule Stuttgart, gearbeitet hatten. Diese Bürogemeinschaft gibt es heute in dieser Form nicht mehr. Die beiden Partner haben sich getrennt und jeweils eigene Büros eröffnet.
Als Bauvorhaben war der Neubau eines Gastdozenten-Hauses mit Hauswart- und Dienstwohnungen für die damalige Technische Hochschule Stuttgart geplant. Die Bauarbeiten an diesem Vorhaben dauerten von 1973 bis 1976.
Abb. 2
Bei dem Gebäude handelt es sich um einen 18-geschossigen Hochbau mit einer Gesamthöhe von fast 50 Metern.
Abb. 3
Die unregelmäßige Grundform macht das Gebäude interessant und untergliedert es. Sie nimmt ihm ein wenig von der Monumentalität. Der eingeschossige Anbau dient als Hausmeistergebäude, bei dem das Dach als Terrasse genutzt werden kann.
Abb. 4
Da das Gastdozenten-Haus hauptsächlich aus Stahlbeton gebaut wurde und dazu noch in der Schottenbauweise, bei der die Wände als Tragelemente dienen, war eine freiere Fassadengestaltung möglich.
Die Außenwände wurden als Sichtbetonwände ausgebildet. Die Kombination mit den Alu-Verbundfenstern ist gelungen.
Innen wurden die Wände gespachtelt und anschließend tapeziert. Die sanitären Einrichtungen sind eine Ausnahme; hier wurden die Wände aus praktischen und hygienischen Gründen gefliest.
Die Treppen im Inneren des Gebäudes sind alle aus Massivplatten hergestellt und später mit einem Kunststeinbelag versehen worden.
Massive Betonbrüstungen, die bis zu 15 cm Dicke aufweisen, sind beim Bau der Balkone eingesetzt worden. Gerade diese Dicke der Brüstung unterstützt die massive Wirkung des Gebäudes. Heute würde man hier eine "leichtere" Konstruktion als Brüstung verwenden, vor allem auch wegen des Lichteinfalls innerhalb der Wohnungen. Durch die Betonbrüstung kann kein Licht fallen.
Abb. 5
Der Grundriss lässt erkennen, dass auf einem Normalgeschoss drei Wohnungseinheiten unterkommen. Meistens sind es Kombinationen aus zwei 2-Zimmer-Apartments und einem 4-Zimmer-Apartment die eine ungefähre Grundfläche von 177 m2 haben. Insgesamt stehen im ehemaligen Gastdozenten-Haus 42 Gäste-Wohnungen und eine Dienstwohnung für den Hausmeister zur Verfügung. Das 15. Obergeschoss dient zum Großteil als Terrasse. Die gesamte Überbauung beträgt 773 m2. Die Wohn-und Nutzfläche dieses Gebäudes liegt bei 3.246 m2.
Besonders anzumerken wäre noch, dass für das ehemalige Gastdozenten-Haus kein Wettbewerb ausgeschrieben wurde, wie dies sonst bei Universitätsgebäuden üblich ist, sondern dass der Auftrag direkt an das Architekturbüro Freie Architekten Lutz und Wick vergeben wurde. Ihre vorherige Arbeit unter Professor Gutbier kann da von Nutzen gewesen sein.
Gebaut wurde das Gastdozenten-Haus, um dem Mangel an Unterkünften entgegenzuwirken. Insbesondere Dozenten aus dem Ausland, die vorübergehend an der Universität lehrten, sollten hier ihre Unterkunft haben- in der Nähe der Universität, aber doch nicht mitten im Trubel der Stadt. Meist waren Wissenschaftler aus Fernost, Osteuropa, Süd-oder Nordamerika zu Gast. Es konnten ca. 360 Gäste pro Jahr untergebracht werden. Die Aufenthalte waren alle von unterschiedlicher Dauer. Manche Gäste blieben nur für einen Monat, andere wiederum gleich für ein ganzes Jahr.
Der Verein Gastdozentenhaus der Universität Stuttgart e.V. ist der Betreiber des Gastdozenten-Hauses. Von diesem Verein wird auch die Studentische Kindertagestätte geführt. Diese hat heute ihre Räume im Erdgeschoss des Gastdozentenhauses, so dass sie auch den kleinen rückwärtigen Garten nutzen können.
Für den heutigen Betrachter wirkt das Gebäude etwas wuchtig und erdrückend, da im Betonbau inzwischen so große Fortschritte gemacht wurden, dass auch hier filigranere Erscheiungsformen möglich sind.
Wenn man jedoch bedenkt, dass dieses Gebäude in den 1970er Jahren erbaut wurde, und Bilder von damals anschaut, sieht man, dass das planende Architekturbüro doch den Nerv der Zeit getroffen hat. Selbst auf Innenaufnahmen des ehemaligen Gastdozenten-Hauses erkennt man sofort den Charme jener Zeit, in der es seine Blütezeit hatte.
Abb. 6
Quellenverzeichnis
Archivquellen:
Universitätsarchiv Stuttgart Stadtmitte
Diverse Planunterlagen
Archiv des Universtätsbauamtes in Vaihingen
Architekturbüro Wick und Partner
Webpages:
http://www.casino.uni-stuttgart.de/ (Zugriff 23.08.2010)
http://www.uni-stuttgart.de/archiv/
http://www.uni-stuttgart.de/studieren/service/zsb/vorstellung/index.html
Abbildungsnachweis:
Abb. 1 - Architekturbüro Wick & Partner
Abb. 2 - Architekturbüro Wick & Partner
Abb. 3 - Universitätsbauamt Vaihingen
Abb. 4 - Eigene Aufnahme
Abb. 5 - Architekturbüro Wick & Partner
Abb. 6 - Architekturbüro Wick & Partner
Autorin:
Catharina Kircheis (Studentin der Architektur)